Nach dem Anschlag am Donnerstag in München haben auf dem Königsplatz, nur einige hundert Meter vom Tatort entfernt, sowohl Sympathisanten der AfD als auch deren Gegner am Vormittag demonstriert. Laut Polizei versammelten sich bei der AfD-Mahnwache etwa 70 Personen, bei der Gegendemonstration zählte die Polizei 600 Menschen. Aus der Gegendemonstration habe sich eine Gruppe von rund 350 Personen gelöst und sei zur Absperrung der Mahnwache gegangen. Dort kam es zu Polizeimaßnahmen.
Menschenkette gegen AfD-Politiker Protschka
Die Polizei war mit zahlreichen Beamten vor Ort und hielt die Kundgebungen auf Abstand. Die AfD-Anhänger hielten Plakate mit der Aufschrift "Es reicht" in die Höhe und legten rosafarbene Rosen ab. Die Gegendemonstranten riefen: "Halt's Maul" und "Nazis raus". Unter den Gegendemonstranten befanden sich unter anderem Mitglieder von Gewerkschaften, der Grünen und der "Omas gegen Rechts". Teilnehmer sagten, man solle das Attentat nicht instrumentalisieren.
Funktionäre der AfD wollten nach Abschluss ihrer Mahnwache am Königsplatz Blumen und Kerzen am Tatort ablegen – unter ihnen auch der bayerische AfD-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka. Etwa 50 Personen aus der Gruppe der Gegendemonstranten bildeten daraufhin eine Menschenkette und hielten Teilnehmer der AfD-Veranstaltung davon ab, Blumen an dem provisorischen Gedenkort in der Nähe des Tatorts niederzulegen.
Nach langwierigen Verhandlungen mit der Polizei legten die AfD-Funktionäre ihr Blumen ein Stück vom Anschlagsort entfernt ab. Währenddessen wurden sie von der Polizei geschützt. Im Anschluss verließ die AfD-Delegation den Anschlagsort. Der Vorsitzende der bayerischen AfD, Stephan Protschka, kündigte eine Landtags-Anfrage der Partei zum Polizeieinsatz an.
Am Rande der Kundgebungen gerieten Demonstranten und Einsatzkräfte aneinander. Laut Polizei wurden bei acht Personen "kurzfristige freiheitsentziehende Maßnahmen" angewandt. Hintergrund waren demnach laut Darstellung der Beamten mehrere Verstöße gegen das Vermummungsverbot sowie eine versuchte gefährliche Körperverletzung gegen Polizisten. Auf Bildern ist zu sehen, dass Polizeibeamte offensichtlich bei mehreren Personen Zwang anwendeten, Beobachter berichteten dies ebenfalls.
Kleinkind und Mutter nach Anschlag gestorben
Am Donnerstag war ein 24-jähriger Afghane mit seinem Auto in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi gefahren. Ein zweijähriges Mädchen und seine 37 Jahre alte Mutter, eine Mitarbeiterin der Stadt München, wurden dabei so schwer verletzt, dass sie am Samstag im Krankenhaus starben. Mindestens 37 weitere Menschen erlitten Verletzungen, sechs von ihnen schwer. Wie die München Klinik am Sonntag mitteilte, ist ihr Zustand stabil. Gegen den Mann, der nach eigener Aussage islamistisch motiviert gehandelt hat, wurde Haftbefehl erlassen. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Familie der Getöteten bittet: Tod nicht nutzen, um Hass zu schüren
Die Familie der beiden Getöteten bittet in einem Statement auf der Website der Stadt München (externer Link), dass die Tat nicht dazu genutzt werden solle, "um Hass zu schüren". Zunächst hatte die Süddeutschen Zeitung darüber berichtet.
Die Hinterbliebenen bedankten sich bei Polizei, Einsatzkräften, Kriseninterventionsteams, Pflegekräften und Ärztinnen "für die gute Unterstützung, Begleitung und für den emotionalen Beistand". Außerdem wollten die Hinterbliebenen die Vornamen der beiden Toten veröffentlichen: Die Mutter hieß Amel, die Tochter hieß Hafsa. Laut der Familie wurde die Frau in Algerien geboren und kam mit vier Jahren nach Deutschland. Die Umweltschutz-Ingenieurin war bei der Stadt München als Sachgebietsleiterin bei der Stadtentwässerung beschäftigt.
Der Tod von Mutter und Kind dürfe nicht politisch instrumentalisiert werden. "Amel war ein Mensch, der sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat. War aktiv für Solidarität, Gleichheit und setzte sich für Arbeitnehmer*innenrechte ein und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Ihr war es sehr wichtig, ihrer Tochter diese Werte mitzugeben", heißt es in dem Statement.
Mindestens 20.000 Menschen bei Kundgebung in Berlin
In Berlin gingen am Sonntag Zehntausende Menschen aus Protest gegen die AfD und die "Normalisierung rechter Positionen" auf die Straße. Zu Beginn einer Kundgebung am Sonntagnachmittag im Zentrum der Hauptstadt schätzte die Polizei die Zahl der Teilnehmenden auf 20.000. Sie gehe von einer noch zunehmenden Beteiligung aus, da der Zustrom noch anhalte, sagte eine Polizeisprecherin der Nachrichtenagentur AFP.
Das Bündnis "Gemeinsam Hand in Hand" hatte zu der Veranstaltung eine Woche vor der Bundestagswahl aufgerufen. Es waren Auftritte etwa von den Musikern Herbert Grönemeyer und dem Schlagzeuger der Band Die Ärzte, Bela B, angekündigt.
Die Organisatoren kritisieren die "Normalisierung rechter Politiken und Diskurse" und das "Erstarken der extremen Rechten in Deutschland und Europa". In Redebeiträgen auf der Kundgebung richteten sich erwartungsgemäßg gegen die AfD, jedoch häufig auch gegen die Union und ihren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU).
Im Video: Mutter und Kind nach Anschlag in München gestorben
Zwei Tage nach dem Anschlag in München sind ein zweijähriges Mädchen und seine 37-jährige Mutter an ihren schweren Verletzungen gestorben.
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