Harun Celebi wohnt seit rund 30 Jahren im Münchner Stadtteil Harthof. Der Malermeister war immer froh, in einer Wohnung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG zu leben. Die Mieten waren günstiger als auf dem freien Markt. Die GWG wurde jetzt mit der Gewofag zur "Münchner Wohnen" fusioniert.
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Die Miete ist immer noch günstig, aber die Heizkostenabrechnung macht Celebi Kopfzerbrechen. Statt Geld zurückzubekommen wie in den Vorjahren, soll er für 2022 über 1.100 Euro nachzahlen. "Ich bin wütend, dass man mir mein Geld einfach so wegnimmt", sagt er im Interview mit dem BR. Die Nachzahlung die ihm "aufgebrummt" wurde, könne er sich in dieser Höhe gar nicht leisten.
Flexibler Gastarifvertrag sorgt für hohe Nachzahlungen
Ursache ist ein flexibler Gastarifvertrag, den die GWG mit den Stadtwerken für ihre rund 18.000 Mieter abgeschlossen hatte. Im Idealfall ist der günstiger als die Grundversorgung. Aber wenn die Preise steigen, schlägt das voll auf die Mieter durch.
Auch wenn die Gaspreise mittlerweile wieder etwas gefallen sind: Vor einem Jahr waren sie wegen des Ukraine-Krieges und der ausbleibenden Erdgaslieferungen aus Russland auf einem historischen Höchststand. Die Nebenkostenabrechnungen für 2022 werden aber oft erst jetzt verschickt.
Mieterin soll 1.500 Euro nachzahlen und muss dafür an ihre Ersparnisse
Celebis Nachbarin Doris Völkl soll 1.500 Euro nachzahlen und muss dafür an ihre Ersparnisse – andere stehen sogar vor einem Existenzproblem. "Es sind ja auch einige Ältere dabei, die sich ganz, ganz schwertun. Was machen die? Die müssen um Hilfe betteln", so die Mieterin.
In solchen Fällen empfiehlt die Vorsitzende des Münchner Mietervereins, Beatrix Zurek, Betroffenen grundsätzlich, die Abrechnungen genau überprüfen zu lassen. Bei Unstimmigkeiten komme es dann unter Umständen auch zu Vergleichen oder Reduzierungen.
Die Linke hat Fragenkatalog an Münchner Wohnen geschickt
Der Fall sorgt aber auch für politischen Wirbel. Die Linke etwa ist der Meinung, dass der für Tausende Mieter abgeschlossene Gasvertrag einige Fragen aufwirft. Stefan Jagel sitzt für die Linke im Münchner Stadtrat. Dem BR sagte er, es müsse etwa geklärt werden, ob die Münchner Wohnen zulasten der eigenen Mieterinnen und Mieter gehandelt habe.
Einen Fragenkatalog mit 17 Fragen habe die Linke an die Münchner Wohnen geschickt, sagt Jagel. Wichtig wäre zu erfahren, "ob der damalige Geschäftsführer im Sinne der Mieterinnen und im Sinne der Münchner Wohnen gehandelt hat? Oder hat er für sein neues Unternehmen gehandelt, wo er jetzt beschäftigt ist, für die Stadtwerke München?"
Münchner Wohnen: Ratenzahlung oder Stundung möglich
Die Münchner Wohnen weist auf Anfrage des BR darauf hin, dass der kritisierte Vertrag ab Anfang 2023 wieder günstiger war als der Grundtarif und schreibt weiter: "Jedem, der seine Nachforderungen nicht sofort begleichen kann, wird eine Ratenzahlungsvereinbarung angeboten. Die Münchner Wohnen hat insgesamt rund 6.300 solcher Vereinbarungen abgeschlossen, darüber hinaus ist in manchen Fällen auch eine Stundung möglich."
Die Mieter Harun Celebi und Doris Völkl wollen sich damit allerdings nicht zufriedengeben. Sie sind der Meinung, dass die Manager nicht im Sinne der Mieter gehandelt haben. Sie hoffen auf eine Entschädigung.
Im Video: "Vonovia brockt Mietern teure Heizkosten Nachzahlung ein" von quer
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