Straßenschild mit umstrittenem Namensgeber
Bildrechte: BR/Margit Ringer
Audiobeitrag

Straßenumbenennung: Jetzt sollen die Bürger von Eslarn entscheiden

Audiobeitrag
>

Straßenumbenennung in Eslarn: Jetzt sollen Bürger entscheiden

Straßenumbenennung in Eslarn: Jetzt sollen Bürger entscheiden

Die Gemeinde Eslarn wird in einem Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob ein Missbrauchstäter Namensgeber für eine Straße sein darf. Der Marktrat stimmte mit zehn zu zwei Stimmen für ein Bürgerbegehren, das die Anwohner der Straße initiiert hatten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Der Marktrat von Eslarn im Oberpfälzer Landkreis Neustadt an der Waldnaab hat am Dienstagabend einen Bürgerentscheid zur Umbenennung einer Straße auf den Weg gebracht. Die Räte stimmten mit einer Mehrheit von zehn zu zwei Stimmen für ein Bürgerbegehren, das die Anwohner der Straße initiiert hatten. Nun sind im November alle Eslarner gefragt, über die Umbenennung der Straße abzustimmen.

  • Zum Artikel: Missbrauchstäter und Straßennamen – Diskussion um Umbenennungen

Namensgeber wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt

Der Namensgeber der Straße ist Georg Friedrich Zimmermann. Er war Priester, Diözesanmusikdirektor und hat in seinem Heimatort Eslarn einen Knabenchor gegründet und eine Musikschule aufgebaut. Zimmermann wurde 1969 vom Landgericht Weiden wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt und saß dafür 20 Monate in Haft. Dennoch wurde ihm in Kenntnis dieser Verurteilung im Jahr 1993 eine Straße in Eslarn gewidmet.

Anwohner fürchten Aufwand und Kosten

Im Mai hatte der Marktrat beschlossen, dass die Georg-Zimmermann-Straße einen neuen Namen bekommen soll. Die Anwohner der Straße wollen den Namen jedoch behalten und fordern stattdessen, zusätzlich einen QR-Code am Straßenschild anzubringen mit Informationen zu dem Theologen.

Sie fürchten großen organisatorischen und finanziellen Aufwand durch die Adressänderungen, wenn die Straße umbenannt werde. Ein QR-Code sei der "kleinste gemeinsame Nenner" für alle Beteiligten, so die Anwohner. Damit wären die Taten des Theologen nicht einfach ausradiert, sondern würden als Mahnmal erhalten bleiben.

Betroffenenbeirat: Kompromissvorschlag nicht akzeptabel

Josefa Schalk vom Betroffenenbeirat des Bistums Regensburg hingegen hält einen QR-Code als Zusatz am Straßenschild für "lebensfremd". Der Betroffenenbeirat hatte die Umbenennung ins Rollen gebracht. Dem Gremium und auch dem Bistum liegen Aussagen von drei Menschen vor, die von Georg Zimmermann missbraucht worden seien, und zwar nach Verbüßung seiner Haftstrafe.

Zimmermann war in den 1960er-Jahren Internatsleiter bei den Regensburger Domspatzen, unterrichtete nach seiner Haft in den 1970er-Jahren im bischöflichen Studienseminar in Weiden. Dort durfte er allerdings keinen Einzelunterricht mehr halten, musste täglich nach Hause nach Eslarn pendeln und durfte nicht im Seminar übernachten. Es sei erschütternd, dass sich Bewohner eines Marktes für einen verurteilten Kinderschänder einsetzen, sagt Schalk. "Wir reden von der Ehrung eines verurteilten Kinderschänders durch eine Straße", so die Sprecherin des Betroffenenbeirats.

Bildrechte: BR/Margit Ringer
Bildbeitrag

Der Eslarner Marktrat stimmt über das Bürgerbegehren zur Straßenumbenennung ab

Neue Vorwürfe erst nach Zimmermanns Tod

Die Anwohner verurteilen die Taten und jegliche Form von sexuellem Missbrauch deutlich im Gespräch mit dem BR. Allerdings äußern sie auch vorsichtige Zweifel an den Aussagen der Opfer und begründen ihr Bürgerbegehren damit, dass nach der Verbüßung der Haftstrafe keinerlei Anzeigen oder auch Ermittlungen mehr erfolgt seien. Die Opfer hätten sich erst weit nach dem Tod des Theologen im Jahr 1984 gemeldet. Eine juristische Aufarbeitung sei demnach nicht mehr möglich, so steht es im Bürgerbegehren. Der Fehler sei im Jahr 1993 passiert, so die Anwohner, als die Marktgemeinde den Pfarrer und Musiklehrer mit einer Straße ehrte, obwohl die Verurteilung aus dem Jahr 1969 bekannt war.

Abstimmung im November

Die Abstimmung im Marktrat erfolgte zügig. Bürgermeister Reiner Gäbl (SPD) kündigte an, dass im November der Bürgerentscheid dazu stattfinden wird. Dann sind die Wahlberechtigten der 2.700 Einwohner des Oberpfälzer Marktes aufgerufen, ihre Stimmen für oder gegen eine Umbenennung der Straße abzugeben.

Im Video: Straßenumbenennung in Eslarn - Jetzt sollen Bürger entscheiden

Straßenumbenennung in Eslarn: Jetzt sollen Bürger entscheiden
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2024
Videobeitrag

Straßenumbenennung in Eslarn: Jetzt sollen Bürger entscheiden

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!