Straßenarbeiten in Kastl für die Fernwärmeversorgung
Bildrechte: Uli Detsch / BR
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16 Kilometer Fernwärmeleitung hat die Bauernfamilie in Kastl verlegt.

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Wärme aus Biogas – Bauernfamilie heizt Bürgern ein

Wärme aus Biogas – Bauernfamilie heizt Bürgern ein

180 Gebäude im oberpfälzischen Kastl beziehen Fernwärme von einem Landwirt: aus Biogas und Holzhackschnitzeln. Die Gemeinde kommt dem Ziel Richtung Klimaneutralität so bedeutend näher – und für den Landwirt bleibt die Biogasanlage zukunftsfähig.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die goldenen Zeiten für Landwirte mit Biogasanlagen sind vorbei, für die meisten jedenfalls. Auch Familie Hüttner im oberpfälzischen Kastl stand mit ihrer 2006 erbauten Biogasanlage vor einer ungewissen Zukunft. Bisher war der Verkauf von subventioniertem Strom ins öffentliche Netz lukrativ. Aber: Nach 20 Jahren, in ihrem Fall also 2026, ist Schluss mit garantierten Einspeisevergütungen für Strom. Die rettende Idee kam von der Gemeinde.

Nicht nur Strom, sondern auch Wärme nutzen

Die Gemeinde wollte zunächst ihre kommunalen Gebäude klimafreundlich heizen und schließlich auch möglichst viele Häuser der Bürger – über ein Fernwärmenetz vom Bauernhof. Denn Biogasanlagen produzieren nicht nur Strom, sondern auch Abwärme.

Die Herausforderung: Der Bauernhof der Hüttners ist vier Kilometer vom Ort entfernt. Also musste der Landwirt zuerst eine Leitung bauen: zwar mit staatlicher Förderung, aber auf eigenes Risiko. Denn zunächst war unklar, wie viele Bürger mitmachen würden.

Geld bleibt in der Region

Das Ziel: Die Gemeinde will ihren CO₂-Fußabdruck senken und langfristig klimaneutral werden. Schneller und effektiver als mit Wärmepumpen oder Pelletheizungen gehe das mit Fernwärme, so der Rat eines Energieexperten. Außerdem bleibe die Wertschöpfung in der Region, bei der Landwirtsfamilie Hüttner, die die Biogasanlage betreibt.

Die Wertschöpfung bleibe zudem bei Waldbesitzern, die Holzhackschnitzel an die Hüttners liefern, für eine zusätzliche Hackschnitzelheizung. Denn an kalten Tagen reicht die Biogas-Abwärme allein nicht.

Kostengünstig und versorgungssicher: Hausbesitzer sind zufrieden

Jana Jarosch war 2016 eine der ersten, die sich ans Fernwärmenetz der Hüttners anschließen ließ. Ihr mehr als 100 Jahre altes Haus kann sie nach bisherigen Erfahrungen um rund 20 Prozent billiger heizen als etwa mit einer Pelletheizung. Sie genießt vor allem das "Sorglos-Paket": "Weil ich mich um nichts kümmern muss. Die Wärme kommt ins Haus, die Abwärme geht wieder raus. Ich verursache keine Umweltverschmutzung und es ist ein zuverlässiges System."

Ähnlich sieht es Reinhard Hufnagel. Er hat noch eine 30 Jahre alte Ölheizung im Keller, aber nicht mehr lange. Denn er lässt sich für rund 20.000 Euro an die Fernwärmeleitung anschließen. Abzüglich 45 Prozent staatlicher Förderung zahlt er am Ende 11.000 Euro. Weiterer Vorteil: langfristig günstigere Kosten ohne extreme Preisschwankungen. Inzwischen hängt von rund 300 Gebäuden im Ortskern mehr als die Hälfte an der Fernwärme. Das reduziert den CO₂-Fußabdruck der Kommune um rund 60 Prozent.

Eine heikle Frage stellen Hausbesitzer dem Landwirt immer wieder: Was, wenn er pleite macht oder aus anderen Gründen keine Wärme mehr liefert? Bernhard Hüttner antwortet: Das Netz müsse gut geplant und gebaut sein, mit ausreichend Kunden, dann könne jederzeit auch ein anderer Wärmelieferant die Versorgung übernehmen, auch ohne Biogas. Es gebe außerdem langfristige Lieferverträge. Der Landwirt weiß, dass diese Sorge um Abhängigkeit und Versorgungssicherheit die Hausbesitzer beschäftigt.

Zukunft für die Biogasanlage – und Anerkennung für den Landwirt

Die Methanbakterien seiner Biogasanlage füttert Landwirt Hüttner mit Mist, Gras und Mais. Für inzwischen 16 Kilometer Fernwärmeleitung und die Hackschnitzelheizung investierte die Familie insgesamt sechs Millionen Euro. Aber ohne dieses unternehmerische Wagnis hätte ihre Biogasanlage keine Zukunft mehr gehabt. "Ohne Wärmenutzung müssten wir die Biogasanlage nach 20 Jahren einfach stilllegen, weil sie sich allein durch die Strompreisvergütung nicht mehr rechnet", so der Landwirt.

Ein weiterer Aspekt: Jetzt würden sie als Landwirte Anerkennung von den Mitbürgern bekommen. Ein neues Gefühl, das gut tue, wo doch die Landwirtschaft überall stark in der öffentlichen Kritik stehe.

Im Video: Hat Biogas noch eine Zukunft? (ab 14.53 in "Unser Land")

"Unser Land"-Moderator Florian Kienast
Bildrechte: BR/Christine Schneider
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"Unser Land"-Moderator Florian Kienast

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