Ein Braunbär im Wald über einem bemoosten Felsen
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Der Braunbär taucht immer wieder auf im Allgäu. Über die Folgen für Mensch und Tier wurde im Landratsamt Oberallgäu in Sonthofen diskutiert.

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"Problembären": Landräte fordern Erlaubnis zum Abschuss

"Problembären": Landräte fordern Erlaubnis zum Abschuss

Im vergangenen Jahr ist ein Radfahrer im Oberallgäu einem Bären begegnet. Noch eine Ausnahme, doch die Alpenlandkreise wollen vorbereitet sein. Deshalb hat die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller die Initiative Braunbär gestartet.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Vor gut einem Jahr ist der Landrätin Indra Baier-Müller eine Sache klar geworden: So kann es nicht weitergehen. Es ist Ende Mai 2023, als ein Radfahrer im Hintersteiner Tal an einer mit Löwenzahn übersäten Wiese vorbeikommt und eine seltene Entdeckung macht: Hier, nicht weit von Bad Hindelang entfernt, wo täglich Autos und Busse fahren und wo Fahrradfahrer und Touristen die Natur erkunden, streift ein Bär durch die Gegend. Der Entdecker fotografiert das Wildtier – kurze Zeit später ist es offiziell: Ein Braunbär ist im Allgäu unterwegs, wahrscheinlich ein junges Männchen auf der Suche nach einem Weibchen.

Alpennahe Landkreise verbünden sich

"Machtlos" habe sich die Landrätin Indra Baier-Müller (Freie Wähler) in diesem Moment gefühlt. Denn obwohl sie sich in der Verantwortung sieht und ihre Bevölkerung sofort schützen wollte, konnte sie kaum etwas tun – die Handlungsspielräume als Landrätin seien dafür viel zu beschränkt. Deshalb hat sie kurz darauf die "Initiative Braunbär" ins Leben gerufen. Das Ziel: Vorbereitet sein für den Ernstfall. Und der könne jederzeit kommen. Erst vor Kurzem ist wieder ein Bär in eine Fotofalle getappt. Zwar im benachbarten Österreich, doch das Tier könnte entlang des Lechtals weiter ins Allgäu ziehen.

Nun hat die Landrätin Indra Baier-Müller zu einem Krisengespräch in Sonthofen eingeladen. Sie und ihre Kollegen aus alpennahen Landkreisen wie dem Ostallgäu und Traunstein sollten gemeinsam an einer Lösung tüfteln. Wichtiger Gast an diesem Tag war Arnold Schuler. Er ist Landtagspräsident in Südtirol und kennt sich bestens aus mit sogenannten "Problembären" in Norditalien. Und deshalb weiß er auch, wie verzwickt die Lage ist.

Politiker wollen Zustände wie in Norditalien verhindern

Denn dort gibt es wie hier zwei Grundsatzfragen. Erstens: Will man Braunbären überhaupt haben? Und wenn ja, folgt zweitens die Frage: Wie soll man mit ihnen umgehen, wenn es brenzlig wird. In Norditalien hat man die erste Frage mit Ja beantwortet. Man wollte Bären in der Gegend haben, Ende der 1990er-Jahre wurden im Zuge des Projektes "Life Ursus" zehn Bären aus Slowenien dort angesiedelt. Doch die zweite Frage war keineswegs geklärt, was sich spätestens 2023 gezeigt hat. In der norditalienischen Provinz Trentino tötete eine Bärin einen Jogger.

