Im matschigen Feld liegt ein toter Hase.
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Ein Hase liegt tot im Feld.

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Ein Jahr Hagelunwetter: Tiere und Pflanzen noch angeschlagen

Ein Jahr Hagelunwetter: Tiere und Pflanzen noch angeschlagen

Die Folgen des Gewittersturms mit tennisballgroßen Hagelkörnern vor einem Jahr sind teils immer noch gravierend. Wie Jäger und Forstverwaltung im Raum Augsburg versuchen, die mitgenommene Natur zu unterstützen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Umgestürzte Bäume, erschlagene Vögel und Hasen, Rehe mit verformten Schädeln und vorquellenden Augen: Der heftige Gewittersturm mit teils tennisballgroßen Hagelkörnern hinterließ am 26. August 2023 im Raum Augsburg eine Schneise der Verwüstung. "Hier draußen hat einfach kein Tier Schutz gefunden vor diesem immensen Unwetter, den Riesen-Hagelkörnern, der Intensität, wie wir sie eigentlich noch nie gesehen haben", berichtete damals der Jäger Hermann Rettinger über sein gepachtetes Revier bei Königsbrunn im Landkreis Augsburg, dem BR. Er hatte zusammen mit Helfern tote Wildtiere auf den Feldern eingesammelt. Mehrere "Anhänger voll" sind dabei zusammengekommen, erinnert er sich heute.

Viele Vogelarten werden sich laut Rettinger erst nach Jahren erholen

Auch ein Jahr später habe sich viele Tierarten nicht erholt. Besonders betroffen seien dabei Vögel: Gerade für empfindliche Bodenbrüter wie Rebhühner werde es noch Jahre dauern, bis sich ihre Population erholt hat. Denn sie legten nur wenige Eier. Feldhasen hingegen können bis zu 20 Junge im Jahr bekommen, weshalb die Hasenpopulation bereits wieder gewachsen sei. Die Rehpopulation sei nie gefährdet gewesen, obwohl viele schwer verletzte Tiere nach dem Hagel laut Rettinger "erlöst werden" mussten. Trotzdem helfen die Jäger der Natur bei der Erholung: Rettinger finanziert und baut zusammen mit anderen Revierpächtern auf dem Lechfeld Wildacker und Blühstreifen an, die den Tieren Deckung, Schutz, Brutplätze und Nahrung bieten.

Auch Insekten sind betroffen

Nicolas Liebig vom Landschaftspflegeverband Augsburg hofft auf die Widerstandsfähigkeit der Natur. Mit "gemischten Gefühlen" blickt er auf die Insektenpopulation in der Königsbrunner Heide, einem Teil des Augsburger Stadtwaldes. "Die Folgen des Hagels sind noch bemerkbar, es gibt deutlich weniger Arten auf der Fläche", sagt Liebig. Betroffen seien in dem Naturschutzgebiet beispielsweise Tagfalter wie der seltene Schwalbenschwanz. Seit dem Sturm seien deutlich weniger der Insekten zu finden. Liebig betont, dass abgesehen von Wetterextremen wie dem Hagel vor einem Jahr auch die zunehmende Dürre den Pflanzen und Lebewesen auf der Heide zu schaffen mache.

Im Augsburger Stadtwald sind viele Bäume bereits abgestorben

Das bestätigt Eva Ritter von der Forstverwaltung der Stadt Augsburg. Seit 2018 hätten trockene Jahre insgesamt zur Schwächung von Bäumen geführt, sodass sich auch der Augsburger Stadtwald selbst nach einem Jahr nicht von dem Hagelunwetter erholt habe. "Man merkt, dass die Bäume eine Vorschädigung aus den vergangenen Jahren mitbringen", klagt Ritter. Viele Kiefern und Fichten seien bereits abgestorben, andere würden voraussichtlich in den kommenden Jahren sterben. Auch Waldbesucher könnten sehen, dass es den Bäumen und dem Wald gerade schlecht geht: "Der Wald sieht herbstlich aus, und das im Sommer." Weil viele Bäume nun vom Hagel zusätzlich geschwächt seien, seien sie auch anfälliger für Pilze oder Borkenkäfer. Zudem beobachte Ritter, dass Trockenheit und Extremwetterereignisse im Klimawandel stetig zunehmen.

Die Forstverwaltung will hitzeresiliente Baumarten pflanzen

"Die Lage ist ernst, wir haben einen sorgenvollen Blick darauf", versichert Ritter. Denn gerade lichte Kiefernwälder, wie sie im Augsburger Stadtwald zu finden sind, seien sehr wertvolle Lebensräume für bestimmte Tier- und Pflanzenarten und in Bayern selten. Es gebe aber Möglichkeiten, auf die Folgen des Klimawandels zu reagieren: Derzeit erarbeite die Forstverwaltung zusammen mit Naturschutzbehörden Konzepte, wie dieser Lebensraum auch in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten erhalten werden kann. Dazu gehöre, auch einige abgestorbene Bäume stehenzulassen und Arten wie den Feldahorn zu pflanzen, der gut mit Trockenheit zurechtkommt. "Der Wald wandelt sich", erklärt Ritter, "aber nicht alles muss unbedingt schlecht sein."

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