Sie haben laut Anklageschrift bei Banken in ganz Deutschland zugeschlagen und Beute in Millionenhöhe gemacht: 16 Männer aus Belgien und den Niederlanden sollen zahlreiche Geldautomaten vor allem in Bayern und Baden-Württemberg gesprengt haben. Der Prozessauftakt im Mai scheiterte. Die Verteidiger der Angeklagten kritisierten, Beweismaterial und Akten zu spät bekommen zu haben.
Verteidiger kritisieren erneut Verfahrensablauf
Am Montag startete das Verfahren vor dem Landgericht Bamberg im zweiten Anlauf. Die Anwälte übten jedoch erneut Kritik. "Wir haben eine ähnliche Situation wie am ersten Verhandlungstag. Drei Tage vor dem Prozess kam ein Stick mit rund 3 GB Aktenumfang. Uns ist es zwischenzeitlich nicht gelungen, diesen zu sichten, alleine wegen der Datenmenge", erklärt Rechtsanwalt Jochen Kaller im Interview mit dem BR.
Angeklagte verfolgen Prozessauftakt gelangweilt
Die Angeklagten wurden einzeln mit Hand- und Fußfessel in die Halle gebracht. Den Prozess verfolgten sie mitunter gelangweilt und ohne den Kopfhörer mit der Übersetzung des Dolmetschers auf den Ohren. Von den Verteidigern kam zum neuerlichen Auftakt ein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter sowie erneut ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens. Es droht damit, ein zäher Prozess zu werden.
Geldautomatensprenger-Bande mit "mafiösen Strukturen"
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft verlas die 51-seitige Anklageschrift. Den Angeklagten aus den Niederlanden und Belgien werden Sprengungen von 30 Geldautomaten vorwiegend im Süden Deutschlands vorgeworfen. Für die Anklagebehörde handelt es sich bei den mutmaßlichen Geldautomatensprengern um eine Bande mit "mafiösen Strukturen": Ihre Taten sollen die Männer genau geplant, die Umgebung der Geldautomaten exakt ausgekundschaftet und ihre Rückkehr in die Niederlande nach den Sprengungen bis ins Kleinste vorbereitet haben. Um nicht erwischt zu werden, sollen sie Nummernschilder fremder Autos für ihre Fahrzeuge gestohlen haben. "Der Ablauf spielte sich immer weiter ein", heißt es. Die Aufgaben innerhalb der Bande sollen genau verteilt gewesen sein, man habe sich auch hocharbeiten können vom "Logistiker" zum "Sprenger".
Eine weitere Anklage richtet sich gegen die anderen vier angeklagten Männer. Auch sie sollen nach einem ähnlichen Muster Geldautomaten gesprengt haben.
Mit Pizzaschieber Sprengstoff in Automaten geschoben
Um zu ihrer Beute zu gelangen, sollen die Angeklagten Spezialwerkzeug in Form eines Pizzaschiebers genutzt und so den Sprengstoff in den Geldausgabeschacht der Automaten geschoben haben. Als Basis für ihre mutmaßlichen Taten dienten laut Anklage mehrere als Autowerkstatt getarnte Garagen in den Niederlanden an der Grenze zu Deutschland, in denen die Angeklagten ihre Wagen wie auch den Sprengstoff vorbereitet haben sollen. Um den eigentlichen Zweck zu verschleiern, soll ein Vermieter als Strohmann aufgetreten sein.
Geldautomaten auch in Zapfendorf und Forchheim gesprengt
Die Taten sollen im Zeitraum von 2021 bis 2023 stattgefunden haben. Dabei seien mehr als 3,3 Millionen Euro erbeutet worden, so die Staatsanwaltschaft. Der angerichtete Schaden durch die Sprengungen liege bei mehr als 5,5 Millionen Euro. Da die Ermittler den Angeklagten im Alter zwischen 23 und 43 Jahren auch Fälle in Zapfendorf und Forchheim in Oberfranken zur Last legen, wird der Fall in Bamberg verhandelt.
Landgericht zu klein – Gericht zieht in J.F. Kennedy-Halle um
Die Räume des Landgerichts-Gebäudes sind jedoch für die 16 Angeklagten, zahlreichen Verteidiger sowie Dolmetscher zu klein. Deshalb wird in einer Sporthalle auf dem Bundespolizei-Gelände verhandelt. Der Aufwand ist immens: Zu den Verhandlungstagen müssen die Angeklagten aus unterschiedlichen Gefängnissen in ganz Bayern nach Bamberg gebracht werden, begleitet von zahlreichen Polizeikräften.
Höchststrafen bis zu zehn Jahren möglich
Die mutmaßlichen Täter zwischen 24 und 42 Jahren sind derzeit in verschiedenen Haftanstalten in Bayern untergebracht, unter anderem in Schweinfurt, Würzburg, Bamberg, Nürnberg, Hof, Bayreuth, Kronach und Weiden. Durch die große Anzahl an Angeklagten und ihrer Verteidiger wurde der Prozess in die J.F. Kennedy-Halle auf dem Gelände der Bundespolizei in Bamberg verlegt. Für die Hauptverhandlung hat das Landgericht Bamberg zahlreiche Termine bis Ende Januar 2026 festgelegt. Die Angeklagten erwarten bei einer Verurteilung Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr und Höchststrafen bis zu zehn Jahren.
Mit Informationen von dpa
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