Nach der Brandenburg-Wahl, bei der die FDP nur noch 0,83 Prozent der Stimmen holte, drohen liberale Spitzenpolitiker unverhohlen mit dem Bruch der Ampel-Koalition. Dass auch der bayerische Landesvorsitzende Martin Hagen den Ampelausstieg will, kritisieren bayerische SPD und Grünen-Politiker scharf.
"Das wäre Selbstmord" – so warnt der FDP-Grande Gerhart Baum vor einem Aus der Ampelkoalition. Die Worte des 91-jährigen Ex-Innenministers und sozial-liberalen Gewissens der FDP kümmern den 43-jährigen bayerischen FDP-Vorsitzenden Martin Hagen aber offenbar wenig. Er wünscht sich vom von der FDP ausgerufenen "Herbst der Entscheidung", dass der Ampel "der Stecker gezogen wird". Wenn man merke, dass die Gemeinsamkeiten der Regierungspartner erschöpft seien und es nicht mehr gehe, dann solle man "die Reißleine ziehen", so Hagen im Gespräch mit BR24. Und "lieber ein Ende mit Schrecken" als "weiterwursteln".
FDP-Landeschef Hagen: Lieber einen Schlussstrich ziehen
Hagen, der bei der nächsten Bundestagswahl selbst ein Mandat in Berlin anstrebt, sieht in der Flucht nach vorne die besseren Chancen. Auch wenn ihm klar ist, dass es bei vorgezogenen Bundestagswahlen im Frühling schwer für die FDP würde, es überhaupt wieder in den Bundestag zu schaffen.
Er meint, man habe auf jeden Fall bessere Chancen, wenn man "mit geradem Rücken" für seine Überzeugungen eintrete, und zeige, dass diese wichtiger seien "als Ministerposten". Dass im Herbst mit der Regierung noch "der große Wurf gelingt", glaubt Hagen nicht. Dann wäre es "besser, einen Schlussstrich zu ziehen".
Grüne: FDP will "Selbstmord aus Angst vor dem eigenen Tod"
Scharfen Gegenwind bekommt FDP-Landesparteichef Hagen von den bayerischen Spitzenpolitikern der anderen Ampelparteien SPD und Grüne. Bis vergangenen Herbst, als es die FDP nicht mehr in den Bayerischen Landtag schaffte, machten die drei Partner noch gemeinsam Oppositionspolitik gegen CSU und Freie Wähler. Grünen-Fraktionsvize Johannes Becher ätzt Richtung FDP, diese wolle offenbar "Selbstmord aus Angst vor dem eigenen Tod" begehen. Man solle jetzt lieber die Zeit in der Regierungskoalition nutzen, dann gebe es vielleicht noch die Chance, über fünf Prozent zu kommen. Denn vor der Verantwortung davonzulaufen, das honoriere der Wähler nicht.
SPD: "Zusammenhalten" und "an Bord bleiben"
SPD-Landtags-Fraktionschef Holger Grießhammer schimpft Richtung FDP, es sei "kein guter Stil in dieser Zeit", nur weil die Wahlergebnisse nicht passten, die Koffer zu packen. Die FDP dürfe sich jetzt nicht "aus der Verantwortung stehlen", man habe einen Regierungsauftrag, jetzt gelte es zusammenzuhalten, an Bord zu bleiben und diese Regierung zu einem guten Ende zu führen. Auch mit Blick auf die stärker werdende AfD und die Zuwächse beim Bündnis Sahra Wagenknecht warnt Grießhammer vor einem Koalitionsbruch mit Neuwahlen.
Ob es in der Migrations- und Wirtschaftspolitik, und vor allem bei den Sparbemühungen in den Haushaltsverhandlungen in der Ampel diesen Herbst noch zu Lösungen kommt, die die Bundestags-FDP überzeugen, bleibt abzuwarten.
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