In Deutschland erkranken jedes Jahr mehr als 250.000 Menschen an einer Form des weißen Hautkrebses. Betroffen sind vor allem Menschen, die im Baugewerbe arbeiten und in grünen Berufen, also in der Land- und Forstwirtschaft, aber auch Winzer.
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Besonders Saisonarbeitskräfte sind den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt.

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Unterschätzte Gefahr: Hautkrebs in "grünen" Berufen

In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 250.000 Personen an Hautkrebs. Besonders betroffen: Menschen, die in "grünen" Berufen arbeiten, vor allem Saisonarbeitskräfte. Wie Arbeitgeber und Berufsgenossenschaft versuchen, mehr Sonnenschutz umzusetzen.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Ein Julitag im Weinberg bei Würzburg: wolkenloser Himmel, die Sonne sticht erbarmungslos. Schon um 10 Uhr zeigt das Thermometer 29 Grad. Rund 25 Saisonarbeitskräfte des Weinguts Juliusspital kümmern sich um die letzten Laubarbeiten vor der Lese im Herbst. Den ganzen Tag sind die rumänischen Männer und Frauen der Sonne ausgesetzt. Erntehelfer wie sie gehören einer groß angelegten Studie zufolge zu den zehn Berufen mit der höchsten UV-Strahlenbelastung.

Weißer Hautkrebs als Berufskrankheit

Trotzdem achten die wenigsten von ihnen darauf, ihre Haut zu schützen. Viele sind nur mit Trägershirts und kurzen Hosen bekleidet, manche arbeiten sogar ohne Kopfbedeckung. Sonnencreme oder langärmlige Kleidung – meist Fehlanzeige. Doch langfristig kann das zum Problem werden und Hautkrebs zur Folge haben. Innerhalb der "grünen" Berufe sind Obst- und Gemüsebauern sowie Winzer am meisten gefährdet. Seit 2015 ist weißer Hautkrebs auch als Berufskrankheit anerkannt.

Saisonarbeitskräfte unterschätzen Hautkrebsgefahr

Während die Saisonarbeitskräfte der Sonnenschutz kaum kümmert, nehmen Arbeitgeber das Thema Hautkrebs/UV-Belastung immer ernster – so auch das Weingut Juliusspital. 2017 wurde es im Gesundheitsmanagement des Betriebs eingeführt. Kostenlos Sonnencreme verteilen ist die leichtere Übung, schwieriger ist es, die oftmals aus Osteuropa kommenden Saisonarbeitskräfte davon zu überzeugen, diese auch zu benutzen oder langärmlige Kleidung anzuziehen, berichtet Weinbergsmeister Peter Rudloff: "Wir versuchen aufzuklären und das gut zu vermitteln. Einige nehmen es sehr gut auf. Andere hören es sich an, setzen es aber dann nicht um. Jeder hat ein anderes Empfinden."

Gesundheitstage der Berufsgenossenschaft

Auch die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft SVLFG versucht in dem Bereich aufzuklären. Sicherheitsingenieur und Gesundheitsmanager Meinrad Fußeder ist auf die Themen Sonnen- und Hitzeschutz spezialisiert und führt in ganz Süddeutschland Gesundheitstage dazu durch – am Erdbeer-, Spargel- oder Gurkenfeld oder auch mitten im Weinberg.

Neben Sonnencreme und Sonnenhüten hat Fußeder ein Hautmessgerät dabei. Mithilfe einer Melaninsonde kann er so den Pigmentanteil messen, welcher Aufschluss gibt über die Empfindlichkeit der Haut gegenüber UV-Strahlung und der vom jeweiligen Hauttyp abhängigen Eigenschutzzeit – also die Zeitspanne, mit der man sich ohne Sonnenschutz in der Sonne aufhalten kann. "Personen mit Hauttyp 4 zum Beispiel, dem mediterranen Hauttyp, haben jetzt im Juli teilweise auch nur eine Eigenschutzzeit von zwölf Minuten. Die Ergebnisse sind für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer oft überraschend", berichtet Fußeder.

"Haut vergisst nichts": Lang zurückliegende Sonnenbrände als Hauptursache

Jedes Jahr verzeichnet die SVLFG rund 2.200 neue Fälle von weißem Hautkrebs. Hauptursache sind Sonnenbrände, die teils Jahre und Jahrzehnte zurückliegen. "Denn die Haut vergisst nichts", betont Fußeder. Weißer Hautkrebs ist aber gut behandelbar und im Gegensatz zum Schwarzen Hautkrebs streut kaum. Er tritt vor allem an den sogenannten Sonnenterrassen des Körpers auf – im Gesicht, an den Ohren oder der unbehaarten Kopfhaut. Hartnäckige, raue Stellen auf der Haut, Rötungen und Verschorfungen können erste Anzeichen sein.

Haut schützen, Mittagssonne meiden

Deshalb der Appell an die Saisonarbeitskräfte: Die Haut mit Hut, Kleidung und Sonnencreme schützen und die Mittagssonne meiden! In vielen südlichen Ländern gibt es deshalb die Siesta. Das Team des Juliusspital hat sich aber dagegen entschieden, erzählt Weinbergsmeister Peter Rudloff. Erst morgens und dann abends erneut in den Weinberg sei für sie noch anstrengender. Stattdessen beginnt das Personal lieber schon morgens um vier Uhr mit der Arbeit, damit spätestens um 14 Uhr Schluss ist.

An besonders heißen Tagen beendet Weinbergsmeister Peter Rudloff die Arbeit auch schon früher. Auch wenn viele das gar nicht möchten, da sie nach Stunden bezahlt werden und in der Zeit, in der sie in Deutschland sind, möglichst viel Geld verdienen wollen. Doch die Gesundheit geht vor, so Rudloff: "Wir wollen ja schließlich, dass die Leute länger kommen. Wir wollen gesunde Mitarbeiter haben, das ist uns schon sehr wichtig!"

Im Audio: Gefahr: Hautkrebs in "grünen" Berufen

Saisonarbeitskraft beim Laubschnitt im Weinberg
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Saisonarbeitskräfte sind den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt.

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