Das Landgericht München I hat das heimliche Abhören von Gesprächen zwischen Journalisten und Pressesprechern der "Letzten Generation" für rechtmäßig erklärt. Gleichzeitig betonte das Gericht laut der Organisation Reporter ohne Grenzen, die Aktion sei ein tiefgreifender Eingriff in die Pressefreiheit.
Fünf Beschwerden von Journalisten abgewiesen
Der als Pressekontakt der Klimaaktivisten deklarierte Anschluss habe einer Beschuldigten gehört, gegen die im Zuge des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt werde, argumentierte das Gericht. Ohne eine Telefonüberwachung wären die Ermittlungen "wesentlich erschwert worden". Der Schritt sei letztlich verhältnismäßig gewesen.
Das Gericht wies deshalb laut einem Sprecher fünf Beschwerden von Journalisten gegen entsprechende Beschlüsse des Amtsgerichts München ab. Die Abhöraktion habe sich "nicht direkt gegen Medienvertreter gerichtet". Zudem sei der abgehörte Anschluss nicht nur für Telefonate mit Journalisten genutzt worden.
"Journalistische Arbeit braucht vertrauliche Kommunikation"
Die Anwältin von zwei beteiligten Medienvertretern, Nicola Bier von Reporter ohne Grenzen, kritisierte die Entscheidung. "Journalistische Arbeit braucht vertrauliche Kommunikation", sagte Bier. "Die Pressefreiheit und in diesem Fall das Fernmeldegeheimnis hätten daher bei den strafrechtlichen Ermittlungen schon vom Amtsgericht unbedingt besonders berücksichtigt werden müssen."
Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte, die die beiden Beschwerdeführer unterstützt hatten, teilten mit, man halte die Telefonüberwachung trotz des Gerichtsbeschlusses für verfassungswidrig: "Das Interesse an der Verfolgung der Tatvorwürfe gegen die Mitglieder der Letzten Generation muss bei der Überwachung des Pressetelefons hinter einem so schwerwiegenden Eingriff in die zentralen Grundrechte der Pressefreiheit und des Fernmeldegeheimnisses zurückstehen."
Eine gezielte staatliche Überwachung von Journalisten gefährde die Pressefreiheit und damit die Demokratie, betonte der Verfahrenskoordinator bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Benjamin Lück. Die Organisationen würden nun weitere rechtliche Schritte prüfen, hieß es. In diesem Fall wäre als weiteres Rechtsmittel nur eine Verfassungsbeschwerde möglich.
Beschwerde bereits am Amtsgericht erfolglos
Mit ihrer Beschwerde waren die beiden Journalisten schon beim Münchner Amtsgericht nicht erfolgreich gewesen. Das Gericht hatte Ende November 2023 seine eigene Zustimmung zum Abhören für rechtmäßig erklärt. Unter anderem die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Aktionen der Klimaaktivisten rechtfertige diesen Eingriff in die Pressefreiheit. Die Abhöraktion sei ein "intensiver, allerdings kurzer Eingriff" gewesen.
Das bayerische Landeskriminalamt hatte auf Geheiß der Generalstaatsanwaltschaft München im Herbst 2022 mehrere Telefonanschlüsse, darunter auch ein Pressekontakt der Gruppe, abgehört. Ende April 2023 wurde sie nach Angaben der Ermittler wieder beendet. Die Maßnahme hatte zu heftiger Kritik geführt – auch weil das Amtsgericht die Pressefreiheit in der ursprünglichen Anordnung zur Telefonüberwachung samt Begründung nicht einmal explizit erwähnt hatte.
Die Strafverfolgungsbehörden sind beim Abhören von Telefonanschlüssen zur Abwägung verpflichtet, vor allem wenn Träger von Berufsgeheimnissen wie etwa Journalisten betroffen sind. In der Regel muss der Verdacht einer erheblichen Straftat vorliegen.
Letzte Generation: Generalstaatsanwaltschaft ermittelt
Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt seit mehr als einem Jahr gegen mehrere Mitglieder der "Letzten Generation" wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung.
Im Zuge dessen hatten Ermittler im Mai 2023 bei einer bundesweiten Razzia mehrere Wohnungen von Mitgliedern der Gruppe durchsucht. Auch daran hatte es teils heftige Kritik gegeben. Das Landgericht München I stufte die Durchsuchungsaktion später aber ebenfalls als rechtmäßig ein.
Mit Informationen von dpa und KNA
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