"Nicht schweigen, sondern aufstehen, nicht spalten, sondern vereinen." Imam Benjamin Idriz spricht mit lauter Stimme. Die Moschee in Penzberg ist gut gefüllt zum Freitagsgebet. Anfangs habe Idriz überlegt zu schweigen, als er von der Flugblattaktion erfuhr. Doch nichts zu sagen bei so einem Angriff auf die islamische Gemeinde, habe sich nicht richtig angefühlt, sagt er im Gespräch mit BR24. Er wendet sich gegen die Hetze, die sich gegen Muslime im Ort richtet.
Flugblattaktion mit islamfeindlichen Botschaften
Auf Flyern, die bei zahlreichen Penzberger Haushalten im Briefkasten landeten, stehen Parolen wie "Wir stellen uns quer!" oder "Nein zur Moschee in meiner Stadt!" Die Flugblätter sind gezielt gegen Islam und Muslime gerichtet. Verteilt hat sie "Der Dritte Weg". Die Partei ist als verfassungsfeindlich eingestuft und steht unter Beobachtung.
Die Aktion ziele darauf ab, Misstrauen und Ängste in der Bevölkerung zu schüren, so Imam Idriz. Er spricht von einem Angriff auf die Grundwerte der Demokratie.
CSU-Bürgermeister lobt 100-Nationen-Stadt Penzberg
Dass die rechte Hetze gerade einen Ort wie Penzberg trifft, sei pure Absicht, so Idriz. Das gute Zusammenleben der verschiedensten Nationen sei anscheinend einigen ein Dorn im Auge.
Auch Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) verurteilt die Flugblattaktion aufs Schärfste. Penzberg verdanke seine Entstehung dem Zuzug vieler auswärtiger Arbeiter während der Zeit des Kohlebergbaus. Mit Etablierung des Pharmakonzerns Roche sei es erneut zu einem starken Zuzug gekommen, der bis heute anhalte. Derzeit leben fast 100 Nationen in Penzberg. Die Flugblattaktion sei "abstoßend und absolut antidemokratisch – und passt von daher nicht nach Penzberg, nicht einen Millimeter", so Korpan entschieden.
Auch Pfarrer und Integrationsbeauftragter beim Freitagsgebet
Das Freitagsgebet nahmen Bürger aus Penzberg Anlass, um zu zeigen: Sie stehen hinter der islamischen Gemeinde. Zusammen mit Bürgermeister Korpan und dem katholischen Pfarrer Bernhard Holz kamen sie in die Moschee und bekundeten ihre Unterstützung.
Auch der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Karl Straub (CSU), war als Zeichen der Solidarität anwesend. Straub betonte, Menschen islamischen Glaubens würden fest zu Bayern gehören, und darum sei er heute "hier bei Freunden". Straub und Idriz stehen schon seit längerem in engem Austausch. Beide lobten die gute Zusammenarbeit.
Islamische Gemeinde Penzberg gilt als Leuchtturm
Die islamische Gemeinde Penzberg besteht seit 1994. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sie 2019 besucht und als eine der islamischen Vorzeigegemeinden Deutschlands gepriesen. Hier funktioniere die Stadtgesellschaft nicht im Nebeneinander, sondern im guten Miteinander.
Auch der Bayerische Staatsschutz bestätigt auf BR24 Nachfrage: "Die Islamische Gemeinde Penzberg e.V. ist aktuell kein Beobachtungsobjekt des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz und wurde letztmalig im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 genannt."
Kundgebung am Samstag: "Penzberg bleibt bunt"
Die Kleinstpartei "Der Dritte Weg" ist von Verfassungsschützern als rechtsextremistisch eingestuft. Laut einem Staatsschutzmitarbeiter der Kripo Weilheim, kam es bislang zu keinen relevanten Straftaten. Auch der Inhalt der Flugblätter begründe kein strafrelevantes Handeln, heißt es auf Nachfrage bei der Polizei. Unabhängig von der Flugblatt-Aktion ist am Samstag eine Kundgebung samt Demonstrationszug geplant. Das Motto: "Stadt der 100 Nationen. Penzberg bleibt bunt".
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