Archivbild: Windkraftanlagen sind am 31.12.2024 nahe der Stadt Hof (Bayern) zu sehen, während im Vordergrund eine Biogasanlage zu sehen ist.
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Bayerns Klimaziel im Kabinett schon vor Wochen gekippt

Bayerns Klimaziel im Kabinett schon vor Wochen gekippt

Bayerns Regierung hat schon im Herbst die Abkehr vom eigenen Klimaziel beschlossen: Klimaneutralität erst 2045 statt 2040. Ministerpräsident Söder hatte es öffentlich nur infrage gestellt. Die Staatskanzlei spricht von einem "internen Beschluss".

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Fünf Jahre schneller und besser als der Bund wollte Markus Söder (CSU) bei den Klimazielen sein. Bayerns Ministerpräsident hielt 2021 eigens eine Regierungserklärung dazu, warnte vor dramatischen Folgen des Klimawandels, der alle Generationen betreffe: "Wir alle brauchen einen Klimaruck!" Bayern wolle schon 2040 klimaneutral sein. Seit 2023 ist dieses Ziel gesetzlich verankert, nach der Landtagswahl bekräftigten CSU und Freie Wähler es im Koalitionsvertrag – trotz öffentlicher Zweifel von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler).

Vor knapp zwei Monaten zeigte sich nach Aiwanger dann auch Söder skeptisch. Ohne Rückkehr zur Atomkraft gebe es "keine Chance", das bayerische Klimaziel zu erreichen: "mit Kernenergie 2040, ohne Kernenergie 2045 – hoffentlich". Das zeigten alle Daten und Tabellen. Was CSU-Chef Söder im November nicht sagte: Das Kabinett hatte da bereits intern die Abkehr vom bayerischen Klimaziel beschlossen, wie der BR aus Koalitionskreisen erfuhr.

Staatskanzlei: Kein Kommentar zu "internen Beschlüssen"

Der Wortlaut des internen Beschlusses aus dem November liegt dem BR vor. Darin wird auf die wirtschaftlichen Herausforderungen und das Festhalten des Bundes am Atomkraft-Ausstieg verwiesen. Deswegen werde das Zieljahr für die Klimaneutralität Bayerns angepasst und analog zur Bundesebene auf das Jahr 2045 festgelegt. Ein klarer Beschluss, ohne Bedingungen und Hoffnungen.

Die Staatskanzlei hält sich auf Nachfrage bedeckt. Ein Sprecher verweist auf das geltende bayerische Klimagesetz, in dem das Ziel 2040 nach wie vor steht. Zugleich erinnert er aber an Söders Äußerung vom November, wonach das Ziel ohne eine Rückkehr zur Atomkraft nicht haltbar sei. Zu "internen Beschlüssen" äußere man sich grundsätzlich nicht.

Aiwanger: Klimaziel "haben wir kassiert"

Wirtschaftsminister Aiwanger dagegen sagte am Rande der Freie-Wähler-Winterklausur, im Sommer sei er noch aus der CSU kritisiert worden, weil er das Ziel infrage gestellt habe. Im Zuge der Haushaltsberatungen im Herbst "haben wir es dann kassiert". Die Regierung strebe nicht mehr 2040 an, sondern habe sich "jetzt auf das Bundesziel 2045 geeinigt".

Aiwanger kann sich auch vorstellen, ganz auf ein festes Klimaziel zu verzichten. Zwar wolle man nicht mehr CO2 ausstoßen als nötig. "Aber wenn wir sehen, dass ansonsten die Wirtschaft den Bach runtergeht, die Industrie eben nach USA verlagert, dann helfen uns die ganzen CO2-Ziele nichts, wenn das CO2 woanders ausgestoßen wird und wir arbeitslos sind." Man müsse stattdessen die Ziele an die Realität anpassen, "sonst lachen andere über uns und wir sind grün, aber tot".

Ministeriumssprecher: Änderung auf dem Weg

Aiwangers Äußerung hatte zunächst für Wirbel gesorgt, weil sie so klang, als sei das Klimagesetz schon geändert. Eine Gesetzesänderung müsste aber im Landtag beschlossen werden. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte auf BR-Anfrage, Aiwanger habe sich missverständlich ausgedrückt. Es gebe noch keine Gesetzesänderung, aber es sei etwas auf dem Weg.

Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl sagte dem BR, man sei sich in der Regierung einig, dass man das Ziel im Gesetz "vielleicht etwas softer fassen muss und man hier also den reellen Gegebenheiten entgegenkommen muss". Viele Unternehmen seien auf dem Weg zur Klimaneutralität, ob es in der gewünschten Geschwindigkeit funktioniere, werde sich zeigen. "Wenn nicht, dann muss man natürlich das Ziel korrigieren." Wann das Gesetz geändert werde, sei noch offen.

Glauber schweigt, Kritik der SPD

Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) will sich auf BR-Anfrage zu dem Thema vorerst nicht äußern. Sein Ministerium hatte aber im Herbst im Gegensatz zu Söder das bisherige Klimaziel bekräftigt: "Das Umweltministerium arbeitet an der Umsetzung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes." Glauber stehe für den schnellen und konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien.

Scharfe Kritik kommt vom SPD-Energieexperten im Landtag, Florian von Brunn. "Markus Söder und Hubert Aiwanger selbst haben die Klimapolitik in Bayern an die Wand gefahren und deswegen müssen sie die Klimaziele abräumen", sagt er dem BR. Das habe nichts mit dem Atomausstieg zu tun, sondern mit dem "Versagen" beim Ausbau von Windkraft, Stromleitungen und klimafreundlichem Verkehr. "Davon wollen sie ablenken."

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