Im Nationalpark Berchtesgaden läuft seit 2021 ein bis dato einzigartiges Forschungsprojekt zur Artenvielfalt und den Folgen des Klimawandels: Gemeinsam mit der TU München hat die Nationalparkverwaltung bis Ende 2023 ein Langzeit-Monitoring zur Biodiversität im Alpenraum durchgeführt. Nun müssen die Forschenden erfassen, welche Tier- und Pflanzenarten an ausgewählten Stellen im Nationalpark vorkommen – zum Beispiel im Wald, auf Almen, aber auch in der Höhe oder im Tal.
Nicht nur die Ornithologen hören zu, sondern auch die KI
In 200 verschiedenen Lebensräumen wurden Insektenfallen, Wildtierkameras und Rekorder aufgestellt beziehungsweise aufgehängt. Das Ziel: Die Wissenschaftler wollen verstehen, wie sich der Klimawandel auf Flora und Fauna auswirkt.
Die Bestandsaufnahme der 20 installierten Audiorekorder ist vor allem eines: zeitaufwendig. Da die unterschiedlichsten Vögel ab dem Frühsommer wild durcheinander zwitschern, zirpen und tirilieren, wurden nicht nur Ornithologen für die Vogelbestimmung beschäftigt. Die Forscher der TU setzten erstmals zusätzlich auf Künstliche Intelligenz (KI).
Für den Biologen Tobias Richter bringt die Unterstützung des Menschen durch KI große Vorteile. Die eingesetzten Ornithologen erkannten auf den Aufnahmen rund 90 unterschiedliche Vogelarten, die im Nationalpark Berchtesgaden vorkommen, die KI rund 120. Es gibt auch eine große Zeitersparnis: Die insgesamt 22.000 aufgenommenen Minuten mit den verschiedensten Vogelstimmen wurden von der KI auf einem Hochleistungsrechner in nur wenigen Tagen ausgewertet. Dadurch wird für die Biologen ein umfangreicherer Einblick in die Vogelwelt möglich.
Seltene Vögel im Nationalpark vorhanden
Noch sind die am Projekt beteiligten Forscher der TU München mit den Auswertungen, Analysen und Bewertungen der "Inventur" im Nationalpark Berchtesgaden beschäftigt. Überraschungen bei den Vögeln gab es bisher keine: Alle identifizierten Arten sind hier schon länger heimisch. Manche sind jedoch selten oder besonders, wie der Weißrückenspecht, der in Deutschland nur in den Alpen oder im Bayerischen Wald vorkommt, der Raufußkauz oder der Zwergschnäpper.
Pillenkäfer und Bandfüßler entdeckt
Bei der Bestandsaufnahme gab es dennoch Überraschungen: So wurde ein verschollen geglaubter Bandfüßler oder Tausendfüßler entdeckt und zum allerersten Mal konnten zwei Arten von Pillenkäfern nachgewiesen werden: der "Simplocaria acuminata" und der "Curimopsis carniolica". Die kleinen Käfer, die sich wie eine Pille zusammenrollen können, sind vermutlich "Grenzgänger", denn in Österreich sind sie bekannt und auch verbreitet.
Lebensräume durch wärmere Temperaturen bedroht?
Die Forschung im Nationalpark Berchtesgaden soll auch einen ersten Einblick geben, ob sich Tiere und Pflanzen auf ein sich veränderndes Klima einstellen. Dadurch, dass es bisher keine vergleichbare Studie gibt, lässt sich das nicht wissenschaftlich belegen. Tobias Richter glaubt aber, dass die Arten durch ihre natürliche Entwicklung steigende Temperaturen gut abpuffern können. Weitere Ergebnisse der umfangreichen Klimafolgen-Forschung sollen baldmöglichst veröffentlicht werden.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!