Karte der "Allianz gegen Rechtsextremismus" in der Metropolregion Nürnberg.
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Urteil: Nürnberg muss Allianz gegen Rechtsextremismus verlassen

Urteil: Nürnberg muss Allianz gegen Rechtsextremismus verlassen

Die Stadt Nürnberg muss aus der Allianz gegen Rechtsextremismus austreten – das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden. Die AfD hatte geklagt, weil die Allianz immer wieder die Partei in den Fokus ihrer Kampagnen nimmt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die Stadt Nürnberg muss aus der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg austreten. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden und damit einer Klage des AfD-Kreisverbands Nürnberg/Schwabach recht gegeben. Die Partei fühlte sich von der Allianz, die seit ihrer Gründung im Jahr 2009 gegen Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit kämpft, an den Pranger gestellt.

Urteil: Verstoß gegen Neutralität

In dem Urteil des BayVGH heißt es, die Stadt verstoße durch ihre Mitgliedschaft gegen ihre Pflicht zur parteipolitischen Neutralität. In der mündlichen Verhandlung am 13. November habe das Gericht festgestellt, dass "eine kommunale Öffentlichkeitsarbeit, die sich explizit gegen eine nicht verbotene Partei wende, (...) gegen das im Grundgesetz garantierte Recht der Parteien auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb" verstoße, schreibt der BayVGH in einer Mitteilung.

Die Stadt Nürnberg hat nun die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Revision beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Diese könnte sich erledigen, wenn die Kommune den Empfehlungen des BayVGH folgt: Laut Mitteilung hatte der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung angedeutet, dass die Stadt einen Vereinsaustritt vermeiden kann, wenn die Allianz gegen Rechtsextremismus künftig auf explizite Äußerungen zur AfD verzichtet.

Allianz nimmt Urteil mit Sorge zur Kenntnis

Die Allianz gegen Rechtsextremismus hat fast 500 Mitglieder. Zu ihnen zählen nach eigenen Angaben insgesamt 165 Städte, Gemeinden und Landkreise sowie 322 zivilgesellschaftliche Organisationen und Institutionen. Der AfD-Kreisverband Nürnberg/Schwabach und Mitglieder der AfD-Fraktion im Nürnberger Stadtrat hatten gegen die Mitgliedschaft der Stadt geklagt – weil die Allianz unzulässigerweise parteipolitische Zwecke verfolge und sich dabei auf die AfD fokussiere. Der Vorsitzende Richter hatte schon vor dem Urteil angekündigt, dass es "nicht ganz fernliegend" sei, dass man dem Antrag der Kläger stattgebe, die Stadt zum Austritt zu verpflichten.

Nach der Urteilsverkündung äußert sich die Allianz in einem Statement sorgenvoll. Die Mitglieder lebten und verteidigten "die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres politischen Systems, und damit unser Grundgesetz", sagt Vorsitzender Stephan Doll. Er sehe die Stadt in der Pflicht, für diese Werte einzutreten. Daran ändere auch das Neutralitätsgebot nichts. Weiter sagt Doll: "Für die Allianz stellt sich die Frage, wie wehrhaft unsere Demokratie ist, wenn eine Kommune nicht für diese demokratischen Werte eintreten könnte und in einem Bündnis mit fast 500 Mitgliedern, das demokratiefeindliche Organisationen auch benennt, Mitglied sein kann." Doll fordert die "demokratischen Fraktionen im Nürnberger Stadtrat" dazu auf, Revision einzulegen. In der ersten Instanz hatte das Gericht den Antrag der AfD zurückgewiesen.

Stadt Nürnberg tritt erst einmal nicht aus

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gegen die Stadt Nürnberg ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat eine mögliche Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. "Darum ändert sich für die Kommunen, die bei uns Mitglied sind, bis auf Weiteres nichts", sagt Doll. Die Stadt Nürnberg erklärt am Montag nach der Urteilsverkündung: "Ein sofortiger Austritt der Stadt Nürnberg aus der Allianz gegen Rechtsextremismus muss daher nicht vollzogen werden." Erst einmal wolle man die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Danach hat die Stadt vier Wochen Zeit, um Revision einzulegen.

AfD begrüßt Urteil

Die AfD begrüße das Urteil grundsätzlich, sagt Roland Hübscher, Fraktionsvorsitzender der AfD im Stadtrat Nürnberg. Vor Gericht gezogen sei die AfD, weil die Mitglieder "das Neutralitätsgebot sehr stark verletzt sehen, da sich dieser Verein in erster Linie gegen unsere Partei positioniert hat". Kritik übt er zudem daran, "dass in jüngster Zeit ein falscher Tenor in der Öffentlichkeit entstanden ist." Grundsätzlich habe die AfD nichts gegen "zivilgesellschaftliche Organisationen wie diesen Verein", die Extremismus bekämpfen.

Kritik: "Kein gutes Signal für Demokratie und Arbeit vor Ort"

Im Vorfeld hatten auch Vertreter von CSU, SPD und der Linken davor gewarnt, der AfD recht zu geben. Der CSU-Vorsitzende im Nürnberger Stadtrat, Andreas Krieglstein, sagte: "Die AfD hat in Nürnberg bislang keinerlei konkrete Ideen eingebracht, wie wir die Stadtgesellschaft zusammenhalten und weiterentwickeln können."

Auch SPD-Chef Nasser Ahmed erklärt am Montag: "Urteile sind zu respektieren, auch dann, wenn ich sie – wie hier – für inhaltlich vollkommen verfehlt halte." Er sei "entsetzt und schockiert". Zwar sei die staatliche Neutralitätspflicht ein hohes Gut, sie dürfe aber nicht vor sachlicher Kritik schützen. In Fragen von Demokratie und Menschenrechten "kann es keine Neutralität geben". Die Nürnberger SPD werde sich deshalb für eine Revision einsetzen.

Dafür plädiert auch die Partei "Die Linke" in Nürnberg. Gerade jetzt sei eine starke Allianz gegen Rechtsextremismus wichtig. Sie setze sich "naturgemäß kritisch mit der größten rechtsradikalen Organisation, also der AfD" auseinander, sagte Linken-Stadtrat Titus Schüller. Dass die Stadt Nürnberg aus ihrem Selbstverständnis als Stadt des Friedens und der Menschenrechte unterstütze, sei nur folgerichtig.

Andere Kommunen warten ab

Nach dem Urteil sehen andere Kommunen wie Bayreuth oder München bisher keinen Grund, auf das Urteil zu reagieren. Auch der Bayerische Städtetag will erst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, bevor er sich dazu äußert. Ein Sprecher des kommunalen Spitzenverbandes sagte jedoch: "Für den Bayerischen Städtetag gibt es derzeit keinen Anlass, seine Mitglieder zu einem Austritt aus dieser wertvollen Allianz aufzufordern."

Zum Nachhören: Nürnberg muss aus Allianz gegen rechts austreten

Ein Metallschild mit der Aufschrift "Bayerischer Verwaltungsgerichtshof" hängt an der Fassade des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Peter Kneffel
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

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