Die EU will zur Unterstützung europäischer Landwirte wieder Zölle auf hohe Mengen bestimmter Lebensmittel aus der Ukraine einführen. Darauf einigten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments am frühen Mittwochmorgen in Brüssel.
Mittlerweile betrifft die Konkurrenz mit günstigeren Produkten aus der Ukraine auch die bayerischen Bauern, beobachtet der Bayerische Bauernverband (BBV). Allerdings sei es laut Sprecher Markus Drexler schwierig, das Problem genau zu beziffern - dem Verband berichten immer wieder Landwirte, dass die Abnehmer, wie etwa Mühlen, gern zu günstigerer Ware greifen würden, die dann möglicherweise aus der Ukraine stammen könnte.
Bauernverband kritisiert die Ausnahme Weizen
Deshalb begrüßt der Bauernverband die Idee der EU, künftig eine Art "Notbremse" einzuführen: Wenn bei Produkten wie Hafer, Eiern oder Geflügel ein bestimmtes Kontingent erreicht wird, soll für die Importe darüber hinaus wieder Zoll fällig werden. Das Kontingent soll sich an dem Durchschnitt der Importe von 2022 und 2023 bemessen. Damit kann die Ukraine weiterhin zollfrei in die EU exportieren - aber eben nicht unbegrenzt. So will die EU die heimischen Landwirte vor Preisverfall schützen.
Allerdings ist ein Produkt ausgenommen: Weizen. "Aus Sicht des Bayerischen Bauernverbands muss der Weizen mit aufgenommen werden in die Liste und es muss so verhindert werden, dass ukrainischer Weizen auf die Binnenmärkte gelangt und so die Preise ruiniert", so Drexler gegenüber dem BR. Bisher heißt es in der Mitteilung der EU, dass man Maßnahmen ergreifen werde, falls es zu einem Anstieg der ukrainischen Weizenimporte kommt. Wie genau die aussehen, ist allerdings unklar.
Ukrainischer Agrarunternehmer: "Ukraine wird zum Prügelknaben"
Der ukrainische Agrarökonom und Unternehmer Alex Lissitsa kritisiert die Entscheidung der EU: Ukrainische Produkte in der EU spielen seiner Aussage nach eine sehr kleine Rolle, die Ukraine werde hier zum "Prügelknaben" gemacht. "Wir sind nicht mehr der Global Player wie vor dem Krieg", sagt Lissitsa dem BR. Stattdessen würde vor allem Russland den Weltmarkt dominieren.
Lissitsa schätzt, dass das aktuelle Jahr das schlechteste für die ukrainische Landwirtschaft werde. "Meine persönliche Analyse: Bis zu 50 Prozent der Betriebe, vor allem kleinere Betriebe der Ukraine, gehen pleite." Das liege aber auch an hohen Preisen für Pflanzenschutzmitteln und anderen Herausforderungen.
Insgesamt haben die Importe aus der Ukraine zugenommen, berichtet die EU-Kommission. Bei Geflügel beispielsweise: Zwischen 2019 und 2021, also vor dem Krieg gegen die gesamte Ukraine, wurden rund 89 000 Tonnen in die EU verkauft. 2022 und 2023 waren es 146 000 Tonnen im Schnitt. Enorm ist auch der Anstieg bei Zucker, da ist der Import von durchschnittlich rund 22 000 Tonnen auf 324 000 Tonnen in den Jahren 2022/2023 angestiegen.
Mit der Entscheidung reagiert die EU auf Kritik aus osteuropäischen Ländern, vor allem aus Polen. Dort demonstrieren Landwirte bereits seit Monaten, weil ukrainische Produkte ihrer Meinung nach die Preise drückten. Die Regeln sollen nach der vorläufigen Einigung bis Juni 2025 gelten und müssen noch formell von den EU-Staaten und dem Parlament bestätigt werden. Kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges war beschlossen worden, der Ukraine zollfreien Zugang zum EU-Markt zu gewähren. Die Maßnahmen galten jeweils für ein Jahr.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!