Symbolbild: Ausgelaufenes Öl fließt über eine Straße in einen Gully.
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Symbolbild: Ausgelaufenes Öl fließt über eine Straße in einen Gully.

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Darum gibt es bei Hochwasser immer noch Probleme mit Öltanks

Ein großes Problem nach dem Juni-Hochwasser sind Öltanks. Sie verschmutzen Häuser und teils die Umwelt. Allein der Landkreis Pfaffenhofen meldet Hunderte solcher Fälle. Dabei fordert ein Gesetz eigentlich die Hochwasser-Sicherheit von Öltanks ein.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

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Diesen Geruch vergisst keiner, der Anfang Juni im Hochwasser-Katastrophengebiet unterwegs war. Auch die Farbe Rosa bleibt in Erinnerung. Rosa schimmerten die Gärten der besonders betroffenen Häuser – zum Beispiel in Reichertshofen. Auch der Sportplatz in Manching hatte diese Farbe. Warum? Rosa ist die Farbe von Heizöl.

Rosafarbene Flächen signalisieren eine Ölverschmutzung, die nur Fachleute der Feuerwehr beseitigen können. Die Entsorgung in speziellen Unternehmen wie etwa der Raffinerie Bayernoil in Neustadt an der Donau ist aufwändig und teuer. Allein für den Kreis Pfaffenhofen erwartet Landrat Albert Gürtner Kosten "im hohen sechsstelligen Bereich", nur für die Beseitigung des Öl-Wasser-Gemisches durch Bayernoil.

Warum sind solche Ölschäden noch immer möglich?

Viele Menschen fragen sich, warum es immer noch zu solchen Ölschäden kommen kann. Einer von ihnen ist BR24-User "andi71": "Nahezu überall, wo mit Treib- und Brennstoff auf Erdölbasis hantiert wird, gibt es unzählige Sicherheitsvorschriften, damit möglichst kein Tropfen in die Umwelt gelangt. Aber ausgerechnet bei Hochwasser gibt es offenbar keine strengen Regularien, die Tanks am Aufschwimmen und/oder Auslaufen zu hindern. Bei mobilen Tanklagern bereits deutlich unter 1.000 Liter sind schon Auffangwannen oder doppelwandige Tanks Pflicht."

Auch für Öltanks in Privathäusern gibt es seit Langem gesetzliche Regelungen. Sie gelten bundesweit. Warum gibt es dennoch Öltanks, die Hochwasser nicht standhalten?

Noch keine abschließenden Zahlen im Kreis Pfaffenhofen

Diese Frage beschäftigt auch den Landkreis Pfaffenhofen. Aktuell werden dort im Landratsamt noch die Daten und Fakten zusammengetragen. Noch hat Landrat Gürtner für seinen Kreis keine abschließenden Zahlen. Weder zur Schadenshöhe, noch zur Umweltbelastung. Auch die Zahl der überschwemmten Keller und die der Problem-Öltanks steht noch nicht exakt fest. Die Einsatztagebücher der Katastrophenzeit liegen derzeit im Landratsamt in Pfaffenhofen, sind aber noch nicht endgültig ausgewertet.

Die Behörde hat aber schon einen groben Überblick: Im Kreis Pfaffenhofen wurden rund 250 Keller mit Öltanks überschwemmt. Rund 200 davon hatten Ölschäden, also einen Austritt von Öl aus dem Tank. Außerdem steht fest, dass rund 100 dieser Keller in einem ausgewiesenen Überschwemmungsgebiet liegen, das heißt in Gebieten, die im "UmweltAtlas Bayern" als Flächen kartiert sind, die offiziell als Risikogebiet für Überschwemmungen gelten.

Unterschied zwischen Überschwemmungs- und HQ100-Gebiet

Der Begriff "Überschwemmungsgebiet" wirkt nur auf den ersten Blick eindeutig. Welche Flächen darunterfallen, legt laut dem Bundeswasserhaltsgesetz (§ 76 WHG) jedes einzelne Bundesland selbst fest. Im Freistaat lässt sich das im "UmweltAtlas Bayern" (externer Link) nachlesen.

