Das Erzbistum München und Freising sammelt nun alle Pfarrarchive zentral in einem Archivdepot. (Symbolbild)(Symbolbild)
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Das Erzbistum München und Freising sammelt nun alle Pfarrarchive zentral in einem Archivdepot. (Symbolbild)

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Pfarrarchive: Hier wird Ortsgeschichte lebendig

Pfarrarchive: Hier wird Ortsgeschichte lebendig

Hochwasser, Obsternten, Kirchenbau und Dienstboten: Darüber berichtet das rund 300 Jahre alte Fürholzener Salbuch - lebendige Geschichte. Nun sammelt das Erzbistum München und Freising alle Pfarrarchive zentral in einem Archivdepot.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Glauben Zweifeln Leben am .

Dokumente, Bilder, Urkunden, Kalender: Im Pfarrarchiv einer Kirchengemeinde finden sich oft jahrhundertealte Schriftstücke, die vor Ort aufbewahrt werden. Das Erzbistum München und Freising führt diese Schätze nun in seinem Archiv- und Bibliotheksdepot zusammen und macht sie so einer breiteren Öffentlichkeit und der Forschung zugänglich. 250 Pfarrarchive sind bereits zusammengeführt. 500 weitere fehlen noch.

Pfarrarchiv: Geht nicht nur um religiöses Leben

Wer sich für bayerische und regionale Geschichte interessiert, wird an den Pfarrarchiven der Kirchengemeinden nicht vorbeikommen. In Fürholzen bei Freising beispielsweise findet sich ein sogenanntes "Salbuch". Auf 800 Seiten hat Pfarrer Johann Jakob Pämer vor rund 300 Jahren alles aufgeschrieben, was ihm wichtig erschien: "Dieses neue Pfarrgottshaus zu Fürholzen habe ich Johann Jakob Pämer Pfarrer 1723 mühsam erbaut, dazu hat mir Hochwürden mehrere Gulden und Kreutzer in Bar geschenkt", schreibt er über die Kirche.

Im Salbuch geht es aber nicht nur um religiöse Angelegenheiten, sondern auch um Dienstboten und den örtlichen Obstanbau. "Der Pfarrer braucht einen Gärtner, weil man will ja Rettich, Fisolen und so Zutaten haben und die Obstbäume gut versorgt und geputzt haben", hat der Pfarrer aufgeschrieben.

Pfarrer war oft der Einzige, der lesen und schreiben konnte

Das Salbuch von Fürholzen ist eine einzigartige historische Quelle aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, freut sich Roland Götz vom Archiv des Erzbistums München und Freising. "Die Pfarrer gehörten zu den wenigen, die früher flüssig lesen und schreiben konnten, und so sind sie oft zu den Chronisten ihrer Orte geworden", sagt Götz.

Damit Dokumente wie das Salbuch aus Fürholzen nicht zerstört, sondern gut erhalten bleiben und auch der Forschung und einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, trägt das Erzbistum München und Freising die Archive der einzelnen Pfarreien jetzt in einem zentralen Depot zusammen, katalogisiert und ordnet sie. Rund 250 Archive, in Schachteln verpackt, in großen Lagerhallen gekühlt und sicher verwahrt sind bereits angekommen.

Archivstücke reichen teilweise bis ins Mittelalter

Die Zusammenführung der Pfarrarchive sei ein wichtiger Beitrag zur Bewahrung schriftlichen Kulturguts und von hoher gesamtgesellschaftlicher Bedeutung, so das Erzbistum München und Freising. Die Pfarrarchive geben einen Einblick in eine längst vergangene Zeit und reichen teilweise sogar bis ins Mittelalter zurück. Das älteste Dokument stammt aus dem 12. Jahrhundert.

Das Pfarrarchiv nun in professionellen Händen

Dass die wertvollen Unterlagen nun nicht mehr vor Ort in seiner Kirchengemeinde lagern, ist für den Fürholzener Pfarrer Andreas Wollbold eine Erleichterung: "Das Pfarrarchiv ist jetzt in professionellen Händen, das können wir gar nicht gewährleisten und drum sind wir froh, dass es jetzt so ist." Er selbst hat das Salbuch, das einer seiner Vorgänger verfasst hat, schon gelesen und war gefesselt: "Das ist gerade auch für die lokale Bevölkerung spannend, da sind Namen genannt und das heißt, das sind von dem einen oder anderen die Vorfahren."

Salbuch wurde bereits in heutige Sprache transkribiert

Auch die Nachwuchshistorikerin Lisa Kellerer ist auf das Salbuch im Pfarrarchiv aufmerksam geworden und hat es für ihre Masterarbeit transkribiert und sozusagen in unser heutiges Deutsch übersetzt. Besonders beeindruckt haben sie die Passagen über Naturkatastrophen. "Das Salbuch berichtet über ein Hochwasser um 1720. Ein schlimmes Hochwasser, das die Felder überschwemmt und bei dem fast alle Tiere und Stallknechte des Pfarrers ertrunken sind. Dann habe er ein Gebet an den heiligen Nepomuk gesprochen und gesagt, dass er einen jährlichen Kreuzgang machen würde. In diesem Moment haben die Regenfälle aufgehört", berichtet Kellerer aus dem Buch.

Das Archiv- und Bibliotheksdepot der Erzdiözese München und Freising steht allen Interessierten offen. Dies ist nach Voranmeldung im Lesesaal des zentralen Archivs kostenlos möglich. Viele Quellen wie das Salbuch aus Fürholzen sind außerdem bereits digitalisiert und können auch zuhause gelesen werden (externer Link).

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