Es wäre eine reine Routineveranstaltung, gäbe es nicht immer wieder neue Ideen für die Zukunft der Kernenergie – vor allem in Bayern. Einmal im Jahr laden die Betreiber des Kernkraftwerks Isar bei Landshut ein. "KKI im Dialog" nennt sich dieser Termin – Informationen für die niederbayerischen "Stakeholder", Interessensgruppen also. Bürgermeister der umliegenden Gemeinden, Fachexperten oder am Mittwochabend auch: Medienvertreter.
Werksleiter: Keine Rückkehr zum Atomstrom
Gleich zu Beginn legt Carsten Müller, Leiter des stillgelegten Kernkraftwerks, den Tenor fest: "Eine Rückkehr zum Leistungsbetrieb wird es nicht geben." Es folgen eine Präsentation über bereits abgebaute Anlagenteile, zerlegte Rohre und irreversible Leitungen – und Müllers Hinweis: "Damit ist es besonders schwierig geworden, eine Anlage wieder in den Ursprungszustand zu versetzen."
Schon Ende Oktober 2023, vor mehr als einem Jahr also, machen die Betreiber deutlich: "Wir sind am Ende." Technisch und organisatorisch könne die Anlage nicht mehr betrieben werden. Immer wieder wiederholen Vertreter von Preussen Elektra Botschaften wie diese gebetsmühlenartig – so auch an diesem Abend, sie scheinen notwendig.
Debatte über Kernenergie läuft weiter
Denn die Debatte über die Kernenergie ist einmal mehr wiederbelebt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte Mitte November sein eigenes Klimaziel in Frage gestellt: Ohne Rückkehr zur Atomkraft könne der Freistaat nicht schon 2040 klimaneutral werden, sondern erst 2045 – wie der Bund. Söders neue Formel: "Mit Kernenergie 2040, ohne Kernenergie 2045 – hoffentlich." Der Rückbau des Kernkraftwerks Isar 2 müsse also gestoppt werden, noch sei es reversibel, so der Ministerpräsident.
Dem widerspricht Guido Knott, Geschäftsführer der Betreiberfirma Preussen Elektra, vehement. Im Interview mit BR24 fasst er zusammen: "Mittlerweile ist es die große Rückbau-Show. Wir machen Rückbau. Und dabei bleibt es." Es fehle an Lieferanten, Material und Personal – es gehe um viele Jahre und immens viel Geld. Zu möglichen Szenarien für eine Wiederinbetriebnahme erklärt Knott: "Technisch ist vieles möglich. Ist es damit auch realistisch? Nein!"
Betreiberfirma: Alle Hintertürchen sind zu
Könnte eine Milliardensumme für die Kraftwerksbetreiber zum Umdenken führen? Knott winkt ab: "Es hat nichts mit der Summe zu tun, sondern mit der realistischen Perspektive, dass so etwas zeitnah gelingen kann und es dann tatsächlich auch Sinn macht. Ich glaube, niemandem ist geholfen, wenn wir jetzt fünf Jahre lang versuchen, ein altes Kraftwerk wieder in Betrieb zu setzen." In der Zeit müssten andere Investitionen getätigt werden, um die Energiewende zum Fliegen zu bringen, so Knott.
Szenarien für eine mögliche Wiederinbetriebnahme gibt es in der Theorie – und zwar nur in der Theorie. Das soll von der "großen Rückbau-Show" im stillgelegten Kernkraftwerk hängenbleiben, auch bei der Politik. "Ich hoffe, dass ich kein Hintertürchen mehr offengelassen habe", schließt Geschäftsführer Knott. "Wenn das der Fall sein sollte, dann habe ich heute versucht, es zuzumachen."
Nachnutzung des Kraftwerksgeländes bereits in Planung
Auch über die Nachnutzung des Kraftwerksgeländes wird bereits offen gesprochen. Egon Westphal, Vorstandsvorsitzender der Bayernwerk AG, kündigte den Bau eines Großspeichers an. Schon im Jahr 2026 soll ein erster Batteriespeicher mit 50 Megawatt Leistung und 100 MW Speicherkapazität fertiggestellt werden. Weitere Ausbaustufen sollen folgen.
- Zum Artikel: Atomkraft - So könnte Isar 2 wieder in Betrieb gehen
Im Video: Interview mit Energieexperte - Zurück zur Kernenergie?
Landrat Peter Dreier: Brauchen Lösung für zentrales Atommüll-Zwischenlager
Der Landshuter Landrat Peter Dreier (Freie Wähler) hat im Interview mit BR24 erneut ein zentrales Zwischenlager für Atommüll gefordert. Das Zwischenlager BELLA bei Niederaichbach sei ein Risikofaktor, weil es zwar gegen Flugzeugabstürze nicht aber gegen militärische Angriffe gesichert sei. Die sieben hochradioaktiven Castoren, die jetzt noch eingelagert werden sollen, seien ein zusätzliches Risiko – noch dazu, weil sich die Laufzeit für das Zwischenlager bis ins Ende dieses Jahrhunderts verzögern werde, so Dreier.
Dass er sich für Gorleben als Standort für ein zentrales Zwischenlager ausspreche, habe nichts mit Egoismus zu tun, so der Landrat. In Gorleben befinde sich die einzige sogenannte "Heiße Zelle", wo defekte Castorbehälter repariert oder für die Endlagerung umverpackt werden könnten. Diese sei mit viel Steuergeld errichtet worden. "Wir wissen jetzt aus einer Studie, dass es möglicherweise bis zum Jahr 2074 dauern wird, bis der Endlager-Standort feststeht. Dann dauert es wieder Jahrzehnte, bis er fertig ist zur Endlagerung, und dann noch circa 20 Jahre, bis 1.900 Castoren aus den 16 Zwischenlagern eingelagert sind." Deshalb gelte es Verantwortung zu übernehmen für jetzt und für kommende Generationen. Auch militärische Abwehrmaßnahmen müssten diskutiert werden. Sollte Gorleben nicht funktionieren, müsse es eine andere Lösung geben, so Dreier.
Im Video: Interview mit Peter Dreier, Landrat von Landshut, zur Zukunft von Isar 2
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