Nach dem Tod einer 37-jährigen Frau und ihrer zweijährigen Tochter zwei Tage nach dem Anschlag auf eine Gewerkschafts-Demonstration in München hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Abschiebung des mutmaßlichen Täters angekündigt. "Er wird nach dem Verbüßen seiner Strafe auch in das Land zurückgeführt, wo er herkommt", sagte der SPD-Politiker bei einer Wahlkampfveranstaltung in München. Wer eine derartige Tat begehe, könne sich "auf gar nichts mehr berufen". Der 24-jährige Afghane müsse für seine "unverzeihliche Tat" verurteilt werden.
Scholz in München: Deutschland "braucht seine Offenheit"
"Das ist schon ganz schlimm, was hier passiert ist", betonte Scholz, der vor dem Wahlkampftermin den Tatort in der Münchner Innenstadt besucht und eine weiße Rose abgelegt hatte. Das klare Verurteilen der Tat sei wichtig, "um solche Taten zu verhindern". "Wir werden uns mit solchen Taten niemals abfinden", sagte er. Deutschland ringe derzeit um seine Offenheit, klar sei aber auch, dass Land "braucht seine Offenheit". Es gelte nun, als Land ein Zeichen zu setzen, "dass wir uns nicht spalten lassen, sondern zusammenstehen".
Faeser setzt auf Kompromiss zwischen Union und SPD
Innenministerin Nancy Faeser signalisierte ihre Kompromissbereitschaft für Änderungen in der Migrationspolitik – allerdings ohne Zurückweisungen an der Grenze. "Ich halte einen Kompromiss zwischen Union und SPD in der Migrationspolitik für notwendig und möglich", sagte die SPD-Politikerin der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Auch die SPD wolle die irreguläre Migration noch stärker begrenzen. "Unsere Gesetzentwürfe zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems liegen auf dem Tisch." Natürlich sei die SPD auch hier auch zu sinnvollen Änderungen und Ergänzungen bereit.
Abschiebungen nach Afghanistan bleiben schwierig
Faeser warnte jedoch vor Zurückweisungen an den Grenzen, wie CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sie fordert. "Wenn wir diese europäische Zusammenarbeit aufs Spiel setzen, kommen mehr statt weniger Flüchtlinge nach Deutschland. Denn dann halten sich auch andere nicht mehr an ihre Verpflichtungen", so die SPD-Politikerin. Mit Blick auf Forderungen nach verstärkten Abschiebungen sagte Faeser, der Rechtsstaat müsse "maximale Härte zeigen". In der Umsetzung seien Abschiebungen nach Afghanistan allerdings schwierig, da dies eine Zusammenarbeit mit den dort herrschenden Taliban erfordere.
Söder für Gespräche mit Taliban
Genau das fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder – und zwar sofort. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müssten ab Montag direkt mit den Taliban über Abschiebeflüge reden, sagte der CSU-Chef der "Bild am Sonntag". "Es braucht jede Woche einen Flug."
Söder wies darauf hin, dass es allein in Bayern fast 2.000 ausreisepflichtige Afghanen gebe. Knapp 200 von ihnen seien schwere Straftäter. "Ausreisepflichtige Afghanen müssen unser Land rasch verlassen, und der Neuzugang über Visa-Vergaben muss auf absehbare Zeit gestoppt werden", forderte der CSU-Chef. "Erst Aschaffenburg, jetzt München: Es reicht. Deutschland braucht einen Afghanistan-Sofortplan."
Dobrindt: "Alle Hebel müssen genutzt werden"
Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hält Abschiebungen nach Afghanistan für unbedingt notwendig. "Alle Hebel müssen genutzt werden, um Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien durchzusetzen", sagte Dobrindt den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Dazu gehöre auch die Entwicklungshilfe, der Visa-Hebel und die wirtschaftliche Zusammenarbeit. "Das Sicherheitsinteresse unserer Gesellschaft muss oberste Prämisse sein und nicht der Schutz von Straftätern und Extremisten." Wer als Straftäter, Islamist oder Gefährder nicht abgeschoben werden könne, der müsse zudem in unbefristete Abschiebehaft genommen werden.
Mutter und ihre zweijährige Tochter erliegen ihren Verletzungen
Das bayerische Landeskriminalamt hatte am Samstag mitgeteilt, dass eine Mutter und ihre kleine Tochter an den schweren Verletzungen gestorben sind, die sie bei dem Anschlag erlitten hatten. Am Donnerstag waren bei der Fahrt des Afghanen mit seinem Auto in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi laut Polizei neben den beiden Todesopfern insgesamt 37 weitere Menschen verletzt worden. Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass die Tat einen islamistischen Hintergrund hat. Der Fahrer sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.
Familie der Getöteten verwahrt sich gegen Vereinnahmung
Die getötete Mutter war laut Informationen der Süddeutschen Zeitung (externer Link, möglicherweise Bezahlinhalt) im Alter von vier Jahren aus Algerien eingewandert und war bei der Stadt München als Umwelt-Ingenieurin angestellt. Die Familie der beiden Getöteten bittet laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung darum, dass die Tat nicht dazu genutzt werden solle, "um Hass zu schüren". "Amel war ein Mensch, der sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat. War aktiv für Solidarität, Gleichheit und setzte sich für Arbeitnehmer*innenrechte ein und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Ihr war es sehr wichtig, ihrer Tochter diese Werte mitzugeben", heißt es laut SZ-Bericht in einem Statement der Familie.
Im Audio: Mutter und ihr Kleinkind nach Anschlag in München gestorben
Gegenstände liegen am Tatort auf der Straße, darunter ein Kinderwagen
Mit Informationen von dpa und AFP
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