Es ist ein schwarz-grünes Parteitags-Fernduell: Kurz nachdem CSU-Chef Markus Söder in München den Grünen jede Kompetenz abgesprochen hat, folgt aus dem oberfränkischen Hirschaid der Gegenangriff der Grünen. "Ich habe einfach total Lust, der Polemik der CSU unsere guten Lösungen entgegenzustellen", ruft Ex-Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter den rund 300 Delegierten zu.
Söder habe sich kürzlich beschwert, dass die Bahn unpünktlich geworden sei – ohne zu erwähnen, dass die CSU zwölf Jahre lang den Bundesverkehrsminister gestellt hat. "Deshalb lasst uns alle gemeinsam dafür sorgen, dass die Grünen im nächsten Bundestag so stark sind, dass die CSU nie mehr gezwungen ist, den Bundesverkehrsminister zu stellen. Denn sie kann es nicht!"
Schäfer und Hofreiter Spitzenduo für Bundestagswahl
Hofreiter führt die bayerischen Grünen zusammen mit Landesgruppenchefin Jamila Schäfer in den Bundestagswahlkampf. Die 31-jährige Münchnerin, die bei der Wahl 2021 als erste Grüne in Bayern ein Direktmandat geholt hat, wird auf Platz eins der bayerischen Liste gewählt, Hofreiter auf Platz zwei. Beide erhalten – ohne Gegenkandidaten – fast 90 Prozent der Delegiertenstimmen.
Erstmals seit 2002 und sechs Spitzenkandidaturen in Folge verzichtete Claudia Roth auf eine Bewerbung um Listenplatz eins, um den Weg für Schäfer und einen Generationenwechsel freizumachen. Roth kandidiert nun auf Platz drei.
Schäfer: Union wird Verantwortung nicht gerecht
Schäfer wirft CDU und CSU vor, schon unmittelbar nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad Abschiebungen von Syrern gefordert zu haben – "noch während Luftschläge stattfinden und Kämpfe, bei denen geflüchtete Syrerinnen und Syrer in Deutschland um ihre Angehörigen bangen". Wer so Politik mache, werde seiner Verantwortung nicht gerecht.
Auch Roth beklagt: Schon zwei Stunden nach dem Sturz von Assad habe es die Forderung gegeben, die Syrer sollten jetzt Deutschland verlassen. "Was für eine abgrundtiefe Unmenschlichkeit!" So verkomme der Begriff "christlich" im Parteinamen endgültig zum Etikettenschwindel.
Roth: Söders Kniefall in Warschau der "absolute Tiefpunkt"
Mit scharfen Worten kritisiert Roth den "Brandbeschleuniger Markus Söder mit seiner pathologischen Hetze gegen uns Grüne". Der "absolute Tiefpunkt" sei Söders Kniefall in dieser Woche vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos gewesen. "Das hat das Andenken an den großen Staatsmann Willy Brandt nicht verdient." Brandt habe mit seiner Geste den Weg für die Aussöhnung mit Polen geebnet und Verantwortung für die Verbrechen im Nationalsozialismus übernommen. "Bei Söder verkommt eine solche große historische Geste zu einem Social-Media-Funfact, den er zwischen dem Mampfen von Bratwürsten mal kurz absolviert. Hanswurst statt Staatsmann."
Schäfer zeigt sich nach ihrer Wahl im BR-Interview überzeugt, dass sich Hofreiter und sie gut ergänzen. Hofreiter sei schon sehr lange dabei, sie erst eine Legislaturperiode. Trotzdem habe sie schon einige Erfahrungen gemacht: "Nämlich, dass man auch bei schwierigen Mehrheitsverhältnissen mit einem klaren moralischen Kompass und einer pragmatischen Prioritätensetzung einiges erreichen kann."
Landeschefin Lettenbauer: Der CSU fehlen Lösungen
Zum Start des Parteitags hatte auch Landeschefin Eva Lettenbauer die CSU scharf kritisiert. Die Christsozialen hätten jahrzehntelang zu viel versäumt: "Die Schultoiletten sind marode, wir haben zu wenig billigen Strom aus Windkraft, Brücken zerbröckeln in Deutschland, auf dem Land fährt immer noch kein Bus. So viele Versäumnisse." Der CSU fehlen laut Lettenbauer aktuell die richtigen Lösungen. Die Grünen wollten "hart anpacken".
Im Video: Bayerns Grüne stimmen sich auf Bundestagswahl ein
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