Thorsten Glauber (Freie Wähler) will keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass er für den Klimaschutz brennt. "Ich bin völliger Überzeugungstäter", betont der bayerische Umweltminister im BR-Interview.
- Zum Artikel: "Abkehr von Klimaziel: Scharfe Kritik an Staatsregierung"
Obwohl Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Verschiebung von Bayerns Klimaziel angekündigt hat und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) es komplett infrage stellte, steht für Glauber fest: Beim Klimaschutz dürfe es "kein Nachlassen geben".
"Als Umweltminister ist man leidensfähig"
Dabei will Glauber auch die Auseinandersetzung mit seinem Regierungschef Söder und seinem Parteivorsitzenden Aiwanger nicht scheuen: "Wenn der Umweltminister keine Leidenschaft hat für die Themen, die ihm anvertraut sind – auch wenn der Wirtschaftsminister eine andere Haltung dazu hat oder der Ministerpräsident jetzt vor der Bundestagswahl die Dinge anders sieht –, dann wäre ich wirklich falsch am Platz."
Mit Blick auf die von Söder und Aiwanger angestoßene Debatte betont er: "Als bayerischer Umweltminister ist man leidensfähig."
Abkehr vom Klimaziel im November intern beschlossen
Im bayerischen Klimaschutzgesetz ist seit 2023 verankert, dass der Freistaat bis 2040 klimaneutral sein soll – und damit fünf Jahre schneller als der Bund. Dafür hatte sich noch 2022 besonders Ministerpräsident Söder stark gemacht. Vor gut zwei Monaten verständigte sich das Kabinett auf eine Abkehr von diesem ehrgeizigen Ziel, machte diesen internen Beschluss zunächst aber nicht publik.
Anfang des Jahres verkündete zunächst Aiwanger, das Kabinett habe das Ziel "kassiert". Vergangene Woche bestätigte Söder die Abkehr und kündigte an: Der Umweltminister werde einen Vorschlag für eine Verschiebung auf 2045 erarbeiten.
Glauber will mit Gesetzentwurf warten
Trotz dieser Ansage sieht Glauber keine Notwendigkeit, mit der Arbeit am Gesetzentwurf zu beginnen: Er halte es für wichtig, zunächst die Bundestagswahl und Regierungsbildung abzuwarten. Bayern müsse schauen, welche Ziele sich die neue Bundesregierung setze, auf welche Maßnahmen und Förderprogramme sie sich verständige. Daran müsse sich der Freistaat orientieren und das eigene Gesetz damit "synchronisieren".
In diesem Zusammenhang lässt Glauber erkennen, dass er Söders Vorstoß, schneller als der Bund sein zu wollen, skeptisch gesehen habe. Für 85 bis 90 Prozent der Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland sei die Bundesgesetzgebung zuständig, nur für 10 bis 15 Prozent Bayern.
Minister zweifelt an Rückkehr zur Atomkraft
Während Söder betont, die Klimaziele seien nur mit einer Rückkehr zur Atomkraft zu erreichen, will sich der Minister voll auf den Ausbau der erneuerbaren Energien konzentrieren. An eine Wiederinbetriebnahme des bayerischen Atomkraftwerks Isar II glaubt er nicht: Selbst wenn die technische Seite geklärt wäre, würde laut Glauber das hoch qualifizierte Fachpersonal fehlen, das für einen AKW-Betrieb nötig sei.
Zur CSU-Forderung, den Bau kleiner modularer Reaktoren zu prüfen, sagt der Freie-Wähler-Politiker: "Ich wünsche jedem bayerischen, jedem deutschen Abgeordneten in seinem Stimmkreis viel Freude, wenn er den Menschen die wunderschöne Nachricht überbringt, dass bei ihm ein kleines Kernkraftwerk vor der Haustür steht."
Glauber: Wirtschaft nicht gegen Klimaschutz ausspielen
Zugleich warnt der Minister davor, Wirtschaft und Klimaschutz gegeneinander auszuspielen. Er habe kein Verständnis dafür, wenn bei einem konjunkturellen Einbruch der Umweltschutz gleich "in die Klammer" genommen werde. Ohne gesunden Boden gebe es keine guten Nahrungsmittel. Der "maximale" Ausbau der erneuerbaren Energien sei auch im Interesse von Unternehmern – um den Strompreis zu senken.
Damit widerspricht Glauber seinem Parteichef: Aiwanger warnte wiederholt, der Klimaschutz dürfe nicht zu Lasten der Wirtschaft gehen. Man müsse die Ziele an die Realität anpassen, sonst "sind wir grün, aber tot".
Grüne erhöhen Druck: 12.000 Unterschriften
Die Grünen wollen derweil mit ihrer Petition "Rettet Bayerns Klimaziel!" Druck auf die Staatsregierung machen, am bisherigen Gesetz festzuhalten. Bis Dienstagvormittag zählte die Partei mehr als 12.000 Unterschriften.
Zudem macht die Grünen-Fraktion den Klimaschutz am heutigen Mittwoch mit einem Dringlichkeitsantrag zum Thema im Landtag. "Bayerns Klimaziele dürfen nicht einfach verschoben, sondern müssen jetzt konsequent verfolgt werden!", mahnt Fraktionschefin Katharina Schulze. Am Donnerstag soll dann Aiwanger im Wirtschafts- und Energieausschuss des Landtags Rede und Antwort zu den Klimazielen stehen.
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