Anstaltsbeirat Joachim Konrad sitzt im Sprechraum der JVA Kempten und spricht mit einem Gefangenen.
Bildrechte: BR / Michael Frick
Audiobeitrag

Anstaltsbeirat Joachim Konrad im Gespräch mit einem Gefangenen in der JVA Kempten.

Audiobeitrag
>

Bayerns Gefängnisse: So kontrolliert der Anstaltsbeirat die JVA

Bayerns Gefängnisse: So kontrolliert der Anstaltsbeirat die JVA

Nach schweren Misshandlungsvorwürfen ist die JVA Gablingen in die Schlagzeilen gerückt. Und mit ihr alle Gefängnisse in Bayern. Wird ausreichend kontrolliert? Das fragen sich viele. Ein Kontrollorgan ist der Anstaltsbeirat – so auch der in Kempten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

10 Uhr auf dem Parkplatz vor der Kemptener JVA. Der Oberallgäuer CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Konrad steigt aus seinem Auto und geht zur Torwache. Als Vorsitzender des Anstaltsbeirats besucht er regelmäßig das Gefängnis. Trotzdem beschleicht ihn jedes Mal ein mulmiges Gefühl: "Das ist eine andere Welt", sagt Konrad. "Eine gewisse Beklemmung ist natürlich da."

Ansprechpartner für Mitarbeiter und Gefangene

An der Torwache muss er aus Sicherheitsgründen erst mal Handy und Schlüssel wegschließen, wie jeder Besucher. Dann holt ihn die JVA-Leiterin zu einer Besprechung ab. Der Anstaltsbeirat mit seinen fünf ehrenamtlichen Mitgliedern habe zwei Funktionen, erklärt JVA-Leiterin Anja Ellinger. Er ist sowohl Ansprechpartner für die Bediensteten der JVA als auch für die Gefangenen und damit ein Kontrollorgan, falls etwas schiefläuft im Gefängnis.

"Die Gefangenen können ihn anschreiben, und dann müssen wir Rede und Antwort stehen, was los ist", sagt Ellinger. Der Beirat könne jederzeit mit Gefangenen sprechen, auch unter vier Augen. "Er hat das Recht, die Gefangenen-Hafträume aufzusuchen." Und er habe jederzeit die Möglichkeit, vorbeizukommen, um sich ein persönliches Bild zu machen.

In jeder JVA gibt es einen Anstaltsbeirat

Nach Angaben des Justizministeriums gibt es in allen bayerischen Gefängnissen Anstaltsbeiräte. Die Vorsitzenden und deren Vertreter werden vom Bayerischen Landtag gewählt. Die weiteren Beiräte werden laut dem Ministerium vom Anstaltsleiter oder der Anstaltsleiterin im Benehmen mit den zuständigen Landräten oder Oberbürgermeistern vorgeschlagen und vom Justizministerium ernannt. Die Zusammensetzung der Beiräte solle gewährleisten, dass die Gesellschaft über gewählte Repräsentanten Einblick in den Strafvollzug erhält.

Gespräche auf Wunsch auch unter vier Augen

Nach einer kurzen Besprechung mit der Leitung geht es für Joachim Konrad durch die langen Gänge und viele schwer gesicherten Türen der JVA Kempten zu einem Gespräch mit dem Gefangenensprecher. Ein enger Raum, ein großer Tisch in der Mitte. Vor dem vergitterten Fenster nimmt Joachim Konrad Platz. Der Gefangene wird in den Sprechraum geführt, ein JVA-Mitarbeiter ist zur Sicherheit immer in der Nähe. Auf Wunsch können die Häftlinge aber auch unter vier Augen mit dem Anstaltsbeirat reden. "Nehmen Sie Platz", sagt Joachim Konrad zu dem jungen Mann. "Schießen Sie los, was Sie auf dem Herzen haben."

Meistens drehten sich die Gespräche mit den Gefangenen um Alltagsprobleme, erzählt Anstaltsbeirat Konrad: Duschzeiten, Einkaufsmöglichkeiten, Besuchszeiten. Schwerere Vorwürfe habe es in seinem ersten Jahr als Anstaltsbeirat in Kempten nur einmal gegeben. Das aber habe sich im Nachgang zu dem Gespräch aufgelöst.

Beirat kann sich überall umsehen

Der Anstaltsbeirat hat auch ein Recht, sich im Gefängnis überall umzusehen. "In jedem Raum", versichert Konrad. Nach den Vorwürfen in Gablingen habe sich der Kemptener Anstaltsbeirat zum Beispiel auch den besonders gesicherten Haftraum (bgH) in Kempten zeigen lassen. "Auch da kann ich hingehen und mir das jederzeit anschauen", sagt der Beiratsvorsitzende. "Und es ist auch so, dass ich hier ganz spontan kommen könnte." Vorgekommen sei das bisher aber noch nicht.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe in Gablingen hätten sich die Beiräte der bayerischen Vollzugsanstalten auch intensiv mit Justizminister Georg Eisenreich (CSU) ausgetauscht. "Er hat uns auf den Weg gegeben, dass wir uns auch persönlich an ihn wenden könnten, wenn so was vorkommen würde."

Einmal im Monat Post von Gefangenen

Die fünf ehrenamtlichen Mitglieder des Kemptener Anstaltsbeirats – Vertreter aus Landtag, von Stadt, Landkreis und Arbeitsagentur – kommen zweimal im Jahr zu offiziellen Beiratssitzungen ins Gefängnis. Bei Bedarf besuchen Sie die JVA auch öfter. Ungefähr einmal im Monat bekommt Joachim Konrad Post von Gefangenen in Kempten. Er glaubt, dass das ausreicht, um die Kontrollfunktion im Kemptener Gefängnis auch auszufüllen. "Ich glaube", so fasst er die Arbeit des Beirats zusammen, "das Verhältnis passt."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!