"UmweltAtlas Bayern" weist Risikogebiete aus

Im "UmweltAtlas Bayern" findet sich auch der Landkreis Pfaffenhofen, auch die jüngst besonders betroffenen Kommunen Reichertshofen und Manching. Einige Ortsteile sind kartiert als Überschwemmungsgebiete, also als Gebiete mit potenziell signifikantem Hochwasserrisiko nach § 73 Abs. 1 WHG. Noch einmal gesondert kartiert sind die Gebiete, in denen ein 100-jährliches Hochwasserereignis (HQ100) zu erwarten ist. Die Unterscheidung ist zwischen Überschwemmungsgebiet und HQ100-Gebiet ist wichtig. Denn daraus leiten sich unterschiedliche Pflichten für die Hauseigentümer ab.

Gesetz verpflichtet zu hochwassersicheren Öltanks

Was Hauseigentümer in Überschwemmungsgebieten und in weiteren Risikogebieten wie HQ100-Gebieten dürfen und welche Pflichten sie haben, regelt bundeseinheitlich das Wasserhaushaltsgesetz in § 78 c. Danach ist der Einbau von neuen Öltanks in Überschwemmungsgebieten komplett verboten. Seit Januar 2023 nimmt der Paragraph auch Hauseigentümer mit alten Öltanks in die Pflicht. Sie müssen ihre Öltanks hochwassersicher machen lassen. Bis zu 50.000 Euro Bußgeld kann das zuständige Landratsamt verhängen, wenn jemand dieser Sicherungspflicht nicht nachkommt.

Aktuell gilt diese Pflicht nur für Eigentümer in Überschwemmungsgebieten. Ab Januar 2033 gilt diese Sicherungspflicht auf für Hauseigentümer in HQ100-Gebieten, also in solchen Flächen, die bislang rein rechnerisch nur alle hundert Jahre mit Hochwasser im Keller rechnen mussten.

Warum gibt es trotzdem so viele Havarien?

Für BR24-User "Karl_Willi" stellt sich deshalb die Frage, "warum es trotz des spätestens seit 2023 gesetzlich verpflichtendem Schutzes von Öltanks in Hochwassergebieten zu so vielen Havarien gekommen ist… Hier ist gründliche Ursachenforschung angesagt."

Die User-Frage hat der BR dem Landrat im Kreis Pfaffenhofen gestellt. Albert Gürtner verweist darauf, dass das Juni-Hochwasser viele Hauseigentümer erwischt hat, die nach dem Gesetz noch gar nicht verpflichtet waren, ihre Öltanks hochwassersicher zu machen. Seine Antwort: "Diese Pflicht gilt für Öltanks, die in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet liegen. Im Landkreis Pfaffenhofen hatten wir ja nicht nur ein Jahrhunderthochwasser, sondern ein HQ extrem. Das heißt: Wir gehen davon aus, dass die doppelte Menge von einem hundertjährigen Hochwasser durch den Landkreis Pfaffenhofen an der Paar geflossen ist. Und da sind Gebiete betroffen worden, auch mit überschwemmten Kellern und mit Ölaustritt, die von dieser gesetzlichen Regelung noch gar nicht betroffen sind, weil diese Bereiche erst ab 2033 gesichert werden müssen."

Aktuell noch keine Bußgelder nach Ölschäden

Aktuell befasst sich der Landrat nicht mit der Frage, ob seine Behörde einzelne Hauseigentümer, deren Öltanks Schäden verursacht haben, mit einem Bußgeld belegen wird: "Wir haben eben noch keine Datenbasis, wie viele Häuser wirklich jetzt konkret von diesem Spezialfall betroffen sind." Aktuell habe das Landratsamt Pfaffenhofen "keine Kenntnis von konkreten Verstößen. Daher besteht derzeit keine Veranlassung, etwaige Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten. Sollten wir im Nachgang Kenntnis von Verstößen nehmen, ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden."

