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Das Rathaus in Röttingen hat einen neuen Chef - der nicht auf dem Wahlzettel stand

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Kuriose Wahl: Neuer Bürgermeister stand nicht auf Stimmzettel

Kuriose Wahl: Neuer Bürgermeister stand nicht auf Stimmzettel

Steffen Romstöck ist neuer hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Röttingen (Landkreis Würzburg). Bei der Wahl am Sonntag wurde er mit fast 52 Prozent der Stimmen gewählt. Das Kuriose: Romstöcks Name stand gar nicht auf dem Stimmzettel.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Das Ergebnis war eine große Überraschung, vor allem für den Gewählten: Der neue Bürgermeister der 1.600-Einwohner-Stadt Röttingen im südlichen Landkreis Würzburg heißt Steffen Romstöck (Unabhängige Bürger Röttingen). Der 44-Jährige erhielt mit 51,9 Prozent die absolute Mehrheit der Wählerstimmen – und das, obwohl er noch nicht mal auf dem Stimmzettel stand: Die Wählerinnen und Wähler haben seinen Namen händisch auf den Wahlschein geschrieben.

Es ist eine herbe Niederlage für den bis dato einzigen offiziellen Kandidaten für das Bürgermeisteramt, den Uffenheimer Jürgen Boier (CSU). Romstöck übernimmt das Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters von Hermann Gabel, der Ende Juli aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig zurückgetreten war.

Gewählter rechnete mit "ein paar Stimmen"

"Ich war sehr überrascht. Ich bin davon ausgegangen, dass ich ein paar Stimmen bekomme - aber nicht die absolute Mehrheit", erklärte Romstöck auf BR-Anfrage. Der 44-Jährige Röttinger war in der Legislaturperiode 2014 bis 2020 dritter Bürgermeister seiner Heimatstadt und für die Unabhängigen Bürger im Stadtrat. Zudem arbeitet er seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Personalabteilung der Universität Würzburg und ist dort stellvertretender Leiter für das Professoren-Referat. Am Tag nach seiner Wahl klärte Romstöck die Übergabe seiner Aufgaben an der Universität.

Stadtrat wollte nur einen Kandidaten

Doch wie ist es zu dieser kuriosen Situation gekommen? Der zwölfköpfige Stadtrat, bestehend aus der Fraktion von CSU/Freien Bürgern und den Unabhängigen Bürgern Röttingen, hatte beschlossen, gemeinsam einen Kandidaten für die anstehende Wahl zu nominieren. Die Wahl wurde ausgeschrieben, der Stadtrat wählte zwei Bewerber aus, die wiederum bei einer Nominierungsversammlung am 22. Juli für die anwesenden Röttinger zur Wahl standen. Sieger der Nominierungsversammlung und somit Kandidat des Stadtrats wurde der Uffenheimer Jürgen Boier (CSU).

Unmut in der Bürgerschaft

Nach der Nominierung Boiers gab es unter einigen Bürgerinnen und Bürgern Unmut: Kritisiert wurde das Prozedere mit einer Nominierungsveranstaltung und dass nur ein Kandidat zur Wahl stehen sollte.

"Einige Menschen kamen auf mich zu und fragten: Was würdest du machen, wenn wir dich wählen?", so Romstöck gegenüber dem BR: "Ich sagte: Ich kann es niemanden verbieten, meinen Namen auf den Stimmzettel zu schreiben. Und wenn ich gewählt werde, werde ich auch nicht ablehnen." Mitglieder des Stadtrats hatten Romstöck schon vor der Nominierungsveranstaltung gefragt, ob er nicht kandidieren wolle. Er hatte damals abgelehnt. "Darum habe ich auch keinen Wahlkampf betrieben."

Handschriftlich eingetragen – und gewählt

Bei der Bürgermeisterwahl stand allein der Kandidat des Stadtrats, Jürgen Boier, auf dem Stimmzettel. Nach bayerischem Wahlrecht ist es jedoch möglich, jeden deutschen Staatsbürger, der mindestens 18 Jahre alt ist, auf dem Stimmzettel handschriftlich einzutragen und damit zu wählen.

Genau dies geschah am Wahlsonntag, den 15. September, in Röttingen: 771 Wahlberechtigte – etwa 61 Prozent – gaben ihre Stimme ab. Von ihnen machten 321 und damit gut 42 Prozent ihr Kreuz für den Stadtrats-Kandidaten Boier. 401 schrieben den Namen "Steffen Romstöck" handschriftlich auf ihren Stimmzettel: 51,9 Prozent und die absolute Mehrheit. Die restlichen Stimmen gingen an andere freie Kandidaten, deren Namen ebenfalls auf die Stimmzettel geschrieben wurden. Noch am Wahlabend kündigte Steffen Romstöck an, dass er die Wahl annehmen würde.

Unterlegener Kandidat Boier: "Wahl gegen äußere Umstände"

"Viele Röttinger haben mir versichert: Es war eine Wahl gegen die äußeren Umstände, nicht gegen meine Person", sagt Jürgen Boier. Der Unmut der Röttinger darüber, dass es nur einen Kandidaten auf dem Wahlzettel gab, habe zu einer Protestwahl geführt, vermutet er. Unter anderem in WhatsApp-Gruppen wurden Wahlanleitungen für Steffen Romstöck geteilt. Diese liegen dem BR vor.

Boier hätte sich gewünscht, dass Steffen Romstöck "mit offenen Karten gespielt hätte und ein fairer Wahlkampf möglich gewesen wäre". Auf die Ausschreibung im Staatsanzeiger hatte sich der nun gewählte Bürgermeister nicht beworben und er wurde auch nicht von einem Wählerbündnis nominiert.

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