Immerhin – eine gute Nachricht hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) noch: "Für die Familien ist wichtig, dass wir das große Kita-Qualitätsgesetz auf den Weg gebracht haben." Das Gesetz wurde noch vor dem Ampel-Aus beschlossen: Damit sollen die Länder in den nächsten beiden Jahren vier Milliarden Euro bekommen. So sollen Fachkräfte und Sprachförderung in Kitas gesichert werden. 2025 soll das Gesetz in Kraft treten, wie es vom Familienministerium heißt. Doch bei anderen familien- und frauenpolitischen Projekten ist die Zukunft ungewiss – ein Überblick.
Kindergelderhöhung für Januar 2025 wackelt
Die Ampel-Regierung hatte eine Kindergelderhöhung um fünf Euro ab Januar 2025 (255 Euro) sowie einen entsprechenden Anstieg des Kindersofortzuschlags für Kinder im Bürgergeld vorgesehen. Auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) drängt auf die Kindergelderhöhung.
Doch SPD und Grüne wissen: Nach dem Ampel-Aus haben sie keine Mehrheit mehr im Bundestag, um alleine Gesetze zu beschließen. Die Umsetzung hängt jetzt von der Zusammenarbeit der Union ab, so Paus.
Schutz für Frauen: Gewalthilfegesetz wird wohl nicht kommen
Ein weiteres zentrales Vorhaben ist das sogenannte Gewalthilfegesetz. Hintergrund sind die gestiegenen Zahlen häuslicher Gewalt – laut Bundeskriminalamt erlebt alle vier Minuten eine Frau in Deutschland Gewalt. Paus will einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für Opfer häuslicher Gewalt schaffen und die Bundesländer verpflichten, das Netz an Frauenhäusern und Beratungsstellen auszubauen. Laut Experten fehlen in Deutschland über 14.000 Frauenhausplätze.
Die Chancen dafür stehen jedoch Chancen schlecht: Zwar herrscht in der Politik Einigkeit darüber, dass Frauen vor Gewalt besser geschützt werden müssen.
Laut Entwurf, der dem BR vorliegt, wird sich der Bund ab 2027 über zehn Jahre mit über zwei Milliarden Euro an den Kosten beteiligen. Die FDP hatte die Finanzierung zuletzt aber kritisch gesehen. Nach dem Ampel-Aus komme es jetzt auf die Union im Bundestag an, so Paus. Es könnte somit erst von der nächsten Regierung abhängen, ob überhaupt ein Gewalthilfegesetz kommt.
Wohl keine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen
"Das Thema Schwangerschaftsabbruch hat im Strafgesetzbuch nichts zu suchen", davon ist Paus überzeugt. Es geht um den Abtreibungsparagrafen 218 und die Frage, ob er kurz vor der Bundestagswahl im Februar noch abgeschafft wird. Sie gibt zu, die Bundesregierung hatte "nicht die Kraft, einen eigenen Gesetzesentwurf vorzulegen."
Im Frühjahr noch hatte eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission Empfehlungen vorgelegt: unter anderem sollten Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten legalisiert, aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. Weil die Ampel keinen Entwurf vorgelegt hatte, versuchen es jetzt einige Abgeordnete selbst mit einem Gesetz. Doch bisher gibt es keine Mehrheit dafür. FDP und Union unterstützen den Entwurf nicht. "Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden wir uns mit aller Kraft dagegen wehren", erklärte unter anderem CSU-Politikerin Dorothee Bär.
Rückblick auf Ampel: Paus wirft Lindner Blockadehaltung vor
Der Blick nach vorn ist für Familienministerin Paus ungewiss – beim Rückblick auf die Ampel-Zeit aber wird sie klarer: Vor allem Ex-Finanzminister Christian Lindner von der FDP wirft sie eine Vollblockade-Haltung vor.
Monatelang haben beide öffentlich über die Kindergrundsicherung gestritten, die staatliche Leistungen wie Kindergeld oder Kinderzuschlag bündeln sollte. "Auch in der Familienpolitik muss ich leider feststellen, waren es Zeiten, wo die FDP verschleppt hat, blockiert hat, ignoriert hat." Paus sieht darin den Grund, warum die Familienstartzeit nicht geklappt hat, das Elterngeld gekürzt werden musste und "die Kindergrundsicherung eben nicht kommt."
Kindergrundsicherung für Grüne "Schmerzthema"
Die FDP weist Vorwürfe zurück und wirft Paus vor, ein handwerklich schlechtes Gesetz vorgelegt zu haben. Paus selbst bleibt wegen der Kindergrundsicherung in der Kritik, Verbände machen auch die Familienministerin mitverantwortlich für das Scheitern.
Aus ihrer eigenen Partei gibt es ebenso Unmut, wie auf dem Grünen-Parteitag am Wochenende deutlich wurde. Eine Kreisvorsitzende meinte: "Die Kindergrundsicherung, das ist so ein Schmerzthema." Sie habe damals gedacht: "Ich müsste jetzt austreten, weil wir uns da nicht ehrlich machen. Wir reden von sozialer Gerechtigkeit, reden aber nicht darüber, wer die Zeche zahlt." Viele hätten die Hoffnung in die Grünen beim Thema soziale Gerechtigkeit verloren.
Angesprochen auf die Kritik, verteidigt sich Paus im BR24-Interview, sie habe sich "intensiv darum bemüht". Auf die Nachfrage, ob keine Selbstkritik dabei sei, entgegnet die Ministerin: "Welchen Fehler hätten Sie gern?" Nach drei Ampel-Jahren wirkt Paus dünnhäutig. Sie betont: Sie habe gekämpft, es sei nicht einfach gewesen, Gehör zu finden.
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