Demokratie ist kein Selbstläufer und der Wert der Demokratie muss vermittelt werden – vor allem auch Jugendlichen. Das wird angesichts der EU-Wahl, bei der erstmals ab 16 Jahren gewählt werden durfte und dem Ergebnis des Kinderreports 2024 deutlich.
Um das Verständnis für Demokratie zu fördern, tourt nun auch Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) für ein neues Bildungsprojekt durch Schulen im Freistaat. "Schule trifft Landtag" heißt das Projekt, das im Fürther Hardenberg Gymnasium am Montag seinen Auftakt hatte.
Aigner macht auf Gefahren für Demokratie aufmerksam
Eine Doppelstunde lang hat sich Ilse Aigner im Fürther Hardenberg-Gymnasium mit Schülerinnen und Schülern über das Thema Demokratie ausgetauscht. Dabei machte sie eindringlich darauf aufmerksam, dass Feinde der Demokratie Zweifel säten. "Zweifel an unseren Institutionen, Zweifel an den Regeln und an den Verfahren, die wir haben. Sie zweifeln auch an der Handlungsfähigkeit und sie behaupten ganz einfach, Demokratie würde nicht funktionieren." Aigner kenne hingegen "kein besseres System auf der ganzen Welt, das Freiheit und Recht und Zusammenhalt ermöglicht."
Schüler und Schülerinnen im Dialog mit Landtagspräsidentin
Etwas mehr als einhundert Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Klassenstufen nahmen am Austausch mit der Landtagspräsidentin teil. Sie zählten auf, was sie in der Demokratie für wichtig halten. Sie nannten unter anderem die Meinungsfreiheit, Respekt und die Wahrung der Menschenrechte. Eine Schülerin wünschte sich ein Wahlrecht ab 16 Jahren für alle Wahlen. Ein anderer Schüler forderte mehr Effizienz der Politik im Kampf gegen Extremisten.
Aigner stellt sich auch kritischen Fragen
Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler zeigten sich interessiert und stellten viele Fragen. Darunter auch einige, die Ilse Aigner mit Verweis auf ihre neutrale Rolle als Landtagspräsidentin nur allgemein beantwortete. Eine Schülerin wollte wissen, warum die CSU im Europaparlament mit der rechtspopulistischen Partei der italienischen Regierungschefin Georgia Meloni zusammenarbeitet, statt sich klar zu distanzieren.
Fragen zu Maskendeals und Korruption
Es kam auch die Frage, wie es sein konnte, dass sich inmitten der Corona-Pandemie CSU-Landtagsabgeordnete an Maskendeals bereicherten und die CSU das – nach ihrer Auffassung – kaum verurteilt habe. Aigner beantwortete das mit dem Hinweis, dass es gegen die beiden betreffenden Landtagsabgeordneten Gerichtsverfahren gegeben habe. Sie fügte hinzu, wie enttäuscht sie bis heute sei, dass es zu solch einem Verhalten gekommen war. Es sei ihr als Landtagspräsidentin wichtig, dass so etwas unabhängig der Parteizugehörigkeit bei keinem Landtagsabgeordneten mehr vorkomme.
Aigner erinnert an 17. Juni 1953: Beispiel für Willkür der Autokratie
Mit Blick auf rechtspopulistische Chatgruppen in den sozialen Medien warnte Aigner die Jugendlichen vor politischen Kräften, die mit autokratischen Systemen liebäugeln würden. "Es gibt viele Menschen, die leider auch dafür empfänglich sind", bedauerte Aigner und erläuterte: "Man verzichtet bei autokratischen Systemen auf Freiheitsrechte, auf Grundrechte, auf Menschenrechte, auf Rechtsstaatlichkeit." Das führe über Willkürmaßnahmen "bis hin zu Terror und Krieg". Als historischen Beleg dafür nannte Aigner den 17. Juni 1953. Denn es ist auf den Tag genau 71 Jahre her, als in Ostdeutschland die sowjetische Besatzungsmacht Massenproteste gegen die DDR-Regierung blutig niedergeschlagen hatte.
An die Diskussion mit der Landtagspräsidentin schloss sich dann noch ein Quiz an. Dabei konnten die Schülerinnen und Schüler Fragen rund um die Demokratie und das Grundgesetz beantworten. Etwa, wo das Grundgesetz entworfen worden ist. Die richtige Antwort: Auf der bayerischen Insel Herrenchiemsee.
Für Demokratie einstehen
Die Schüler Nico und Lenard zeigten sich, wie viele andere auch, nach der Doppelstunde sichtlich zufrieden. "Ich denke, dass eben die politische Bildung gerade in unserem Alter sehr wichtig ist", sagt Nico einem BR-Reporter. Nicos Mitschüler Lenard sagte auf die Frage, ob er bereit sei, die Stimme zu erheben, wenn andere die Demokratie anzweifeln: "Da bin ich eigentlich generell sehr motiviert dazu, Leuten zu zeigen, wie wichtig Demokratie ist."
Weitere Schulbesuche der Landtagspräsidentin geplant
Geplant sind weitere Besuche unterschiedlicher Schularten in allen Regierungsbezirken, bei denen die Landtagspräsidentin im Rahmen einer Doppelstunde mit den Jugendlichen über Fragen und Erwartungen zum Thema "Demokratie" diskutieren will. Im Vorfeld betonte Ilse Aigner, sie freue sich sehr darauf, sich mit den Schülerinnen und Schülern "über die beste Staatsform, die es gibt" intensiv auszutauschen.
Die Landtagspräsidentin stellt mit Blick auf die Schulen zudem fest: "Die Lehrkräfte in Bayern arbeiten unermüdlich daran, einer heute sehr heterogenen Schülerschaft den Wert und die Bedeutung unserer Demokratie nahezubringen." Und das sei aktuell wichtiger denn je, "denn die Demokratie steht im Feuer – Angriffe von innen und von außen setzen ihr zu", konstatiert die Landtagspräsidentin. "Als Landtag wollen wir auf allen Ebenen mithelfen, unsere Gesellschaft für die Zukunft stark gegen die Feinde der Demokratie aufzustellen!"
Bayerns Weg: Verfassungsviertelstunde in Schule
Zur Stärkung der Demokratie soll ab nächstem Schuljahr in Bayern eine verpflichtende "Verfassungsviertelstunde" an allen Schularten eingeführt werden: einmal in der Woche, während des regulären Unterrichts, in wechselnden Fächern. Das haben sich CSU und Freie Wähler in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Für Kultusministerin Anna Stolz (FW) soll damit das Ziel verfolgt werden, die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler mit der Verfassung und den demokratischen Werten zu verbinden.
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