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Abkehr von Klimaziel: Scharfe Kritik an Staatsregierung

Abkehr von Klimaziel: Scharfe Kritik an Staatsregierung

"Wahnsinn", "unverantwortlich", "fatal": Nach dem BR-Bericht über die Abkehr der Staatsregierung vom eigenen Klimaziel gibt es viel Kritik aus der Opposition und von Umweltverbänden. Differenzierter reagiert die bayerische Wirtschaft.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Allein schon über die Informationspolitik der Staatsregierung zeigt sich Bayerns Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze entsetzt. Es sei der "absolute Wahnsinn", dass Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) "ihr eigenes Klimaschutzziel klammheimlich beerdigt haben und dann nicht mal offensiv darüber sprechen", sagt sie dem BR.

SPD und Grüne üben Kritik an Entscheidung

Auch inhaltlich kritisiert Schulze die jetzt bekannt gewordene Einigung des Kabinetts. "Wir haben verheerende Hochwasser, wir haben Stürme, wir haben Starkwetterereignisse, und Markus Söder und Hubert Aiwanger beerdigen die Klimaschutzziele, anstatt dafür zu arbeiten, dass wir, unsere Kinder, unsere Enkelkinder hier in Bayern sicher leben können". Die Grünen wollen eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses mit Aiwanger zu dem Thema.

Einen Rückschlag für den Klimaschutz beklagt SPD-Energieexperte Florian von Brunn. Dem Ministerpräsidenten wirft er eine "Fähnchen-im-Wind-Politik" vor: "Zuerst wollte er möglichst viele Elektroautos, möglichst schnell aus der Atomkraft aussteigen und hat Bäume umarmt. Jetzt erzählt er das genaue Gegenteil."

Im Video: Schulze mit scharfer Kritik an Söder-Regierung

Die bayerische Staatsregierung kippt ihr Klimaziel. Katharina Schulze, Vorsitzende der Grünen im Landtag ist darüber empört.
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Die bayerische Staatsregierung kippt ihr Klimaziel. Katharina Schulze, Vorsitzende der Grünen im Landtag, ist darüber empört.

Abkehr vom Klimaziel schon im November intern beschlossen

Die Staatsregierung hatte sich schon im November auf die Abkehr vom eigenen ehrgeizigen Klimaziel geeinigt: Klimaneutralität erst 2045. Im erst vor gut zwei Jahren verabschiedeten Klimaschutzgesetz ist 2040 festgeschrieben. Söder hatte im November zwar betont, dass es ohne eine Rückkehr zur Kernenergie "keine Chance" gebe, die Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen: "mit Kernenergie 2040, ohne Kernenergie 2045 – hoffentlich".

Dass zu diesem Zeitpunkt im Kabinett aber bereits Einigkeit über eine Änderung des Ziels herrschte, sagte er nicht. In dem internen Beschluss, dessen Wortlaut dem BR vorliegt, heißt es, wegen der wirtschaftlichen Herausforderungen werde das Zieljahr für die Klimaneutralität Bayerns angepasst und analog zur Bundesebene auf das Jahr 2045 festgelegt.

Die Staatskanzlei will dies weder bestätigen noch dementieren: "Zu möglichen internen Beschlüssen äußert sich die Staatsregierung grundsätzlich nicht." Das Umweltministerium schreibt: "Eine Angleichung der bayerischen Klimaziele an die Ziele des Bundes ist perspektivisch möglich. Das ist entsprechend Konsens innerhalb der Staatsregierung." Bis zu einer Gesetzesänderung gilt allerdings noch 2040 als Zielmarke. Wann das Gesetz geändert werden könnte, ist noch offen.

Im Video: Wirtschaftsminister Aiwanger zur Abkehr vom Klimaziel

Wirtschaftsminister Aiwanger nimmt Stellung zu den von der Staatsregierung gekippten Klimazielen.
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Wirtschaftsminister Aiwanger nimmt Stellung zu den von der Staatsregierung gekippten Klimazielen.

AfD: Vom "grünen Klimawahn" abwenden

AfD-Umweltexperte Ingo Hahn betont auf BR-Anfrage, eine "Klimaneutralität" sei ein Hirngespinst der "verbohrtesten Ideologen". Der Klimawandel sei Realität, seit dieser Planet existiere. Ob Bayern nun 2045, 2040 oder wann auch immer "klimaneutral" sein solle, ändere rein gar nichts.

"Statt ‚Klimaneutralität‘ anzustreben, sollten wir zusehen, uns bestmöglich an den Klimawandel anzupassen", fordert Hahn. "Und die Staatsregierung täte gut daran, den Bayern reinen Wein einzuschenken, sich auch öffentlich vom grünen Klimawahn abzuwenden."

Scharfe Kritik von Umweltverbänden

Die Klimaexpertin von Greenpeace Bayern, Saskia Reinbeck, betont, das Klimaziel 2040 sei der zentrale Pfeiler einer verlässlichen Energie- und Wirtschaftspolitik in Bayern. Unternehmen wie Privatpersonen hätten sich daran mit ihren wirtschaftlichen Entscheidungen orientiert. Der Beschluss schaffe große Verunsicherung und klimapolitische Mutlosigkeit. "Bayerns Klimaziel nur zwei Jahre nach seinem Inkrafttreten wieder abschaffen zu wollen, ist angesichts der immer dramatischeren Beschleunigung der Erhitzung unseres Klimas absolut unverantwortlich."

Scharfe Kritik kommt auch vom Bund Naturschutz in Bayern. "Das ist ein fatales Zeichen", erklärt der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. Die Klimakrise mache keine Pause. "Bayern als eines der wirtschaftlich stärksten Bundesländer hätte hier ein gewichtiges Zeichen setzen und in die Zukunft investieren können."

Bayerische Wirtschaft: Unternehmen entlasten

Derweil mahnt der Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Wolfram Hatz, Unternehmen bräuchten für mehr Klimaschutz die richtigen Rahmenbedingungen und wirtschaftlichen Parameter.

"Solange man uns (...) triezt, uns Steine in den Weg legt und wir auch nicht investieren können und nicht wollen bei einer so unsicheren Politik, dann ist es zwangsläufig, dass Klimaziele verschoben werden." Hatz fügte hinzu: "Ich fände es richtig, sie beizubehalten, aber uns Unternehmen zu ermächtigen, das Notwendige dafür zu tun."

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