Als die Malteser das Palliativteam am 1. Oktober 2017 ins Leben riefen, ahnten sie schon, dass sie viele junge Patienten betreuen werden. Heute sind es deutlich mehr als gedacht. Derzeit kümmern sich Leiterin Elke Schellenberger und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um etwa 50 Kinder und Jugendliche mit lebenszeitverkürzenden Krankheiten und ihre Familien in ganz Unterfranken. Zu Anfangszeiten waren es gerade mal 15 pro Quartal. Bei der Gründung des Palliativteams waren die Malteser von 40 jungen Patienten im Quartal ausgegangen. Es war das letzte noch fehlende auf ambulante Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche spezialisierte Team in Bayern.
Junge Menschen brauchen längere Betreuung
Der Unterschied zur palliativen Erwachsenen-Betreuung: Zu Erwachsenen, die sterbenskrank sind, kommt das Palliativteam erst in der Endphase, als Sterbebegleitung. Bei Kindern zieht sich die lebensverkürzende Erkrankung aber oft über Monate, teils über Jahre hin – etwa bei Stoffwechselerkrankungen. Die Fähigkeiten, wie Atmen oder Essen, lassen nur langsam nach, das Sterben ist ein schleichender Prozess, mit besseren und schlechteren Phasen.
Das Palliativteam berät hier ärztlich und pflegerisch, kann Rezepte ausstellen und medizinische Maßnahmen ergreifen, wie etwa Beatmungsgeräte einstellen, etc. Auch bei Fragen können sich die Familien sich mit Fragen rund um die Uhr an das Team wenden, zum Beispiel wenn das kranke Kind eine medizinische Krise hat.
Psychosoziales Team unterstützt die ganze Familie
Die Betreuung und Beratung finden ambulant statt. In der Regel kommt das Palliativteam einmal in der Woche zu den Familien nach Hause. Vier Kinder- und Jugendärztinnen und sechs Kinderkrankenschwestern kümmern sich teilweise über Monate oder Jahre um die betroffenen Familien.
Neu hinzugekommen ist ein psychosoziales Team, das die Familien auch seelsorgerisch betreut oder beim Ausfüllen und Formulieren von Anträgen hilft. "Die sozialpsychologische Betreuung ist ganz wichtig, weil das Team die Familie als Ganzes berät und unterstützt", sagt Christina Gold, Sprecherin der Malteser in Würzburg. Die Belastung sei nicht nur für die kranken Kinder extrem hoch, sondern auch für die Eltern und die Geschwisterkinder.
Corona extrem kräftezehrend für alle Beteiligten
Besonders kräftezehrend – sowohl für das Palliativteam sowie die Familien – sei die Zeit während der Corona-Pandemie gewesen. "Eine ganz furchtbare Zeit", erklärt Christina Gold im Gespräch mit BR24. Die Familien hätten sich noch mehr isoliert als sonst, aus Angst vor Ansteckung. Statt im Team, das normalerweise aus einer Kinder- und Jugendärztin und einer Pflegekraft besteht, konnte nur eine Person zu den Familien kommen. Zudem wurden sie noch an anderen Stellen gebraucht. Eine enorme Arbeitsbelastung für die Teammitglieder, die sich auch im privaten Bereich verstärkt vor einer Ansteckung mit Covid-19 schützen mussten. "Und es ist noch nicht vorbei", so Gold.
Zukunftsprojekt für werdende Eltern
Aber die Malteser wollen nicht in der Schockstarre verharren: Zum fünfjährigen Bestehen stellen die Malteser ihr Zukunfts-Projekt vor: eine Beratung von Eltern, die in der Schwangerschaft von der schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung ihres Ungeborenen erfahren. Immer wieder kamen in den letzten Jahren Anfragen von Schwangeren oder werdenden Eltern, die von Gynäkologen an das Palliativteam verwiesen wurden. So habe man einen deutlichen Beratungsbedarf erkannt, weil die Gynäkologen oft überfordert seien mit der Frage, was man nach der Geburt eines sterbenskranken Kindes tun kann.
Das Palliativteam will versuchen den Eltern in einer oft sehr fortgeschrittenen Phase der Schwangerschaft einen Weg aufzuzeigen, wie es weitergehen könnte, statt sich für eine Abtreibung bzw. das Austragen eines toten Kindes nach Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Wichtig sei eine "ergebnisoffene" Beratung durch eine Hebamme und eine Pränatologin, betont Christina Gold. Man wolle die Eltern grundsätzlich wissen lassen, dass es Hilfe in solchen Situationen gibt und wie die Unterstützung aussehen könnte.
Finanzierung auf Spendenbasis
Finanziert wird das Projekt auf Spendenbasis, die Krankenkassen übernehmen die Kosten dafür nicht. Ähnlich war es bei der Gründung des Palliativteams vor fünf Jahren: Die Anschubfinanzierung für das Projekt wurde mit 240.000 Euro aus Spenden der BR-Sternstunden und weiteren Geldern der Caritas-Stiftung gestemmt.
- Zum Artikel: Kinderkrebsstationen – Ohne Spendengelder am Limit
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