Alles war bereit: Die Straße durch Zöschingen ist gerade aufgerissen, weil sie komplett saniert wird. Die Telekom hatte schon ihr Material zur Baustelle geliefert. Doch im letzten Moment sagt der Konzern den geplanten Einbau von Leerrohren für den späteren Glasfaserausbau wieder ab. Zunächst hatte die Telekom BR24 nur erklärt: Man habe sich mit der Straßenbaufirma nicht auf einen Preis einigen können. Man sei selbst nicht "schuldfrei" und bedauere es, dass man in Zöschingen die Leerrohre nicht verlegen werde. Doch nun legt die Telekom nach und macht der Straßenbaufirma einen schweren Vorwurf.
Telekom: Baufirma verlangte einen dreifach höheren Preis
In einer zweiten Stellungnahme gegenüber BR24 schreibt die Telekom: "Die Preisforderungen des Tiefbauers waren völlig überzogen. Er war nicht einfach nur zu teuer, er verlangte auch nach drei Verhandlungsrunden noch einen dreifach höheren Preis, als er üblicherweise für solche Mitverlegungen gezahlt wird." Auf ein anderes Bauunternehmen auszuweichen, war laut Telekom nicht möglich: "Wir hatten keine Möglichkeit, einen alternativen Tiefbauer einzusetzen. Wir waren gezwungen, mit der Tiefbaufirma des Landkreises zu arbeiten, die in dessen Auftrag die Straße saniert. Diese hat ihre "Monopolsituation" ausgenutzt. Wir hatten keine Handlungsalternative."
Das Prinzip: Straße nur einmal aufreißen und alles verlegen
Tatsächlich ist es üblich, dass eine Baufirma, die eine Straße saniert, auch die Erneuerung oder den Einbau von Leitungen der Netzbetreiber übernimmt. Das Prinzip: Ist die Straße einmal aufgerissen, macht es Sinn, alle nötigen Arbeiten in einem Rutsch zu erledigen. Denn Anwohnerinnen und Anwohner haben in der Regel wenig Verständnis dafür, wenn in einem Jahr die Straße saniert wird und im Jahr darauf ein Netzbetreiber den Asphalt wieder aufreißt, um eine Leitung zu erneuern. Die Bedingung ist jedoch, dass sich alle mit der Straßenbaufirma auf einen Preis einigen können. Beauftragt wurde die Straßenbaufirma in Zöschingen vom Landkreis Dillingen, weil die Ortsdurchfahrt eine Kreisstraße ist.
Tiefbau-Firma weist Vorwurf der Telekom zurück
Die Tiefbau-Firma selbst befindet sich zurzeit in der Sommerpause. Ein Interview ist nicht möglich. Das Unternehmen teilt dem BR aber mit, dass die Vorwürfe der Telekom nicht stimmten. Genaue Zahlen, um welche Summen am Ende verhandelt wurde, will die Telekom nicht nennen.
Bürgermeister versteht Telekom nicht
Zweifel an den Vorwürfen der Telekom hat Zöschingens Bürgermeister Tobias Steinwinter (CSU). "Ich kann es nicht nachvollziehen, ich weiß nicht, welche Preise die Telekom als normal anführt, das entzieht sich meiner Kenntnis. Aber der Stromversorger hat es auch geschafft, sich mit dem Bauunternehmer zu einigen und deshalb verstehe ich es gar nicht, warum die Telekom das nicht schaffen kann", sagte Steinwinter dem BR.
Gemeinde zahlt Einbau der Leerrohre jetzt selbst
Und auch die Gemeinde Zöschingen hat sich mit der Baufirma geeinigt. Denn statt der Telekom zahlt die Gemeinde den Einbau der Leerrohre jetzt selbst. Kosten: 160.000 Euro für 1,8 Kilometer Ortsdurchfahrt. Ausgehandelt mit der Straßenbaufirma. Das entspricht einem Preis von knapp 89 Euro pro Meter.
Vergleichszahlen: Leerrohrverlegung kostet bis zu 100 Euro pro Meter
Zumindest dieser Preis ist offenbar kein Wucher, sondern entspricht wohl eher dem Durchschnitt. Das zeigen Zahlen des Staatlichen Bauamtes Weilheim, das auf BR-Anfrage Vergleichszahlen nennt. Für einen Meter Leerrohrverlegung kommt das Staatliche Bauamt auf eine Preisspanne von brutto 65 bis 101 Euro pro Meter. Die Spanne erkläre sich mit der Dicke der Asphaltdecke. Die müsse bei einer Bundesstraße aufgrund der hohen Verkehrsbelastung stabiler sein als auf einer wenig befahrenen Straße über Land. Den Preis, den die Gemeinde Zöschingen für die Verlegung unter einer Ortsdurchfahrt zahlt, bewertet das Staatliche Bauamt als "Punktlandung".
Zöschingen muss am Kindergarten sparen
Für die kleine Gemeinde Zöschingen sind die 160.000 Euro laut dem Bürgermeister trotzdem eine große Belastung. Das Geld fehle nun an anderer Stelle, zum Beispiel bei der Sanierung des Kindergartens im Ort. Immerhin: Die Leerrohre gehören nun der Gemeinde. Sie kann sie an einen Netzbetreiber verkaufen oder verpachten, wenn einmal Glasfaserkabel verlegt werden. Für den Glasfaserausbau gibt es auch Fördermittel. Ob er die aber auch im Nachhinein beantragen und bekommen kann, ist sich Bürgermeister Tobias Steinwinter noch nicht sicher.
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