Noch rollen die Baufahrzeuge auf den Wiesen zwischen Oberroth und Unterroth im Landkreis Neu-Ulm. Arbeiter montieren Photovoltaikmodule. Denn bald soll hier ein 50 Fußballfelder großer Solarpark ans Netz gehen und Energie für mehr als 13.000 Haushalte liefern. Er hat auch ein eigenes Umspannwerk, erklärt Martin Sommer vom Anlagenerrichter "Energiewerk": "Das brauchen wir aufgrund der Leistung des Solarparks. Die Netze können sie nicht aufnehmen, deshalb speisen wir direkt ins Hochspannungsnetz ein", so Sommer. Der Park wird einer der größten Bayerns sein. Dass er in dieser Dimension gebaut wurde, war nicht selbstverständlich.
Finanzsegen für die Gemeinde
Schon einmal sollte eine große Photovoltaikanlage an selber Stelle errichtet werden. Doch daraus wurde nichts, zunächst entstand nur ein kleiner Park. Doch jetzt freut sich die Gemeinde Oberroth bald über Pachteinnahmen und Gewerbesteuern. Zusätzlich kann sie mit einer Umlage für erneuerbare Energien rechnen, zehntausende Euro werden pro Jahr zusammenkommen. Das ist viel Geld für eine Gemeinde, die Bürgermeister Willibold Graf als "eher finanzschwach" bezeichnet. Er hat schon Pläne, was mit den Einnahmen passieren soll.
Bürgermeister wünscht sich neues Leben im Dorfzentrum
Willibold Graf geht ums Rathaus und deutet auf ein verfallenes Haus in Oberroth. Hier war einmal eine Bäckerei, jetzt blättert die Farbe von den Fensterläden, das Gebäude soll bald abgerissen werden. "Wir wollen eine neue Dorfmitte bauen, einen Laden mit Café und obendrauf Wohnungen", so Graf. Vor allem die Einkaufsmöglichkeit sei gerade für ältere Menschen wichtig, die oft nicht mehr mobil sind, sagt Graf.
Die Gemeinde Oberroth setzt das Projekt zusammen mit dem Nachbarort Unterroth um. Unterroths Bürgermeister Norbert Poppele erwartet rund 60.000 bis 70.000 Euro an Einnahmen pro Jahr.
Naturschützer und Bauern kritisieren Freiflächen-Photovoltaik
Allerdings sind nicht alle vom Solarpark begeistert. Der Bund Naturschutz würde die Photovoltaikmodule lieber auf Dächern von Supermärkten oder Industrieanlagen sehen. "Durch so eine große Anlage werden Biotope voneinander getrennt. Tiere können sich nicht mehr so bewegen, wie es ideal für sie wäre, was zu Artenschwund führt", so Bernd Kurus-Nägele. Der Bund Naturschutz hatte eigens eine Karte mit Flächen veröffentlicht, die nicht genutzt werden sollten.
Sensibel ist das Thema auch für den Bayerischen Bauernverband. Hier sorgt man sich um schwindende Ackerflächen. "Die Böden, die die Landwirte bewirtschaften, gehören ihnen oft nicht. Für die Freiflächenanlagen werden deutlich höhere Pachten bezahlt, weil es wirtschaftlich attraktiver ist. Man kann solche Pachten mit Zuckerrüben oder dem Anbau von Futter für die Tiere nicht erwirtschaften. Das ist eine Konkurrenzsituation", sagt Stephan Bissinger, Präsident des Bayerischen Bauernverbands in Schwaben.
Plan für den Landkreis Neu-Ulm: Schafe unter den Solarmodulen
Die Solarparkbetreiber wollen die Fläche zwischen den Modulen nicht ungenutzt lassen. "Wir haben Anfragen von regionalen Schäfern, die hier ihre Schafe gerne weiden lassen würden. Da sind wir offen", sagt Projektleiter Thomas Schultheiß. Er betont, die Anlage nicht auf fruchtbarem Ackerland, sondern auf ertragsschwachen feuchten Böden errichtet zu haben. "Pro Hektar kann man ungefähr das 40-fache an Energie erzeugen, die man mit Mais bekäme, wenn man den auf derselben Fläche anbauen und dann in einer Biogasanlage nutzen würde", sagt Schultheiß. Allerdings lasse sich mit Biogas gleichzeitig auch Wärme erzeugen.
Solarpark als Geldanlage
Über die Energiegenossenschaft Iller-Roth-Biber konnten Einwohner umliegender Ortschaften Anteile am Solarpark zeichnen. Wer sich beteiligen wollte, durfte bis zu 25.000 Euro anlegen. "Die Rendite hängt natürlich auch davon ab, ob die Genossenschaft für neue Projekte spart. Aber 4,5 bis 6 Prozent jedes Jahr sind drin," sagt Regionalmanager Andreas Probst. Knapp 300 Interessenten hätten bereits unterzeichnet und rund zwei Millionen Euro angelegt. Die Bürger mit ins Boot zu holen, dürfte einer der wesentlichen Schlüssel sein, wenn die Energiewende am Ende gelingen soll.
Im Audio: In Schwaben geht bald einer der größten Solarparks Bayerns ans Netz
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