Auf Augenhöhe sind sie, zumindest körperlich. Markus Söder und Friedrich Merz sind fast gleich groß. Die beiden Parteichefs stehen hinter einem Glastisch, der von den weißen Buchstaben U-N-I-O-N getragen wird. Gemeinsam präsentieren sie im Berliner Telegraphenamt das Unions-Wahlprogramm für die Bundestagswahl.
Wahlprogramme früher eine "zähe G'schicht"
"Also früher waren Wahlprogramme mit der CDU echt ne zähe G'schicht", erinnert sich Söder. Heute soll das offenbar nicht mehr so sein. Harmonie allenthalben, sogar beim Schreiben des Programms? Vor drei Tagen hatte Söder versprochen, das Unions-Wahlprogramm werde "stark die Handschrift der CSU" tragen.
Keine CSU-Handschrift bei der Mütterrente
Markus Söder hatte beim CSU-Parteitag am Samstag in München noch betont, wie wichtig für seine Partei die Mütterrente sei. Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben, erhalten derzeit einen halben Prozentpunkt weniger für die Erziehungszeit auf dem Rentenkonto gutgeschrieben als jüngere Mütter, die drei Punkte bekommen. Ein Kind, das, wie Söder sagt, "ich glaub’, 1992" geboren sei, dürfe aber nicht weniger wert sein.
Um diesen halben Rentenpunkt hat die CSU bereits vor der Wahl 2021 gekämpft. Doch die Ausweitung der Mütterrente kam damals mit Kanzlerkandidat Armin Laschet ebenso wenig ins gemeinsame Unions-Wahlprogramm wie jetzt unter Kanzlerkandidat und CDU-Chef Friedrich Merz.
Generalsekretär Huber: viel CSU im Unionsprogramm
CSU-Generalsekretär Martin Huber übermittelte BR24 eine lange Liste an Punkten, die im Unions-Wahlprogramm klar als CSU-Handschrift erkennbar seien. So nennt Huber die Abschaffung des Bürgergelds für Geflüchtete aus der Ukraine, die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags und die Erhöhung der Pendlerpauschale.
CSU-Forderungen nahezu wortgleich von der CDU
Gerade diese Forderungen aber hat die CDU ebenso längst aufgestellt. So sagte CDU-Friedrich Merz bereits im Januar dieses Jahres, er halte das Bürgergeld für Ukrainer für "einen Fehler". Und bereits im Jahr 2019 hatte der damalige Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) betont, die Union halte daran fest, "den Soli für alle Steuerzahler abzuschaffen". Die Erhöhung der Pendlerpauschale ist eine immer wieder kehrende Forderung von CSU wie CDU, meistens aus Flächenländern wie Niedersachsen oder Sachsen.
Pendlerpauschale 2021 nicht im gemeinsamen Programm
Im gemeinsamen Wahlprogramm 2021 stand eine Erhöhung der Pendlerpauschale allerdings nicht. Nur im Extra-Programm der CSU war vor drei Jahren von einer "dynamischen Pendlerpauschale" zu lesen. Als im vergangenen Jahr die Bundes-SPD eine Erhöhung der Pendlerpauschale ins Spiel brachte, sprach Thorsten Frei (CDU), der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, aber bereits von einer "guten Idee".
Skepsis oder Ablehnung den Grünen gegenüber?
Wie fast immer in den vergangenen Wochen, stellt CDU-Chef Merz auch diesmal bei der Frage nach einer möglichen Zusammenarbeit mit den Grünen klar, dass "die demokratischen Parteien der politischen Mitte miteinander kooperationsfähig bleiben müssen". Dies sehe auch Söder so, schiebt Merz hinterher, während der Angesprochene sich zu einem Nicken durchringt. Eine klare Absage an eine Koalition mit den Grünen kommt von Söder an diesem Tag nicht. Als Merz betont, Söder und er seien sich einig in dieser Frage, kommt von Söder nur: "Ja, ja, super."
Weitere Hintergrund- und Service-Artikel zur Bundestagswahl 2025
- Zum Artikel: Wie sich Bayern auf die Neuwahl vorbereitet
- Zum Artikel: Neues Wahlrecht: So funktioniert die Bundestagswahl 2025
- Zum Überblick: Erst- und Zweitstimme – so wählen Sie richtig
- Zum FAQ: Briefwahl zur Bundestagswahl - so geht's
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.