Es ist schon ein ganz besonderer "Tee", den Josef Engelhart vom Institut für Weinbau und Oenologie den Winzerinnen und Winzern bei einem Rundgang am Pfaffenberg zwischen Würzburg und Veitshöchheim bereitet: Engelhart demonstriert, wie sich mit Hilfe von heimischem Waldboden, etwas Urgesteinsmehl, Bio-Melasse, Hafermehl und etwas Flüssigkeit Bodenbakterien und Pilze exponentiell vermehren lassen. Die Folge: Auf synthetische Pflanzenschutzmittel könne mehr und mehr verzichtet werden.
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Impfen mit "Kompost-Tee"
Ein einziger Liter dieses konzentrierten "Kompost-Tees" entsprächen 100 Liter Kompost, erklärt Engelhart. 20 Milliliter dieses Konzentrats pro Quadratmeter würden laut dem Experten schon reichen, um den Boden nachhaltig zu impfen und somit zu stärken. Denn erst durch die "biologische Verarmung" der Böden seien die Weinreben besonders für Krankheiten anfällig.
In diesem Sommer kämpfen viele Winzerinnen und Winzer mit Mehltau. Bei einem starken Befall mit Mehltau platzen die Trauben auf und werden ungenießbar. Abhilfe schaffen sollen die Mikroorganismen, die Engelhart im Frühjahr und im Herbst auf seine Böden sprüht. Über die Wurzel würden die Pflanzen gestärkt und entwickelten eine Resistenz gegen Krankheiten. Grundlage sei ein vielfältigerer Boden, in dem mehr natürliche Mikroorganismen lebten, so der Oenologe: "Diese Probiotika ernähren sich von einer dünnen Schicht Kompost oder einer anderen organischen Masse und helfen, die Bodenstruktur nachhaltig zu verbessern."
Probiotischer Wein "schmeckt besser"
So verbessere sich auch die Qualität und der Geschmack des Weins: Gesündere Reben lassen qualitativ bessere Trauben wachsen. Auf einer 1.000 Quadratmeter großen Versuchsfläche mit probiotischem Weinbau sieht Engelhart schon große Unterschiede: Während die Erde aufgrund des Einsatzes synthetischer Pflanzenschutzmittel leicht hellgrau und fest wird, ist der probiotische Boden braun und locker. Auf den Flächen, auf denen "Kompost-Tee" zum Einsatz kam, hat sich zudem schon deutlich mehr Hummus gebildet, betont Engelhart. "Das bedeutet mehr Leben! Mehr Nährstoffe, ein besserer Wasserspeicher und auch mehr Luft im Boden. Die Pflanzen brauchen ja Luft zum Atmen." Reben, die zu wenig Luft bekommen, werden krank. "Die bekommen so eine helle gelbe Farbe, wie man jetzt überall in den Weinbergen sieht."
Blindverkostung zeigt Unterschied
Die Böden im Weinbau seien inzwischen verdichtet und biologisch verarmt, sagt der Weinbau-Experte: "Man sieht es an den Regenwürmern. Es gibt nur noch ganz wenige Regenwürmer in unseren Weinbergen." Wenn man die Zahl der Mikroorganismen durch "Kompost-Tee" und probiotischer Bewirtschaftung wieder erhöhe, sei hier schnell eine Umkehr möglich, ist Engelhart überzeugt. Die Winzerinnen und Winzer zeigten sich bei dem Vor-Ort-Termin sehr interessiert. Bei einer anschließenden Blind-Verkostung gelang es drei von vier Kandidaten, den probiotischen Wein vom konventionellen geschmacklich zu unterscheiden.
Stellungnahme der Landesanstalt
Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) stellt klar, dass es sich um eine Einzelmeinung eines Mitarbeiters handelt. Die LWG empfiehlt nicht den Verzicht auf synthetische Pflanzenschutzmittel. Es gebe keine statistisch gesicherten und wissenschaftlichen Belege über die Wirkung von Kompost-Tee und probiotischer Bewirtschaftung. Die Erkennung des probiotischen Weines sei auf die Rebsorte zurückzuführen und nicht auf die Bewirtschaftungsweise. Die LWG betont dabei, dass die Ansichten ihres Mitarbeiters nicht die Ansichten des Hauses widerspiegeln.
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