Es war Mord. Das machte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer im Prozess um die Gewalttat bei Schloss Neuschwanstein klar. Sie beantragte deshalb eine lebenslange Haftstrafe für den 31 Jahre alten Angeklagten. Dieser Forderung schlossen sich auch die Anwälte der Nebenklage an, die die Eltern der getöteten 21-jährigen Frau und das überlebende Opfer vertreten. Die Eltern der 21-Jährigen waren heute zum ersten Mal beim Prozess anwesend. Die 22-Jährige, die überlebt hat, wandte sich in einem Brief an den Angeklagten und das Gericht.
Staatsanwalt fordert lebenslange Haft
Die Taten seien massiv und machten sprachlos, betonte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Es seien mehrere Mordmerkmale erfüllt. So habe der Angeklagte den Angriff auf die 21-Jährige heimtückisch von hinten gestartet und die beiden Frauen gezielt vom Wanderweg weggelockt. Es sei beim Angeklagten keine wirkliche Reue zu erkennen. Das Geständnis zu Beginn des Prozesses sei aus rein taktischen Gründen erfolgt, erklärte der Staatsanwalt weiter. Der Angeklagte sei bei seinen Taten geplant und koordiniert vorgegangen, das betreffe insbesondere die Fotos und Videos, die er dabei gemacht habe. Die Staatsanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass der Angeklagte die 21-jährige Frau ermordet hat, in Tateinheit mit einer Vergewaltigung mit Todesfolge. Beim überlebenden Opfer geht der Staatsanwalt von versuchtem Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aus. Er sieht auch eine besondere Schwere der Schuld gegeben und beantragte die vorbehaltliche Sicherungsverwahrung.
Geständnis ohne Wert
Die Anwälte der Nebenklage, die jeweils die Eltern der Getöteten und das überlebende Opfer vertreten, schlossen sich der Forderung nach einer lebenslangen Haftstrafe mit Sicherungsverwahrung an. Der Anwalt der Eltern bezeichnete in seinem Plädoyer das Geständnis des Angeklagten zu Beginn des Prozesses als wertlos. "Sie haben nur das eingeräumt, was zwingend einzuräumen war", betonte er. Beim Plädoyer der Nebenklage weinten die Eltern, der Angeklagte zeigte auch hier keine Regung. Die Anwältin des überlebenden Opfers betonte in ihrem Plädoyer, dass sie sich den Forderungen der Staatsanwaltschaft anschließe und erklärte, dass ihre Mandantin bis heute massiv unter den Folgen der Attacke leide. Das gehe auch aus ihrem Brief, der heute vor Gericht verlesen wurde, hervor.
Verteidigung rechnet mit Verurteilung wegen Mordes
Auch die Verteidigung geht von einer Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Haft aus. Sie sieht aber im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft nur ein Mordmerkmal als erwiesen an. Der Angeklagte habe zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs getötet, aber nicht aus Heimtücke. Auch das Mordmerkmal der Ermöglichungsabsicht sieht die Verteidigung nicht. Dafür müsste die Tat zielgerichtet sein, um eine weitere Tat zu ermöglichen, beispielsweise bei Raubmord. Beim überlebenden Opfer sieht die Verteidigung in ihrem Plädoyer keinen Tötungsvorsatz, da für einen Laien nicht eindeutig feststellbar sei, wie gefährlich der Hang ist.
Die Verteidigung sieht im Fall der 21-jährigen Getöteten am Ende einen vollendeten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Nach Ansicht der Anwälte des Angeklagten liegen wegen der fehlenden weiteren Mordmerkmale aber keine besondere Schwere der Schuld vor und auch keine Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung.
Das letzte Wort hatte der Angeklagte. Mit leiser Stimme sagte er, er sei sehr traurig, über das, was passiert sei. Er wisse, dass er noch nichts zu den Eltern gesagt habe. Explizit für seine Tat entschuldigte er sich allerdings nicht.
Überlebende richtet Bitte ans Gericht
Bevor die Staatsanwaltschaft ihr Plädoyer begonnen hatte, wurde dem Angeklagten ein Brief des zweiten Opfers, das die Tat überlebt hat, übergeben. Der Angeklagte las ihn, für das Gericht und das Publikum wurde er von einem Dolmetscher übersetzt. Beim Lesen des Briefs, der die Folgen der Attacke für sie beschreibt, kämpfte der Angeklagte mit den Tränen, die Eltern der getöteten jungen Frau weinten. In dem Brief geht es um die verlorene Zukunft und die Freundschaft der beiden Frauen. Die 22-Jährige schrieb, sie sei seit einigen Monaten in Therapie, aber die Angst sei manchmal unerträglich und es sei sehr schwer, sich um seine Zukunft zu kümmern, wenn man erfahren habe, wie schnell das Leben vorbei sein könne. Sie richtete in ihrem Brief auch eine Bitte an das Gericht. Es solle berücksichtigen, welchen Schmerz der Angeklagte nicht nur ihr und ihrer getöteten Freundin, sondern auch ihren Eltern, ihrer Familie, ihren Freunden und ihrem Umfeld zugefügt habe. Die Richter sollten auch dafür sorgen, dass er das nie wieder tun könne.
Eltern der Getöteten im Gerichtssaal
Zum ersten Mal waren die Eltern der getöteten 21-jährigen US-Amerikanerin beim Prozess anwesend. Sie waren beide ganz in schwarz gekleidet, trugen schwarze FFP-2 Masken, die sie bei Prozessbeginn abnahmen und begrüßten die Staatsanwaltschaft und die Vertreter der Nebenklage mit Handschlag. Für sie war ein eigener Übersetzer da. Rund 40 Zuschauer und Zuschauerinnen verfolgten den Prozess. Der Angeklagte - in Handschellen - hielt sich beim Betreten des Gerichtssaals wie an den anderen Prozesstagen einen roten Schnellhefter vors Gesicht, die Eltern der getöteten 21-Jährigen verfolgten ihn aufmerksam auf dem Weg zu seinem Platz. Die Mutter der Getöteten sah ihn die ganze Zeit mit Tränen in den Augen an. Bis zum Prozessbeginn drehte er ihnen den Rücken zu.
Das Urteil in dem Prozess soll nächsten Montag (11.3.) um 11 Uhr fallen.
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