Ein Mann in orange-farbener Weste verbindet einen orange-farbenen LKW mittels Stecker mit einer Ladesäule.
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Nach dem Streit um den vorgelegten Haushalt der Regierung sind angedachte Förderungen für E-Trucks ungewiss.

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Förderchaos: Zieht die Bundesregierung E-Trucks den Stecker?

E-Lastwagen gelten als umweltfreundlich, rollen bislang aber selten auf den Straßen. Eine Förderung sollte Abhilfe schaffen. Doch nach dem Haushaltsstreit im Bund ist ungewiss, wie es weitergeht.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Nahezu lautlos setzt sich der Sattelschlepper in Bewegung und rollt über den Hof des Handelsunternehmens Georg Josef Kaes in Mauerstetten. Vier Elektro-LKW liefern seit Kurzem Lebensmittel und Waren an Verbrauchermärkte in der Region. "Das reicht locker für eine Tour, danach fährt der Truck wieder ins Zentrallager, um aufzuladen", sagt Andreas Spannagl, der den Fuhrpark leitet.

Ihre Energie bekommen die Lastwagen von einer riesigen Solaranlage auf dem Hallendach. Eigentlich wollte das Unternehmen schon länger entsprechende Fahrzeuge kaufen, doch erst jetzt konnte ein Modell mit genügend Reichweite geliefert werden. Die Elektrotrucks haben eine Batteriekapazität von 540 Kilowattstunden, das entspricht rund 300 bis 350 Kilometern, bevor der Lastwagen wieder an die Ladesäule muss.

Hohe Fördersumme für Lastwagen

Weil die Anschaffungskosten eines Elektro-LKW zwei bis drei Mal so hoch liegen wie bei einem vergleichbaren Dieselmodell, hatte der Bund die sogenannte KsNI- Förderung eingeführt (KsNI steht für: Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur). Bis zu 80 Prozent der Mehrkosten bekommen Käufer erstattet, wenn sie sich für einen E-LKW und entsprechende Ladeinfrastruktur entscheiden.

Doch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt ist die Zukunft der Unterstützung fraglich. "Wichtige Projekte und Vorhaben im Ressort des Bundesministeriums Verkehr sind betroffen; auch die Richtlinie KsNI", so eine Sprecherin. Wie die entstandene finanzielle Lücke nun geschlossen werden kann, soll Gegenstand von gesamtstaatlichen Beratungen sein. "Wir prüfen intensiv, welche Mittel in welcher Form verfügbar gemacht werden können."

Verunsicherung bei Spediteuren

Reinhold Fisel, Präsident der bayerischen Transport- und Logistikunternehmen, wünscht sich mehr Verlässlichkeit von der Politik. Nur mit entsprechender Planungssicherheit würden Spediteure in neue Technik investieren. Bei den Elektrolastwagen sieht er aber ein weiteres Problem: die bislang fehlende Infrastruktur. Denn um die Batterie eines großen LKW schnell wieder aufzuladen, sind herkömmliche PKW-Ladesäulen oft zu schwach.

Ein Netz aus sogenannten Mega-Chargern soll deshalb in den nächsten Jahren entstehen, denn Zeit ist Geld, gerade in der Logistik. Während der Pause, die LKW-Fahrer alle viereinhalb Stunden einlegen müssen, soll möglichst viel Strom nachgeladen werden. "Es fehlen leider jetzt schon Tausende LKW-Parkplätze an den Autobahnen in Bayern. Die müssen samt den Ladesäulen erst einmal gebaut werden", sagt Fisel.

Diesel dominiert den Markt

Klar ist: Der CO2-Ausstoß soll deutlich sinken, das haben EU und Bundesregierung immer wieder deutlich gemacht. Denn Busse und Lastwagen verursachen rund ein Drittel der Treibhausgase des Verkehrssektors. Aktuelle Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamts lassen an den Zielen zumindest Zweifel aufkommen. Während inzwischen fast jedes vierte neu angemeldete Auto mit Elektroantrieb über die Straßen rollt, ist es bei den LKW nur rund jeder dreizehnte, bei schweren Lastwagen wie Sattelzugmaschinen nicht einmal jeder fünfzigste.

