Immer mehr Menschen begeistern sich für die Berge. Und erkennen inzwischen auch die Gefahren, die mit dem Klimawandel im Gebirge auftauchen. Die Alpen sind am stärksten vom Klimawandel betroffen. Einer der besten Orte, um zu begreifen, was im Gebirge vor sich geht, liegt oberhalb von Garmisch-Partenkirchen, auf der Zugspitze. Ein Stollen führt ins Innere des Zugspitzgipfels, hinein in den Permafrost. Dort, wo der Fels dauerhaft gefroren ist.
Wenn der Permafrost auftaut, können Felsen ins Tal stürzen
Hier oben beobachtet der Geologe Michael Krautblatter, wie sich der Permafrost durch die milden Temperaturen allmählich zurückzieht. Wenn der eisige Kitt im Gestein schmilzt, öffnen sich Spalten und Risse im Fels, die zu Bergstürzen führen. Mit dramatischen Konsequenzen für Bewohner und Touristen. Wie zum Beispiel im August 2017 in Bondo im Schweizerischen Bergell. Dort brachen am Piz Cengalo über drei Millionen Kubikmeter Fels ab. Acht Wanderer kamen ums Leben, die Einwohner von Bondo waren traumatisiert.
Verwüstete Wege am Berg und Trockenheit auf Hütten
Auch im Bergwald am Untersberg in Berchtesgaden zeigen sich die Folgen der extremen Wetterlagen. Bei einem heftigen Wintereinbruch Anfang September vergangenen Jahres knickten die belaubten Bäume wie Streichhölzer unter den nassen Schneemassen um. Obwohl der Alpenverein engagierte Leute hat, die ehrenamtlich den Weg freiräumen, dauert es Monate, bis die Wanderwege wieder begehbar sind.
Wanderer müssen sich künftig auf solche Situationen einstellen, sagt die Sektionsvorsitzende des DAV-Berchtesgaden, Gabi Schieder-Moderegger: "Man muss sich am Berg mit diesen Bedingungen abfinden." Auf den Deutschen Alpenverein mit 30.000 Kilometer Wanderwegen komme eine enorme Aufgabe zu. Denn Unwetter und heftige Regenfälle nehmen seit Jahren zu und verwüsten Wege zu Berghütten und auf Gipfel.
Wassermangel auf vielen Hütten
Ein weiteres Thema für die Hüttenwirte ist der Wassermangel. Das Stöhrhaus am Untersberg in den Berchtesgadener Alpen hat seit Jahren damit zu kämpfen, denn es ist vom Regenwasser abhängig. Das wird in einer Zisterne gesammelt, aber immer wieder war es in den trockenen Sommern der vergangenen Jahre zu wenig. 350.000 Euro investiert der Alpenverein jetzt in Trockentoiletten, um den Wasserverbrauch zu senken.
Das Stöhrhaus ist nur ein Beispiel: Im Alpenraum gibt es pro Jahr rund zwei Millionen Übernachtungen auf Hütten, von denen viele vor ähnlichen Herausforderungen stehen.
Wasser ist die wichtigste Ressource der Alpen
Als Trinkwasser und Lebensquell für die Natur, für die Stromerzeugung, als touristische Attraktion und Sportelement, als Wildwasser oder zum Canyoning - besonders drastisch zeigt sich der Kampf ums Wasser auf einer der größten Baustellen Europas in Kühtai, südlich von Innsbruck.
Hier entsteht ein neues Pumpspeicher-Großkraftwerk. In einem bisher unberührten Bergtal wird ein neuer Stausee gebaut. Aus Quellen und Bergbächen soll Wasser aus bis zu 25 Kilometer Entfernung durch die Berge geleitet werden. Das Problem: "Die Gebirgsflüsse verlieren ihren ökologischen und touristischen Wert", sagt Kajaklehrerin Marieke Vogt. "Gesunde Flüsse haben Platz, sie haben eine Abflussdynamik, die nicht von künstlichen Faktoren wie einem Kraftwerk abhängt."
Ausgeklügelte naturnahe Bewässerungssysteme
Im Südtiroler Vinschgau haben die Menschen seit Jahrhunderten ihre Landschaft mit ausgeklügelten Bewässerungssystemen bewirtschaftet. Auch der Bergbauernhof von Alpinist Simon Messner in Juval hängt an sogenannten Waalen - das ist ein System von Wasserkanälen. "Diese Waale entstanden, um überhaupt hier leben zu können", erklärt Simon Messner.
Simon Messner zeigt auf seinem Bergbauernhof, wie nachhaltige Landwirtschaft und Tourismus Hand in Hand gehen können: durch gezielte Anpassung an die natürlichen Gegebenheiten und die Nutzung des alten Wissens der Vorfahren.
Nationalpark Berchtesgaden: Alpentourismus der Zukunft
Der Nationalpark Berchtesgaden steht für den Alpentourismus der Zukunft: Rangerinnen führen jährlich über 300 Schulklassen aus ganz Deutschland durch die Bergwelt. Die Kinder lernen hier, was in der alpinen Wildnis geschieht. So entsteht eine Verbundenheit zu den Tieren und zur Natur.
Der Nationalpark, der mit 1,6 Millionen Besuchern zu den beliebtesten Reisezielen in Deutschland gehört, bildet zugleich den Kern der von der UNESCO ausgezeichneten Biosphärenregion Berchtesgadener Land. Der sanfte Tourismus, regionale Wirtschaft und nachhaltige Lebensmittelproduktion sollen hier in einem intakten Naturraum zusammen funktionieren.
Die Alpen stehen vor großen Herausforderungen, doch es gibt Wege, den Tourismus nachhaltig zu gestalten. Nur durch Anpassung und kreative Lösungen lässt sich die Zukunft des Alpentourismus sichern.
Mehr zum Thema in der Dokumentation "Felix Neureuther · Alpentourismus in Gefahr" in der ARD Mediathek". Und am Montag, 24. März 2025 um 20.15 Uhr in der ARD:
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