Am Nachmittag des 3. Juni kommt das Wasser in den kleinen Ort Lindach bei Manching. Während vielerorts das Wasser schon zurückgeht, muss Lindach in kürzester Zeit evakuiert werden. Ein Damm war gebrochen. Das Wasser kommt rasend schnell. "Alle riefen, dass wir raus müssen und da stand ich schon knietief im Wasser", erzählt Anwohnerin Karin Tuschhoff.
Rentnerin verliert ihr Haus durch Hochwasserschäden
Seit diesem Vorfall ist die 82-Jährige ohne Zuhause. In ihr Haus, in dem sie fast 60 Jahre lebte, kann und will sie nicht mehr zurück. Zu groß sind die Schäden: "Alles ist kaputt. Waschmaschine, Spülmaschine, Wohnzimmer... Einfach alles." Zudem sind die Öltanks ausgelaufen.
Gasthof nimmt Rentnerin und ihrem Sohn auf
Die Rentnerin ist übergangsweise in einem Gasthof in Manching untergekommen – glücklicherweise kostenlos. Bei ihr lebt ihr Sohn, der seit einem Unfall in den 1980er Jahren eine Behinderung hat. Eine schwierige Situation für Mutter und Kind. Wie es ihrem Sohn geht, kann die 82-Jährige nur erahnen: "Er sagt ja nichts..." erzählt sie unter Tränen. Die vergangenen Jahre waren schwer für sie. Vor wenigen Jahren starb eine ihrer Töchter, dann ihr Mann und nun das Hochwasser.
Wohnungssuche ohne Erfolg - Familie Tuschhoff ist verzweifelt
Seit Wochen ist die 82-Jährige nun verzweifelt auf der Suche nach einer neuen Wohnung. Von ihrer Tochter Monika bekommt sie Unterstützung, denn auch um das Haus muss man sich noch kümmern. Monika Tuschhoff startet einen Hilferuf, als sie nach Tagen wieder in die Häuser zurückkonnten: "Die Hilfe war riesig. Alle haben mit angepackt. Innerhalb von Stunden haben wir das Haus leer geräumt."
Die Suche nach einer neuen Wohnung hingegen gestaltet sich schwieriger. Tochter Monika ist ratlos: "Wir haben auch schon Handzettel verteilt, wo wir die Situation beschrieben haben, aber nichts" , erzählt sie und weiß nicht mehr weiter. Eine drei-Zimmer-Wohnung wäre ideal. Außerdem soll die Wohnung im Erdgeschoss sein. Denn ihr Bruder, der eine Behinderung hat, hat Probleme mit dem Treppensteigen. Doch der Wohnungsmarkt in der Region Ingolstadt ist eng.
Kein Zuhause mehr: Wie viele Familien sind betroffen?
Wie viele Menschen wegen der Hochwasserschäden noch nicht in ihren Wohnungen zurückkehren konnten, ist unklar. Verlässliche Zahlen haben die betroffenen Gemeinden nicht erfasst. "Wir gehen davon aus, dass vereinzelte Wohnungen im Bereich Reichertshofen wegen momentaner Renovierungsarbeiten vorübergehend nicht bewohnt werden", teilt die Verwaltungsgemeinschaft Reichertshofen mit. Diese Bewohner seien wohl vorübergehend bei Verwandten oder Bekannten untergekommen.
Bayernweit rund 17 Millionen Hilfsgelder ausbezahlt
Die Hochwasserkatastrophe Anfang Juni hat ganz Bayern schwer getroffen: Schwaben, das nördliche Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz. Überall stehen viele Menschen vor großen Schäden. Laut bayerischem Finanzministerium hat man mittlerweile mehr als 17 Millionen Euro an Hilfsgelder an Betroffene ausbezahlt. Bisher seien bayernweit rund 9.500 Soforthilfeanträge von Privathaushalten und rund 191 Anträge auf Zuwendungen aus dem Härtefonds eingegangen.
Auch Familie Tuschhoff hofft noch auf finanzielle Hilfe. Die Anträge sind gestellt. Aber die größte Hoffnung: "Eine eigene Wohnung", meint Karin Tuschhoff unter Tränen. "Im Umkreis von 10 km. Vielleicht mit einer kleinen Terrasse, einem kleinen Garten, wo sie ihre Blümchen aufstellen kann. Muss nicht groß sein…", schließt Tochter Monika an und legt den Arm um ihre Mutter.
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