Beim Münchner Oktoberfest ist am Donnerstagvormittag an das rechtsterroristische Attentat am 26. September 1980 erinnert worden. Die Gedenkveranstaltung, die erneut von der DGB-Jugend München organisiert wurde, fand am Denkmal neben dem Haupteingang zur Theresienwiese statt. 13 Menschen, einschließlich des Attentäters - waren dort damals von einer Bombe getötet und mehr als 200 weitere verletzt worden.
- Zur Dokumentation in der ARD-Mediathek: Attentäter - Einzeltäter? - Neues zum Oktoberfest-Attentat (2015)
Münchens Oberbürgermeister Reiter warnt vor Rechtsruck
Bei der Gedenkveranstaltung werde einem "nach fünf Tagen Halligalli vor Augen geführt, wie schnell aus Gaudi und Vergnügen wirklich Wahnsinn werden kann", stellte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) fest. Im Umgang mit Behörden hätten die Opfer damals wenig Mitgefühl erfahren. Es habe auch an der Versorgung und psychologischen Betreuung gefehlt. Nach wie vor sei es wichtig, die Geschichten dieser Menschen "nah an uns heranzulassen" und den Betroffenen zuzuhören.
Beim Gedenken an den schwersten rechtsterroristischen Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschlands warnte Münchens Oberbürgermeister auch "vor der größten Gefahr des kommenden Jahrzehnts": Der Rechtsruck zeige sich nicht nur bei Wahlen, sondern etwa auch an der Zahl der Reichsbürgerprozesse und Gewalttaten. Dieser Entwicklung gelte es entgegenzutreten, der zugrunde liegenden Ideologie dürften sich demokratische Politiker "nicht mal ansatzweise annähern", so Reiter. "Diesen brauen Sumpf dürfen wir niemals betreten."
Oktoberfest-Attentat 1980: Zweifel an Einzeltäter-Theorie
Am 26. September 1980 um 22.20 Uhr war an der Nordseite der Theresienwiese ein selbstgebauter Sprengkörper explodiert. Der Neonazi Gundolf Köhler, der zeitweise der "Wehrsportgruppe Hoffmann" angehörte, hatte sie platziert. Auch er selbst kam bei der Explosion ums Leben. Ob er ein Einzeltäter war, wird bis heute kontrovers diskutiert.
Der BR-Reporter Ulrich Chaussy zweifelte früh an der Einzeltäter-These und recherchierte etwa 30 Jahre lang in dem Fall. Im Zuge dessen nahm die Bundesanwaltschaft 2014 die Ermittlungen wieder auf. Zwar endete auch diese zweite Untersuchung weitgehend ergebnislos. Weitere Täter konnten nicht ermittelt werden. Doch in ihrem Abschlussbericht stellte die Bundesanwaltschaft nach fast 40 Jahren erstmals fest, dass die Tat politisch motiviert war.
Schwester von Opfer kritisiert Politik – und ZDF-Serie
Auch Astrid Vollherbst ist überzeugt, dass es "definitiv" weitere Täter gab, die aber nicht ermittelt wurden. Sie war ein Kind, als ihre große Schwester im Alter von 16 Jahren bei dem Attentat schwerstverletzt wurde. Zwei Jahre sei Claudia im Krankenhaus gewesen und 38-mal operiert worden, berichtet sie heute. Fassungslos macht sie noch immer, dass der Anschlag erst nach 40 Jahren als rechtsterroristischer Anschlag eingestuft wurde. Auch sei nie geklärt worden, wie die Politik "involviert" gewesen sei. Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) war damals im Wahlkampf, neun Tage nach dem Attentat wollte er Bundeskanzler werden.
Die Gedenkfeier nutzte Vollherbst auch, um Kritik an der Rolle der Medien und insbesondere dem ZDF zu üben, das vergangenes Jahr für eine Folge der Serie "Die Chefin" einen fiktiven Mord direkt am Denkmal drehte. Sie drängt auf eine Entschuldigung und die Entfernung der Folge aus der Mediathek. Er verstehe die "schockierende Wirkung", sagte OB Reiter, es wäre "mehr Sensibilität angebracht" gewesen.
Denkmal erinnert seit 2008 an die Opfer
Sowohl Reiter als auch Kristofer Herbers von der DGB-Jugend München kritisierten, dass in Berichten über rechtsterroristische Gewalttaten der Fokus oft auf den Tätern liege, während dem Leid und den Schicksalen der Opfer und Hinterbliebenen weniger Aufmerksamkeit zukomme. Das sei unter anderem auch nach dem Attentat im Münchner Olympia-Einkaufszentrum so gewesen.
An der Theresienwiese erinnert seit 2008 ein Denkmal an die Opfer des Attentats von 1980: Gabriele Deutsch, Robert Gmeinwieser, Axel Hirsch, Markus Hölzl, Paul Lux, Ignaz Platzer, Ilona Platzer, Franz Schiele, Angela Schüttrigkeit, Errol Vere-Hodge, Ernst Vestner und Beate Werner. Zum 40. Jahrestag des Attentats wurde daneben der Erinnerungsort "Dokumentation Oktoberfest-Attentat" eröffnet. Erst damals haben Bund, Freistaat und Stadt zudem für die Betroffenen einen Hilfsfonds mit 1,2 Millionen Euro eingerichtet.
Im Video: Oktoberfest-Attentat - War es wirklich ein Einzeltäter?
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