Der Flughafen München hat zwei Startbahnen, hätte aber gern drei. Für die Startbahn-Planungen gilt allerdings aktuell ein sogenanntes Moratorium: Sie dürfen nicht weiterverfolgt werden. Das wurde 2018 auf Betreiben der Freien Wähler im Koalitionsvertrag mit der CSU vereinbart – wegen "unterschiedlicher Auffassungen" der Koalitionspartner zu dem Thema. 2023 wurde die Vereinbarung für die laufende Legislaturperiode verlängert. Und trotzdem ist die Startbahn-Diskussion gerade wieder neu entbrannt.
Flughafen München GmbH kaufte 31 Grundstücke seit 2018
"Einfach dreist" findet der Landtagsabgeordnete Johannes Becher (Grüne) aus Moosburg das, was er vor Kurzem per Anfrage vom Bayerischen Finanzministerium erfahren hat: Seit 2018 hat die Flughafen München GmbH (FMG) 31 Grundstücke erworben, "die im Grunderwerbsverzeichnis (….) für die Erweiterung des Verkehrsflughafens München durch Anlage und Betrieb einer dritten Start- und Landebahn als zu erwerbende Grundstücke bezeichnet sind". Der Freistaat ist der größte Gesellschafter der FMG, Finanzminister Albert Füracker (CSU) ist Vorsitzender des Aufsichtsrats.
Die gekauften Flächen befinden sich nach Informationen Bechers etwa in Eitting, Oberding und Berglern im Landkreis Erding, aber auch im Landkreis Freising. Aus dem Luftverkehrsgesetz ergäben sich Erwerbsverpflichtungen, argumentiert das Ministerium in seiner Antwort auf die Anfrage, und "im Koalitionsvertrag finden sich keine entgegenstehenden Festlegungen". Ebenso antwortete auf BR24-Nachfrage auch ein Sprecher der Flughafen München GmbH.
Grundstückskäufe fürs Ökokonto oder für die Startbahn?
Für den Freisinger Landtagsabgeordneten Benno Zierer (Freie Wähler) war hingegen nach eigenen Angaben "klar", dass das von seiner Fraktion forcierte Moratorium auch den Kauf von Grundstücken ausschließt. So steht es auch auf seiner Homepage: Es sei festgelegt worden, "dass keine Handlungen von Seiten der Staatsregierung erfolgen dürfen, die der weiteren Vorbereitung des Projektes dienen – also auch keine weiteren Grundstückskäufe". Wenn dagegen verstoßen worden sei, wäre das ein "dicker Hund", so Zierer gegenüber BR24, "und wir werden uns in der Fraktion darüber unterhalten müssen, wie wir damit umgehen".
Er verlangt jetzt Aufklärung vom Ministerium, "was da gelaufen ist" – auch vor dem Hintergrund, dass er selbst 2021 nach Grundstückskäufen gefragt hatte: "Da wurde mir versichert, dass es sich bei den seit November 2018 (…) erworbenen Grundstücken nicht um Flächen handelte, die für den Bau der dritten Startbahn benötigt werden, sondern zum Beispiel als Ökokonto-Flächen, für künftige Tauschzwecke oder für andere Infrastrukturmaßnahmen wie den Flughafenzubringer Ost".
Zoff um Ewigkeitsbescheid für dritte Startbahn
Um das Startbahn-Projekt wird seit vielen Jahren politisch und juristisch gestritten. Bei einem Bürgerentscheid in München 2012 hatten 55 Prozent gegen die zusätzliche Piste gestimmt. Diesem Votum fühlt sich die Stadt als Flughafen-Mitgesellschafterin auch nach Ablauf der Bindungsfrist weiter verpflichtet. Nach der Landtagswahl 2018 haben CSU und Freie Wähler dann besagtes Moratorium vereinbart. Später sicherte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu, dass es in seiner ganzen Amtszeit keine dritte Startbahn geben werde.
Für neuen Zündstoff in der Debatte sorgte zuletzt ein "Ewigkeitsbescheid", wie ihn Startbahngegner bezeichnen. Im September hatte das Luftamt Südbayern erklärt, dass der Planfeststellungsbeschluss für eine zusätzliche Piste nicht nach Ablauf einer Zehn-Jahres-Frist – also im Frühjahr 2026 – außer Kraft tritt, sondern auf unbestimmte Zeit weitergilt. Unter anderem der Bund Naturschutz, ein Bündnis aus Stadt und Landkreis Freising sowie die Gemeinde Berglern (Lkr. Erding) haben dagegen geklagt.
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