Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Polizeikosten bei Hochrisikospielen im Profifußball will der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Vereinen keine hohen Kosten aufbürden.
Söder sagte am Rande der CSU-Fraktionsklausur im oberfränkischen Kloster Banz, es gebe "sehr viele Fußballvereine", vor allem in der 2. und 3. Liga, die sich "sehr schwertun" würden, wenn sie zahlen müssten. "Wir sind da sehr zurückhaltend", betonte der Ministerpräsident. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) werde die Vereine zu einem Gespräch einladen. "Aber wir werden da keinen Zwang machen."
Herrmann will mit Vereinen sprechen
Innenminister Herrmann reagierte abwartend auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Er sagte, die Entscheidung aus Karlsruhe werde nun genau analysiert und erst dann über Konsequenzen entschieden.
"Wir werden die bayerischen Vereine der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga zu einem Gespräch über die Konsequenzen des Urteils einladen", betonte der Minister. Laut Herrmann plädieren einige Länder für ein bundeseinheitliches Verfahren, auch das müsse in Erwägung gezogen werden.
DFL nennt Urteil enttäuschend
2015 hatte das Land Bremen nach dem Derby zwischen Werder und dem Hamburger SV der Deutschen Fußball Liga (DFL) erstmals eine Rechnung (425.000 Euro) für einen Polizeieinsatz gestellt. Die DFL wehrte sich dagegen, unterlag aber in mehreren Instanzen und nun auch vor dem Bundesverfassungsgericht.
DFL-Anwalt Bernd Hoefer nannte das Urteil "enttäuschend". "Aber das haben wir zu akzeptieren. Wie die weiteren Folgen aussehen werden, müssen die nächsten Wochen und Monate zeigen. Darüber will ich jetzt nicht spekulieren."
Polizeigewerkschaft: DFL kann Einsatzkräfte nicht geschenkt bekommen
Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) beurteilte das Urteil positiv: "Es kann nicht sein, dass jeder Bürger für kleinste Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung mit teilweise drastischen Gebühren zur Kasse gebeten wird, aber die milliardenschwere DFL die Arbeit zigtausender Polizeikräfte geschenkt bekommt", so der stellvertretende DPolG-Bundesvorsitzende, Heiko Teggatz. Eine angemessene Beteiligung an den Kosten über eine Gebühr sei deshalb richtig und notwendig.
Vereine befürchten gewaltige Mehrkosten
Werder Bremen fürchtet nach dem Urteil einen Wettbewerbsnachteil und hat die Bundesliga zur Solidarität aufgerufen. "Wir müssen nun im Ligaverband Diskussionen führen. Werder darf nicht alleine die Zechen zahlen. Das wäre eine Benachteiligung für uns", sagte Tarek Brauer, Geschäftsführer Organisation und Personal bei Werder: "Die DFL ist mindestens Co-Veranstalter, und auch die Gästefans tragen zu einem Hochrisikospiel bei. Wir wünschen uns die Solidargemeinschaft der Liga und eine faire Verteilung der Kosten."
Auch der Zweitligist Jahn Regensburg befürchtet erhebliche Mehrkosten. Eine Gebühr von Veranstaltern für den zusätzlichen Einsatz von Polizeikräften hätte einen erheblichen Einfluss auf die Kostensituation von Profifußballclubs und allen anderen tangierten Veranstaltern, sagte ein Sprecher dem Bayerischen Rundfunk.
Scharfe Kritik von Fan-Organisationen
Kritik kam zudem von Fan-Organisationen: Das Urteil sei "ein Freifahrtschein für einen immer aggressiver und martialischer auftretenden Polizeiapparat", so Linda Röttig, Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen.
Das Fanbündnis "Unsere Kurve" nahm die Entscheidung "fassungslos zur Kenntnis". Es sei zu befürchten, dass damit der staatlichen Ordnung Deutschlands langfristig schwerer Schaden zugefügt worden sei. "Nach Auffassung von 'Unsere Kurve' und im Einklang mit den Ansichten unzähliger Fachleute ist die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit und Ordnung eine Kernaufgabe des Staates."
Mit Informationen von dpa und SID
BR24live: Reaktionen auf die Entscheidung zu den Polizeikosten
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