Vor rund fünf Jahren ist im Industriegebiet Bayreuth das Bayerische Zentrum für Batterietechnik (BayBatt) der Universität Bayreuth mit kräftiger finanzieller Unterstützung des Freistaats eröffnet worden. In dem Neubau arbeiten inzwischen mehr als 100 Forschende aus der ganzen Welt fächerübergreifend an leistungsfähigen und intelligenten Batteriesystemen der Zukunft: Bereits vorhandenes Wissen von mehreren Fakultäten wird hier gebündelt. Dieses Konzept scheint erfolgreich zu sein, denn die Bayreuther Wissenschaftler melden immer neue Fortschritte, die weltweit Beachtung finden. Die deutsche Automobilindustrie hat ein wachsames Auge auf das BayBatt, denn in seinen Labors wird derzeit an einem "heißen Eisen" geforscht.
Natrium-Ionen als erschwinglicher Lithium-Ersatz?
Wiederaufladbare Lithium–Ionen–Akkus haben die Elektromobilität möglich gemacht. Doch sie sind teuer, weil das Leichtmetall sehr selten auf der Erde vorkommt. Außerdem ist sein Abbau umweltschädlich. Deshalb wird derzeit weltweit nach einem erschwinglichen Ersatz gesucht. Einer ist schon längst gefunden: Natrium, ein silberweißes Leichtmetall, das 1.000 Mal häufiger vorkommt als Lithium. Schließlich ist es ein Bestandteil von Speisesalz (Natriumchlorid).
Natrium hat ähnliche elektrische Eigenschaften wie Lithium und wird deshalb schon seit einigen Jahren in Akkus eingesetzt. Doch es hat zwei entscheidende Nachteile: eine geringere Energiedichte und ein höheres Gewicht – zumindest noch.
Chinese treibt Forschung in Bayreuth voran
In Bayreuth werde hervorragende Grundlagenforschung auf atomarer Ebene betrieben, deshalb sei er vor zwei Jahren aus China ans BayBatt gewechselt, berichtet Qingsong Wang. Seine Arme stecken in einem sogenannten Handschuhkasten. In dieser gasdichten Einrichtung fertigt er wie in einem Reinraum kleine Batterien, die wie Knopfzellen aussehen. Doch sie bestehen nicht aus dem teuren Lithium, sondern aus dem deutlich günstigeren Natrium. Diese Knopfzellen kommen dann in eine aufwändige Messvorrichtung und werden immer wieder geladen und entladen, bis sie kaputtgehen. Klingt langweilig, ist aber so spannend, dass ihm Forscherkollegen aus der ganzen Welt dabei zusehen.
Wang forscht in einem Verbund mit chinesischen und amerikanischen Batterieexperten. Von Messvorgang zu Messvorgang hat Qingsong Wang die geometrische Anordnung der Atome und Ionen immer wieder verändert und inzwischen so optimiert, dass seine Natrium-Knopfzellen fast die Leistung einer Lithium–Knopfzelle erreichen.
165 Wattstunden pro Kilogramm
Der Natrium-Ionen-Akku "made in Bayreuth" konnte inzwischen in mehreren Ladezyklen eine Leistung von 165 Wattstunden pro Kilogramm erzielen. Das soll diesen Batterietyp stabil und langlebig machen und damit interessant für die Elektromobilität. Die Akkus mit ihrer hohen Energiedichte, gepaart mit den um bis zur Hälfte günstigeren Produktionskosten, können vor allem kleine oder Mittelklasse-Elektrofahrzeuge deutlich erschwinglicher machen, ist Wang zuversichtlich.
Bereits mit den vorhandenen Produktionsmethoden können sie günstiger, langlebiger und vor allem nachhaltiger gebaut werden. Außerdem sind sie im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Akkus nicht brennbar. Doch da gibt es noch ein Problem.
Natrium deutlich schwerer als Lithium
Nicht ohne Grund kommen gerade in der Elektromobilität bislang vor allem Lithium-Ionen-Akkus zum Einsatz. Lithium ist mit seiner Ordnungszahl 3 das leichteste Metall auf der Erde. Natrium hat die Ordnungszahl 11 und ist damit deutlich schwerer. Deshalb arbeiten Batterieforscher weltweit, so wie Qingsong Wang im BayBatt, an der Steigerung der Energiedichte. Denn im Gegensatz zur Lithium-Ionen-Batterie sei die Natrium-Ionen-Batterie technologisch noch lange nicht ausgereizt.
Qingsong Wang und seine Kollegen haben diese Forschungsergebnisse als Verbund in einer Fachpublikation veröffentlicht. Dass dabei Bayreuth mit den renommierten chinesischen Forschungszentren auf diesem Gebiet in einem Atemzug genannt wird, macht Wang stolz. Schließlich weiß er, dass die Batterieforschung in China der deutschen deutlich voraus ist. Der chinesische Hersteller CATL fertigt schon Batterien mit Natrium-Ionen und seit Beginn des Jahres laufen bereits zwei E-Autos mit Natrium-Ionen-Akkus in China vom Band. Vielleicht auch bald mit Batterien "made in Bayreuth".
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