Daher stellt sich die Frage. Wäre Wasserstoff vielleicht nicht vielleicht doch die bessere Alternative? Schließlich können entsprechende Fahrzeuge lange Fahrtintervalle zurücklegen, auch das Nachtanken geht schneller.

Wasserstoff braucht mehr Energie

Für Chemiker Maximilian Fichtner ist Wasserstoff in absehbarer Zeit keine sinnvolle Option: "Am Ende kommt wesentlich weniger Energie am Rad an als bei der Batterie. Man müsste dreimal mehr Windräder bauen, um den notwendigen Strom zu erzeugen", sagt der Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm. Zumal auch die chemische Industrie oder Stahlindustrie Wasserstoff in Zukunft dringend benötige. Fichtner sieht aber noch ein weiteres Problem. Für Wasserstoff müsste flächendeckend eine zweite Infrastruktur aufgebaut werden. Elektro-LKW können ihren Strom hingegen über die Hochspannungsleitungen beziehen, die schon jetzt entlang der meisten Autobahnen verlaufen.

Betriebskosten sind entscheidend

Fichtner will sich nicht als Lobbyist für die Batterietechnik verstanden wissen. Er hat selbst zwölf Jahre im Bereich der Wasserstofftechnologie gearbeitet, vertrat unter anderem die Bundesrepublik bei der Internationalen Energie Agentur. "Die Technik funktioniert, sie ist aber gerade für den Frachtverkehr zu teuer, bei dem es besonders auf die Betriebskosten ankommt", sagt Fichtner. Er glaubt, dass sich der Elektroantrieb gerade deshalb durchsetzt und dem Diesel auch auf der Langstrecke Konkurrenz machen wird. Denn tendenziell werden die Batterien immer preiswerter. Weil die Wartung zudem weniger kostet als bei einem Diesel, könnte der E-Truck bei den Gesamtausgaben am Ende die Nase vorne haben.

Ohne Zuschuss wird es schwierig

Noch haben vollelektrische Lastwagen bei den meisten Firmen Versuchscharakter. "Letztlich fehlen uns Erfahrungswerte: Wie lange hält die Technik und amortisiert sich der Kaufpreis und die Infrastruktur?" sagt Reinhold Fisel, Präsident der bayerischen Logistikunternehmen. Denn eine Ladesäule, an der zwei LKW schnell Strom nachladen können, koste rund 100.000 Euro.

In Mauerstetten bei der Firma Kaes kommen die E-Trucks jedenfalls gut an. "Anfangs war eine gewisse Skepsis da, aber inzwischen wollen viele Mitarbeiter am liebsten nur noch Elektro fahren", berichtet Fuhrparkleiter Spannagl. Rund zwei Millionen Euro kostete das Projekt insgesamt, vom Bund kommen rund 770.000 Euro an Unterstützung. Doch was, wenn die Förderung künftig stark zusammengestrichen oder komplett gekürzt würde? "In der Anfangsphase sind die Kosten noch so hoch, dass es sich wirtschaftlich gar nicht mehr rechnen würde", sagt Unternehmenssprecher Martin Glöckner.

Förderprogramm der Staatsregierung

Als Ergänzung zu den Maßnahmen der Bundesregierung hatte das bayerische Wirtschaftsministerium vergangene Woche einen Förderaufruf für "Nicht öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur" gestartet. Antragsberechtigt sind bayerische Unternehmen, die im Gütertransport tätig sind. Die maximale Förderung pro Antrag liegt bei 250.000 Euro, der Förderaufruf läuft bis Ende Februar. Betreut wird das Programm durch die staatlich geförderte Bayern Innovativ GmbH.

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