Landesamt für Umwelt: Kein Verzeichnis aller Öltanks in Bayern

Die Datenbasis ist dünn. Es gibt keine Erfassung, wie viele Wohnhäuser in bayerischen Überschwemmungsgebieten Öltanks im Keller haben und ob diese hochwassersicher sind. Das Bayerische Landesamt für Umwelt unterscheidet bei Öltanks von Heizölverbraucheranlagen (HVA) nach Tankvolumen. Danach sind oberirdische Öltanks, die weniger als einen Kubikmeter, also weniger als 1.000 Liter Öl aufnehmen können, nicht prüfpflichtig. Diese kleineren Öltanks "tauchen in den Katastern der Kreisverwaltungsbehörden (KVB) i.d.R. nicht auf". Die größeren Tanks hingegen, wie sie sich in gewerblichen Betrieben oder anderen Unternehmen finden, "unterliegen den Anforderungen der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV)". Die einzelnen Kreisverwaltungsbehörden haben in der Regel ein Anlagenkataster über die prüfpflichtigen Anlagen in ihrem Landkreis. Ein Register, "das alle Heizölverbraucheranlagen in Bayern erfasst, existiert nach unserem Kenntnisstand nicht", schreibt das Bayerische Landesamt für Umwelt auf Nachfrage.

Auch im Landratsamt Pfaffenhofen gibt es kein Kataster aller Öltanks im Kreis. Die Behörde in Pfaffenhofen verweist diesbezüglich auf den Datenschutz. Auch die Sachverständigenorganisationen wie TÜV oder Dekra haben keinen Überblick. Sie überprüfen die Anforderungen der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV), wenn sie von den Hauseigentümern beauftragt werden.

Landratsamt: Sicherungspflicht ist "Eigenverantwortung der Bürger"

Die Pflicht, die eigenen Öltanks hochwassersicher zu machen, trifft die Hauseigentümer. Sie müssen sich eigenständig informieren, auch darüber, ob ihre Immobilie im "UmweltAtlas Bayern" als Risikogebiet kartiert ist. Da das Landratsamt keinen Überblick hat, wo sich Öltanks befinden, kann die Behörde auch die Hauseigentümer nicht über ihre Sicherungspflichten informieren. Die Behörde setzt hier auf die Eigenverantwortung der Bürger: "Wie in vielen anderen Bereichen auch, ist man auf die Compliance der Bevölkerung angewiesen. Zudem wurden die Kaminkehrer sowie die Heizungsbauer über ihre Verbände informiert. Diese kennen die Gegebenheiten vor Ort und beraten betroffene Bürgerinnen und Bürger."

Schornsteinfeger fordern seit Langem Zuständigkeit für Öltanks

Dieser Darstellung widerspricht der Landesverband im Bayerischen Kaminkehrerhandwerk. Landesinnungsmeister Heinz Nether betont, dass "die Schornsteinfeger nicht für die Öltanks zuständig sind und deshalb dazu auch nicht beraten oder deren Zustand überprüfen". Der Landesinnungsmeister bedauert das nachdrücklich: "Der Landesverband hat diese Zuständigkeit in den vergangenen zehn Jahren schon wiederholt beim bayerischen Innenministerium angemahnt."

Nach Nethers Auffassung wären die Schornsteinfeger die richtigen Ansprechpartner für das Thema, denn sie führen sämtliche "Ölheizungen in den Kehrbüchern. Folglich wissen wir auch genau, in welchem Haus ein Öltank ist. Nur zuständig sind wir leider nicht dafür." Nether weist auch darauf hin, dass sich über die Schornsteinfeger zeitnah ein landesweiter Überblick über alle Öltanks herstellen ließe. Mit Blick auf den Datenschutz müsste die entsprechende Anweisung dafür vom Innenministerium kommen: "Für das hochwassergeplagte Passau hat unser Verband diese Anweisung erhalten und entsprechend schon vor Jahren die Daten über die Öltanks an die Kommune weitergegeben. Für den Landkreis Pfaffenhofen gibt es so eine Anweisung bislang noch nicht."

Keine Zuschüsse für Hochwasser-Sicherung von Öltanks

Einen Öltank hochwassersicher zu machen, kostet einige tausend Euro. Je nach Aufwand und Zustand von Tank und Keller fallen zwischen 2.000 und 8.000 Euro an, weiß David Patzke. Er ist Geschäftsführer der Firma Hochwasserschutz-Profis, die bundesweit Unternehmen und Hauseigentümer zum Thema Hochwassersicherheit berät, darunter auch im Ahrtal, aber auch in Bayern. Zuschüsse für diese Sicherungsmaßnahmen gibt es nicht. Das erklärt das Landratsamt Pfaffenhofen. Aktuell beschäftigt sich die Behörde mit über tausend Anträgen auf Soforthilfe nach den Hochwasserschäden. Die Hälfte davon betrifft Schäden durch ausgelaufene Öltanks.

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