Die Spannung bei den "Wahlpartys" der Gegner und Befürworter der Stadt-Umland-Bahn, eins der größten Straßenbahn-Projekte Deutschlands, war riesig. Das Interesse in der Erlanger Stadtgesellschaft war so groß, dass die Ergebnisseite im Internet immer wieder abstürzte. Die Server waren überlastet. Am Ende dann das knappe Ergebnis: 52,4 Prozent der Wähler stimmten für die Stadt-Umland-Bahn, 47,6 Prozent dagegen.
Emotionaler Wahlkampf reißt Gräben auf
Nicht nur das Wahlergebnis zeigt, dass die Erlanger Stadtgesellschaft im Punkt Stadt-Umland-Bahn gespalten ist, auch im Wahlkampf ging es emotional zu – mitunter auch rau. Der Verein "Heimat ERhalten", der sich gegen die Stadt-Umland-Bahn aussprach, berichtet von zerstörten Plakaten und Anfeindungen in den sozialen Netzwerken. Auch in einer Mitteilung der Erlanger CSU zum Ausgang des Bürgerentscheids heißt es: "Der Wahlkampf [...] hat in der Stadtgesellschaft auch Gräben aufgeworfen, die es nun wieder zu schließen gilt."
Erlanger CSU will nicht mehr querschießen
Die Erlanger CSU will nun "keinen Sand mehr ins Getriebe streuen", kündigte Erlangens Bürgermeister Jörg Volleth an, der sich zuvor klar gegen das Projekt positioniert hatte. Die Erlanger CSU hatte mit ihrer Haltung auch einen Riss innerhalb der CSU verursacht, denn Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, wie auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sprachen sich für die Stadt-Umland-Bahn aus. "Das Ergebnis zur Stadt-Umland-Bahn macht Freude. Das ist für die mittelfränkische Region sehr gut", so Markus Söder.
Kritische Begleitung des Mega-Projektes
Ein kritischer Blick auf das Projekt ist aber weiter erlaubt. Auch Innenminister Herrmann betont: "An den Planungen muss noch ein bisschen geschliffen werden." Zum Beispiel, um unnötige Behinderungen des Straßenverkehrs zu verhindern, so der Innenminister. Die Planungen müssen so sein, dass sie zu möglichst viel Zustimmung bei der Bürgerschaft führen. "Sonst haben wir in den nächsten Jahren eine ständige Auseinandersetzung und davon profitiert niemand", sagt Herrmann.
Im kommenden Jahr werden die Planungen an die Regierung von Mittelfranken übergeben. Dann gibt es auch für Bürger erneut die Möglichkeit, Einwände und Bedenken zu äußern. Gibt die Regierung von Mittelfranken grünes Licht, können ab 2028 die Bauarbeiten beginnen und die ersten Straßenbahnen auf einem ersten Abschnitt ab 2031 fahren.
Erleichterung über Entscheidung außerhalb Erlangens
Obwohl das Projekt auch Nürnberg und Herzogenaurach betrifft, waren nur die Erlanger Bürger aufgefordert, über die Stadt-Umland-Bahn abzustimmen. Die Freude über das Ergebnis ist in den Rathäusern in Nürnberg und Herzogenaurach groß: "Jetzt kommt die Bahn, drei Städte werden verbunden. Ich bin so erleichtert", sagt der erste Bürgermeister von Herzogenaurach, German Hacker (SPD). Herzogenaurach ist bislang nicht ans Schienennetz angeschlossen. Und Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) fügt hinzu: "Das ist ein bedeutender Schritt für die Mobilitätswende unserer Region. Danke aus Nürnberg an die Erlanger Bürgerinnen und Bürger."
Die Stadt-Umland-Bahn soll auf einer Strecke von 26 Kilometern die drei Städte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach klimafreundlich verbinden. Geplant ist ein Zehn-Minuten-Takt bei den Straßenbahnen. Geschätzte Kosten: mehr als 700 Millionen Euro. 90 Prozent der förderfähigen Kosten übernehmen Bund und Freistaat.
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