Im Landkreis Rosenheim sind beispielsweise in vier Gemeinden überhaupt keine Flüchtlinge registriert. Vier andere dagegen haben im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl fast doppelt so viele aufgenommen wie der Durchschnitt. Solche Unterschiede gibt es in vielen bayerischen Landkreisen. Immer wieder führt das zu Streit, vor allem in Oberbayern.
Gemeinden müssen bei Unterbringung nur "mitwirken"
Etwa im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Dort wollte das Landratsamt unwilligen Gemeinden Flüchtlinge zwangsweise zuweisen – scheiterte aber vor Gericht. Im Landkreis Miesbach versuchten die Kommunen, sich auf einen gerechten Verteilmechanismus zu einigen – aber nicht alle machten mit.
Die Flüchtlingsunterbringung ist in Bayern staatliche Aufgabe. Die schutzbedürftigen Menschen werden vom Freistaat gleichmäßig auf die Landkreise verteilt. Die Gemeinden sind nur zur "Mitwirkung" verpflichtet. Sie sollen geeignete Objekte zur Anmietung anbieten. Tun sie das nicht oder sind die Objekte nicht geeignet, drohen keine Sanktionen.
Massive Proteste gegen Unterkunft in Warngau
Besonders angespannt ist die Lage in den beliebten Wohn- und Ferienorten im Süden. Erst im vergangenen Herbst beklagte der Miesbacher Landrat Olaf von Löwis (CSU) in einem Brief an Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) "Widerstände vor Ort, rechtliche Hürden und die begrenzten Kapazitäten". Diese machten die Suche nach Lösungen immer schwerer.
Zu Jahresbeginn konnte von Löwis in Warngau eine Unterkunft für 500 Menschen in Betrieb nehmen. Damit besteht nach Jahren die Möglichkeit, eine der bislang von Flüchtlingen bewohnten Turnhallen wieder für den Sportunterricht freizugeben. Zuvor hatte es in dem 4.000-Einwohner-Ort Warngau massive Proteste gegeben. Nach einer Bürgerversammlung begleitete die Polizei den Landrat aus Sicherheitsgründen nach Hause.
Ablehnung des Warngauer Gemeinderats nur symbolisch
Der Warngauer Gemeinderat hatte die Unterkunft abgelehnt – angesichts der Größe der Unterkunft sei eine Integration der Menschen nicht machbar. Das Nein hatte aber nur symbolischen Charakter, denn das Landratsamt darf sich für den Bau von Flüchtlingsunterkünften unter bestimmten Voraussetzungen über solche "Neins" hinwegsetzen.
Wo es kein geeignetes Grundstück oder kein geeignetes Mietobjekt gibt, hilft freilich auch das nicht weiter. In Rottach-Egern am Tegernsee war die Suche lange Zeit erfolglos. Gäbe es eine Quote für die gerechte Verteilung, würde die Gemeinde sie nicht einmal zur Hälfte erfüllen. 78 Flüchtlinge mehr müsste sie eigentlich aufnehmen.
"Hilfsbereitschaft hält sich oft in Grenzen"
"Die Leute haben viel Geld, wollen ihre Ruhe haben und fühlen sich mit solchen Problemen nicht sehr verbunden. Hilfsbereitschaft hält sich oft in Grenzen", sagt Thomas Tomaschek. Er sitzt für die Grünen im Gemeinderat und im Kreistag und engagiert sich im Flüchtlingshelferkreis.
Tomaschek fordert eine verpflichtende Quote: "Wenn alle sich bewegen und sich solidarisch zeigen, dann hätten wir kleinere Einheiten, die besser zu handhaben sind."
Aufnahme-Pflicht in Baden-Württemberg
Die Kommunen in Baden-Württemberg müssen bereits anteilig zu ihrer Einwohnerzahl Flüchtlinge aufnehmen. Nach Abschluss ihrer Asylverfahren oder spätestens nach zwei Jahren werden die Geflüchteten gleichmäßig auf die Gemeinden verteilt. Wie eine stichpunktartige BR-Umfrage ergeben habt, sind die Erfahrungen im Allgemeinen positiv.
Die Pflicht werde regelmäßig erfüllt, schreibt etwa das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Allerdings werde die Quote im Allgemeinen nicht allzu starr ausgelegt. Dazu schreibt das Landratsamt Esslingen: "Die jährliche Aufnahmequote ist fest, aber wir versuchen, den Kommunen bei den Aufnahmewünschen entgegenzukommen, wann sie welche Personengruppen aufnehmen können. Die Kommunen im Landkreis fordern untereinander die kommunale Solidarität ein."
Bayern lehnt fixe Quoten für Aufnahme von Flüchtlingen ab
Die Bayerische Staatsregierung lehnt eine derartige Regelung dagegen ab. Fixe Quoten, so das Innenministerium auf BR-Nachfrage, hätten insbesondere den Nachteil, dass die vor Ort notwendige Flexibilität bei der Asylunterbringung ein Stück weit verloren ginge.
Zudem gibt es dem Innenministerium zufolge derzeit weder im Landkreistag noch im Gemeindetag eine Mehrheit für eine solche Forderung.
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