Die Präsidentin des Sozialverbands VdK hat die Debatte um das Bürgergeld kritisiert. Diese sei insgesamt "sehr polemisch", sagte sie im Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen. Sie halte Rufe nach Kürzungen beim Bürgergeld für "wilde Forderungen". Benteles Argument: Die deutsche Verfassung garantiere Menschen ein Existenzrecht, weshalb weitere Kürzungen im Sozialstaat hinfällig seien.
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Verena Bentele kritisiert Union für Bürgergeld-Wahlkampf
Besonders ärgerte sich Bentele über den Wahlkampf der Union, der einen Kurswechsel für Deutschland sowie über das Bürgergeld hinaus eine "ganz große Reform" fordert. "Wer Sozialleistungen erhält und arbeiten kann, der kann nicht erwarten, dass das Leute für ihn bezahlen, die jeden Tag arbeiten gehen", hatte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gesagt.
Laut Bentele, die auch SPD-Mitglied ist, sei die Zahl der Menschen, die sich auf Sozialleistungen ausruhen, jedoch verschwindend gering: "Man geht circa von 15.000 Personen aus im Bürgergeld, die nicht arbeiten wollen, die Komplettverweigerer sind."
Wer auf Bürgergeld angewiesen ist
Am Sonntags-Stammtisch merkte Bentele außerdem an, dass viele Menschen existenziell auf das Bürgergeld angewiesen seien. Beispielsweise Kinder, Rentner oder Menschen, die sich in Umschulungen oder Qualifizierungen befänden. Für Bürgergeld-Kritiker seien solche Fakten jedoch weniger attraktiv als Forderungen nach Kürzungen beim Sozialstaat.
Wichtig sei laut Bentele etwas anderes: "Wenn man eine gute Sozial- und Wirtschaftspolitik machen will, muss man jetzt in die Transformation des Arbeitsmarkts investieren." Laut der VdK-Präsidentin würden sich dabei besonders Ausgaben in Umschulungen und Qualifizierungen lohnen, um nicht noch mehr Stellen zu verlieren.
Leutheusser-Schnarrenberger gegen Kürzung des Bürgergelds
Auch die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger positionierte sich in der Sendung gegen Kürzungen des Bürgergelds. Von pauschalen Bewertungen über Menschen, die sich in der Hängematte ausruhen, halte die FDP-Politikerin "nichts". "Eine Abschaffung, oder zu sagen: 'Wir wollen das nicht', das geht überhaupt nicht", so Leutheusser-Schnarrenberger weiter. Es gehe eher darum, das bestehende Gesetz weiterzuentwickeln und nach möglichen Fehlanreizen zu suchen.
"Das ist eine Debatte, die muss man sachlich führen"
Pauschale Forderungen nach Kürzungen seien auch deshalb falsch, weil es im Januar aufgrund der gesunkenen Inflationsrate ohnehin keine weitere Bürgergeld-Erhöhung gebe. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ärgerte sich dabei vor allem über populistische Pauschal-Aussagen.
Sie schlug vor, spezifischer zu diskutieren, zum Beispiel über bessere Arbeits-Anreize. Die FDP-Politikerin sagte: "Das ist eine Debatte, die muss man sachlich führen. Aber nicht mit dem Zugang: 'Jetzt schaff ich das Bürgergeld ab oder kürze da mal 10 Milliarden.'"
Kritik an SPD und Ampel-Aus
Sowohl Verena Bentele als auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kritisierten am Sonntags-Stammtisch allerdings auch die SPD. Bei der Debatte um Boris Pistorius und Olaf Scholz sei es zu viel um Personen, zu wenig um Inhalte gegangen, so Bentele. "Die ungerechte Vermögensverteilung, die Renten-Fragen, das Thema Pflege, Bildung, Kinderbetreuung. Wir haben in Deutschland genug Aufgaben", sagte die VdK-Präsidentin.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger übte dagegen Kritik am Verhalten der Beteiligten beim Aus der Ampel. "Wenn da drei Frauen gewesen wären, die hätten, glaube ich, länger versucht, was hinzukriegen", so Leutheusser-Schnarrenberger. Ähnliche Kritik hatte Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende formuliert. Auf dem Cover des SPIEGEL hatte Merkel das Ampel-Aus mit dem Ausruf "Männer!" kommentiert.
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