Gerhard Merches vom Bund Naturschutz steht vor einem Quellsee im Landkreis Altötting. Das Wasser ist so klar, dass sich jeder Stein am Grund erkennen lässt. Doch das Paradies trügt. Denn das Wasser ist mit PFAS belastet. Die Stoffe bauen sich in der Natur kaum ab und gelten als potenziell krebserregend, deshalb werden sie umgangssprachlich auch "Ewigkeitschemikalien" oder "Jahrhundertgift" genannt.
PFAS-Belastungen sind bayernweites Problem
Nicht nur der Landkreis Altötting ist betroffen, in vielen Teilen Bayerns und Deutschlands sind die Chemikalien in den Boden geraten. Die Industrie verwendet sie für unzählige Alltagsprodukte wie etwa Pfannen, Outdoor-Kleidung oder Elektro-Geräte. Auch durch Löschschaum, der auf Flughäfen verwendet wurde, ist PFAS in die Natur gelangt.
Der Landkreis Altötting zum Beispiel geht das Problem schon länger an: Die Versorger reinigen das Trinkwasser mit Aktiv-Kohlefilter. In vielen Gegenden Deutschlands hingegen ist gar nicht bekannt, ob und wie viel PFAS im Trinkwasser steckt. Eine Messpflicht und Grenzwerte gab es bislang nicht.
Kritiker wünschen sich niedrigere Grenzwerte
Doch das soll sich nun ändern. Der Bundesrat wird aller Voraussicht nach am Freitag einer Novellierung der Trinkwasserverordnung zustimmen. Ab 2026 müssen Versorger dann sicherstellen, dass 20 PFAS-Stoffe in der Summe den Grenzwert von 100 Nanogramm pro Liter nicht überschreiten.
Gerhard Merches vom Bund Naturschutz Altötting findet es richtig, dass PFAS-Messungen Pflicht werden und künftig verbindliche Grenzwerte gelten. Dennoch stört ihn, dass die Grenzwerte für die Gruppe der als besonders gefährlich eingestuften PFAS-4-Stoffe erst 2028 kommen. Grenzwerte erst in fünf Jahren – das sei viel zu spät, findet der Chemieingenieur.
Außerdem ist er überzeugt, dass der Grenzwert für PFAS-4 mit 20 Nanogramm pro Liter nicht streng genug angesetzt ist. Merches und weitere Experten berufen sich auf Empfehlungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA. Sie hätten sich deshalb 2 Nanogramm als Grenzwert gewünscht, so wie es Dänemark beschlossen hat.
Experten wollen Industrie in die Pflicht nehmen
Martin Weyand vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hingegen empfindet die geplanten deutschen Grenzwerte als ausreichend. Er macht sich viel mehr Sorgen um die Finanzierung: Denn einige Versorger werden teure Aktivkohle-Filter brauchen. Er fordert deshalb nach dem Verursacher-Prinzip, die Industrie in die Pflicht zu nehmen. Es könne nicht sein, dass die Bürger für diese Aufbereitungsanlagen zahlen müssen.
Die Grünen fordern Verbot
Auch die Grünen empfinden es als unfair, dass die Industrie mit PFAS Geld verdient und dabei Kosten verursacht, die auf die Verbraucher umgelegt werden. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion Jan-Niclas Gesenhues fordert deshalb einen von der Industrie finanzierten Fonds, mit dem Reinigungs- und Sanierungsmaßnahmen finanziert werden.
Am Ende steht seiner Ansicht nach aber ein europaweites Verbot der gefährlichen Stoffe. In der EU wird das zwar bereits diskutiert. Für die Industrie bleibt aber erstmal das Problem, dass es für einige PFAS-Chemikalien noch keine Alternativen gibt. Zudem befürchten manche, dass die Produktion dann in Länder abwandert, in denen es keinerlei Umweltstandards gibt.
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