Bei der Europawahl wird in Deutschland die Union klar stärkste Kraft. Das geht aus dem vorläufigen Endergebnis hervor, das die Bundeswahlleitung am frühen Morgen bekanntgab. Demnach kommen CDU und CSU zusammen auf 30 Prozent - ein leichtes Plus im Vergleich zu 2019. Zweitstärkste Kraft wird die AfD mit knapp 16 Prozent, gefolgt von der SPD mit knapp 14 Prozent. Die Grünen stürzen von mehr als 20 auf knapp 12 Prozent ab.
Die FDP liegt mit 5,2 Prozent auf dem Niveau von 2019. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) schafft bei seinem ersten Wahlantritt aus dem Stand heraus 6,2 Prozent. Die Linke bricht auf 2,7 Prozent ein. Auch die Parteien Freie Wähler, Volt, Die Partei, ÖDP, Tierschutzpartei und Familienpartei errangen Mandate.
Merz: Guter Tag für die Union
CDU-Chef Friedrich Merz sprach von einem "guten Tag für die Union", die mit dieser Europawahl "wieder zurück und zwar mit großem Abstand auf Platz eins" unter den deutschen Parteien sei. Für die Ampel-Parteien sei die Wahl ein "Desaster". "Dieses Ergebnis muss der Bundesregierung jetzt wirklich zu denken geben." Der CSU-Vorsitzende Markus Söder sagte, die Ampel sei "de facto von den Bürgerinnen und Bürgern abgewählt worden".
Als bittere Niederlage wertete SPD-Chef Lars Klingbeil das Ergebnis seiner Partei. Das SPD-Präsidium werde die Gründe für die Verluste aufarbeiten. Die Co-Parteivorsitzende sagte, die "bitterste Pille" sei das gute Abschneiden der AfD. Enttäuscht zeigte sich auch der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour. "Das ist kein Ergebnis, mit dem wir zufrieden sind", sagte er im ZDF. "Unser Anspruch ist ein anderer." FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sieht ein "sehr gutes Ergebnis" für die Liberalen. Die FDP habe ihr Ergebnis von 2019 "fast gehalten".
Weidel: Wähler europakritischer geworden
Sehr zufrieden zeigte sich im Ersten der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla: Seine Partei liege vor allen Ampel-Parteien und sei "wahrscheinlich stärkste Kraft im Osten". Mehr Rückenwind für die Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern im Herbst gebe es nicht. Die Co-Vorsitzende Alice Weidel führte den Erfolg darauf zurück, dass die Wähler "insgesamt europakritischer geworden" seien.
Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht lobte das Abschneiden ihrer Partei im Ersten als "grandios".
Regierungsparteien tun sich bei Europawahlen schwer
Regierungsparteien tun sich laut dem Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap bei Wahlen zum Europäischen Parlament traditionell schwer, nicht nur in Deutschland. Bei der Europawahl 2019 hatten die damaligen Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD historische Tiefstände hinnehmen müssen.
CDU und CSU kamen damals zusammen auf 28,9 Prozent, die SPD auf 15,8 Prozent. Die Grünen wurden mit 20,5 Prozent erstmals bei einer bundesweiten Wahl zweitstärkste Kraft. Die AfD erreichte 11 Prozent. Die Linke lag mit 5,5 Prozent knapp vor der FDP (5,4 Prozent). Alle anderen Parteien erhielten zusammen 12,9 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 61,4 Prozent.
Keine Fünf-Prozent-Hürde
Anders als bei Landtags- und Bundestagswahlen gibt es bei der Europawahl in Deutschland auch dieses Mal keine Fünf-Prozent-Hürde oder eine andere Sperrklausel. Somit haben auch kleine Parteien die Chance, einen oder mehrere Abgeordnete nach Straßburg und Brüssel zu schicken.
Bei der Wahl vor fünf Jahren zogen gleich 14 Parteien aus Deutschland ins EU-Parlament ein. Schon 0,7 Prozent der Stimmen reichten damals für einen Sitz. Deutschland stellt 96 der insgesamt 720 Europaparlamentarier – mehr als jeden Achten.
Mehr als 60 Millionen Deutsche wahlberechtigt
Etwa 60,9 Millionen Deutsche waren zur Europawahl aufgerufen, unter ihnen erstmals bei einer bundesweiten Wahl auch rund 1,4 Millionen 16- und 17-Jährige. Insgesamt standen 34 Parteien auf den Wahlzetteln.
Video: Reaktionen auf die Europawahl
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