Schon vor dem Betreten der Musterwohnung in Roth erleichtern zwei technische Hilfsmittel den Zugang: Mit einem Treppenlift kann man sich bequem die Stufen zur Eingangstüre hinauffahren lassen. Oben angekommen, muss man nur den Knopf an einem Kästchen drücken, schon öffnet sich die Haustüre ganz von selbst – und schließt sich auch wieder.
Menschen wollen lange daheim leben
2017 hat der Landkreis Roth die Musterwohnung eingerichtet und sie "TABEA" (Technik, Alltag, Barrierefreiheit, erleben, für alle) genannt. Allein in diesem Jahr haben sich schon etwa 650 Menschen von Wohnraum-Expertin Carmen Fuhrmann beraten lassen. "Die meisten Menschen möchten nicht in ein Pflegeheim. Die meisten wollen so lange wie möglich daheimbleiben. Und das zeigen wir auf, mit welchen Tricks und Unterstützungsmöglichkeiten das möglich ist", so Fuhrmann.
Sessel hilft beim Aufstehen
Der Rundgang beginnt im Wohnzimmer der Musterwohnung. Dieses ist demenzfreundlich gestaltet, alles steht an seinem Platz, verstaut in Einbauschränken, zum Beispiel der Handwerkskoffer oder der Wäschekorb. Ein Sessel, dessen Sitzfläche sich durch Knopfdruck mechanisch nach oben und unten fahren lässt, erleichtert das Aufstehen. Solche Sessel kosten mehrere hundert Euro. Es gebe aber auch die günstigere Variante eines Kissens mit einer ähnlichen Funktion, sagt Carmen Fuhrmann.
Toilette übernimmt die Intimpflege
Im Badezimmer sticht eine moderne Toilette ins Auge. Mit ihr können Senioren selbstständig den Intimbereich mithilfe eines Wasserstrahls reinigen, ohne dabei Hilfe von Verwandten oder einem Pflegedienst in Anspruch nehmen zu müssen, erklärt die Wohnraum-Expertin. Ein eingebauter Föhn trocknet die Intimzone anschließend. Für noch mehr Komfort sorgt eine ebenerdige Dusche oder ein Wasserhahn, der durch leichte Berührungen an- und ausgeht.
Aber auch mit weniger Geld und einfachen Hilfsmitteln lässt sich der Duschbereich nachrüsten. Ein Hocker erleichtert das Duschen, durch eine Beschichtung am Boden werden die Fliesen rutschfest. Mit einer Stange an der Wand können Seniorinnen und Senioren sicherer aufstehen.
Sensoren messen Hitze in der Küche
In der Küche sorgt eine nach oben und unten fahrbare Arbeitsfläche dafür, dass auch Rollstuhlfahrer sich selbst versorgen können. Über dem Herd hängt ein kleines, gelbes Kästchen: Darin überwachen eingebaute Sensoren die Temperatur und registrieren, wenn sich Rauch bildet. Würde ein Essen anbrennen oder zu heiß werden, schlägt es Alarm.
Ein seniorenfreundliches Radio mit großen Tasten lässt sich so programmieren, dass es täglich zur gleichen Zeit an die Tabletteneinnahme oder das Trinken erinnert. Im Schlafzimmer lässt sich mit einer nachgerüsteten Stange das Fenster bequem vom Bett oder vom Rollstuhl aus öffnen. Eine schwarze Matte am Boden schlägt bei Kontakt Alarm – etwa, wenn eine demente Person unbemerkt das Zimmer verlässt oder bei einem Sturz.
Kosten oft überschaubar
Oft brauche es keinen aufwändigen Umbau eines Hauses oder einer Wohnung, um auch im Alter in den eigenen vier Wänden zu leben, sagt Wohnberaterin Fuhrmann. Schon wenige Hilfsmittel könnten einen großen Unterschied machen. Eine Alarmfußmatte oder eine Teleskop-Stange zum Fensteröffnen gibt es schon für unter 100 Euro. Bei einem größeren Umbau, beispielsweise im Bad, geht es dagegen schnell in die Zehntausende.
Senioren haben oft noch Technik-Bedenken
Obwohl Künstliche Intelligenz (KI) schon mehr Möglichkeiten bietet, etwa mit Sprachsystemen ähnlich wie Alexa – viele ältere Menschen haben Berührungsängste, sagt der Vorsitzende des Stadtseniorenrats in Nürnberg, Christian Marguliés. Rund ein Drittel der Einwohner seien Senioren. Etwa die Hälfte, schätzt Marguliés, sei nicht in der Lage, technische Hilfsmittel zu bedienen. Vor allem jüngere Senioren seien der Technik gegenüber jedoch aufgeschlossen. "Aber es muss immer irgendwo menschlich sein, auch für die Zukunft. Und es muss aus dem Alltag, den so eine Person gehabt hat, heraus gedacht werden." Mit Robotern könnten ältere Menschen eher nichts anfangen.
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