"Problembären" müssen getötet werden dürfen

Der Fall hat europaweit für Aufsehen gesorgt und war der Wendepunkt in einer schon lange als problematisch angesehenen Bären-Politik. Die Population sei zu stark gewachsen, 98 erwachsene Braunbären gebe es dort mittlerweile. Viel zu viele, sagt Schuler, Landtagspräsident in Südtirol. Doch in der Region sei man sich weder politisch noch juristisch oder gesellschaftlich einig darüber, wie das Problem gelöst werden sollte. Er habe deshalb über die Jahre eine klare Haltung entwickelt und stützt sich auf Zahlen: 13 Prozent der dortigen Population seien sogenannte "Problembären": Heißt, sie haben wenig Scheu, sie lassen sich immer mal wieder in Siedlungen blicken und sie töten Nutztiere. Drei Prozent der Bären seien für den Menschen schlichtweg gefährlich. "Diese Tiere sind sofort zu entnehmen, ohne Wenn und Aber", sagt Schuler.

Bild von einem grasbewachsenen Berg, ein Bär steht in der Mitte und schaut in die Kamera
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Der Dokumentarfilm "Gefährlich nah - Wenn Bären töten" ist eine Co-Produktion des BR

Landräte beklagen schlechte Gesetzeslage

Genau so wollen es Indra Baier-Müller (Freie Wähler) und ihre Kollegen tun dürfen, das haben die Gespräche unter den Lokalpolitikern in Sonthofen gezeigt. "Niemand will die Population ausrotten", sagt die Landrätin für das Oberallgäu. "Doch es geht um den Schutz von Menschen". Deshalb müsse die Kommune bei auffälligen Bären mehr Möglichkeiten an die Hand bekommen. "Wir müssen in der Lage sein, vor Ort zügige Entscheidungen treffen zu können", sagt der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch (CSU).

Bären sind streng geschützt

Braunbären zählen in Bayern, Deutschland und der EU zu den besonders und streng geschützten Tieren. Geregelt ist das unter anderem im Bundesnaturschutzgesetz. Es gelten die "Zugriffs- und Stör- sowie die Besitz- und Vermarktungsverbote" (externer Link). Ausnahmen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, der Bär unterliegt nicht dem Jagdrecht. Über die Ausnahmen der artenschutzrechtlichen Verbote entscheidet die Umweltverwaltung. Außerdem hat Bayern nach der Tötung von "Problembär Bruno" 2007 einen Managementplan für Braunbären in Bayern erarbeitet. Beteiligt waren dabei unter anderem der Bayerische Bauernverband und verschiedene Naturschutzverbände. Hier wurden Regelungen getroffen, falls ein Bär Nutztiere reißt, in Siedlungen unterwegs ist oder gar Menschen angreift. Hier ist bei sehr gefährlichen Bären auch eine Entnahme, also eine Tötung des Tiers, vorgesehen. Allerdings steht vor einer Vergrämung oder Tötung eines Bären immer erst eine Prüfung des Falls.

Lokalpolitik sind die Hände gebunden

Ihr Problem mit der derzeitigen Lage beschreiben die Lokalpolitiker wie folgt: Was sollen sie tun, wenn wieder ein Bär auftaucht? Im Moment seien ihnen mehr oder weniger die Hände gebunden. Erst mal müsse einmal bewiesen werden, dass es sich um einen Bären handelt und dass dieser gefährlich ist. Das alleine kann mehrere Tage dauern. Ein Bär sei dann längst weg, man könne gar nichts mehr tun, selbst wenn man wollte, so der Tenor. Und dann das Hauptproblem: Eine Entnahme sei juristisch so labil, dass sie keiner durchführen will. Denn die Erfahrungen hätten gezeigt: Einst beschlossene Entnahmen können juristisch wieder angefochten werden. Jäger und Lokalpolitiker empfinden die Gesetzeslage als diffus und fürchten, dass sie im Ernstfall sogar rückwirkend belangt werden können. Geregelte Verfahren, die sich schnell umsetzen lassen – so lautet die zentrale Forderung der Landräte. Die Landes- und Bundespolitik müsse nun zügig tätig werden und – ähnlich wie beim Wolf – mehr Kompetenzen in die kommunale Hand geben, so die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller. Denn ein Bär sei mindestens genauso gefährlich.

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