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Immer wieder starten Personen Online-Petitionen zu lokalen Themen. Doch wie zielführend ist das?

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Petitionen mit lokalen Anliegen: Klick zum Erfolg vor Ort?

Petitionen mit lokalen Anliegen: Klick zum Erfolg vor Ort?

Einem Schullandheim droht die Schließung, die geplante Konzerthalle wird seit Jahren nicht gebaut: Immer wieder werden Online-Petitionen zu lokalen Streitthemen gestartet. Doch wie zielführend ist das?

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

In einem Jahr könnte Schluss sein. Der Würzburger Boulderhalle "Rock Inn" droht die Schließung. Die Betreiber befinden sich in einem Streit mit einem Investor, der die Halle kürzlich gekauft hat. Der neue Vermieter hat das Mietverhältnis gekündigt, berichten die Geschäftsführer der Halle. Eigentlich gingen sie davon aus, noch mehrere Jahre am derzeitigen Standort bleiben zu können.

In ihrer Verzweiflung haben die Betreiber eine Online-Petition gestartet. Mehr als 30.000 Menschen haben inzwischen unterzeichnet. Sie wollen erreichen, dass in der Halle weiterhin geklettert werden darf.

Kunden wollen helfen, Betreiber starten Petition

"Viele haben uns ihre Hilfe angeboten", sagt Andreas Schmitt, einer der Geschäftsführer der Boulderhalle. Nachdem sie den Streit mit ihrem neuen Vermieter öffentlich gemacht hatten, seien viele Kunden auf sie zugekommen – mit dem Wunsch, die Betreiber zu unterstützen.

Daraus sei die Idee zu der Petition entstanden. Schnell meldeten sich auch Kommunalpolitiker bei den Geschäftsführern der Halle. "Wir glauben, dass die Petition da eine sehr große Rolle gespielt hat", sagt Andreas Schmitt.

Andreas Schmitt und Thomas Meyer in der Boulderhalle "Rock Inn" in Würzburg
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Andreas Schmitt (l.) und Thomas Meyer wollen verhindern, dass ihre Boulderhalle schließen muss. Deshalb haben sie eine Online-Petition gestartet.

"Change.org" beobachtet Zuwachs bei lokalen Petitionen

Petitionen wie die für den Erhalt der Boulderhalle gibt es viele. Beim Petitionsportal "Change.org" beispielsweise gingen im vergangenen Jahr um die 18.000 Petitionen ein – allein in Deutschland. Davon beschäftigten sich nach Angaben von "Change.org" knapp 5.000 Petitionen mit lokalen Anliegen.

Tatsächlich bemerken die Betreiber der Seite zuletzt einen Zuwachs derartiger, lokaler Petitionen. Noch 2022 seien es lediglich 1.300 Petitionen gewesen, die sich mit lokalen Themen beschäftigten. Philippa Zorn, Leiterin des deutschen Teams von "Change.org", vermutet: "Die Entwicklung könnte darauf hinweisen, dass sich Menschen generell stärker mit den Problemen in ihrer unmittelbaren Umgebung auseinandersetzen."

Einsatz für Themen vor Ort

Eine Zunahme lokaler Anliegen beobachtet "OpenPetition", ein weiteres bekanntes Petitionsportal, hingegen nicht. Aber die Betreiber schreiben: "Auf OpenPetition sind lokale Anliegen schon immer am stärksten vertreten gewesen."

Ähnliches schreibt "Campact". Die Nichtregierungsorganisation betreibt die Petitionsplattform "WeAct". Der Verein schreibt: "Die lokalen Petitionen kommen dann, wenn ein Thema Menschen vor Ort wichtig ist." Zum Beispiel habe es Anfang des Jahres infolge der großen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus mehr als hundert lokale Petitionen bei "WeAct" gegeben: Sie forderten beispielsweise Parteien dazu auf, kommunal nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten.

Plattformen unterstützen Initiatoren von Petitionen

Was auffällt: Immer wieder gelingt es mithilfe von Online-Petitionen, für lokale Anliegen erstaunlich viel Aufmerksamkeit zu generieren. Bei der Petitionsplattform "Innn.it" läuft derzeit eine Petition zum Erhalt eines Tierheims im hessischen Gelnhausen. Mehr als 50.000 Menschen haben unterzeichnet. Das sind mehr als doppelt so viele, wie in dem Ort leben.

Auch die Boulderhalle in Würzburg hat nach Angaben ihrer Betreiber weniger regelmäßige Besucher als Unterstützer bei der Petition. Andreas Schmitt erklärt sich das unter anderem damit, dass die Boulder- und Kletterszene eng vernetzt ist. Die Halle werde von vielen sozialen Trägern genutzt.

Gleichzeitig versuchen Plattformen wie "Change.org" Petitionen zu "streuen". Sie nutzen zum Beispiel Mailverteiler, die sich gezielt an Nutzer der Plattform richten, die aus einer bestimmten Region stammen. Die Plattform "Innn.it" berichtet, dass sie die Initiatoren von Petitionen auch regional bei der Pressearbeit unterstützt.

Streit um Boulderhalle bislang nicht gelöst

Offen ist, ob die Petition im Fall der Würzburger Boulderhalle zu einer Einigung behilft. Der Fall hat lokal viel Aufmerksamkeit erregt. Stadträte und auch Landtagsabgeordnete meldeten sich bei den Betreibern. Doch der neue Vermieter fühlt sich falsch dargestellt.

Von seinem Anwalt heißt es: Die Petition habe die Fronten verhärtet. Es habe unter anderem beleidigende Kommentare gegeben. Bei der Petition handele es sich um eine "ausschließlich auf Emotionen zielende" Aktion. Anstelle der Boulderhalle beabsichtige der Vermieter derzeit eine Werkstatt zu errichten.

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