Die IG Metall protestiert gegen den geplanten Stellenabbau bei ZF
Bildrechte: BR Oliver Tubenauer
Videobeitrag

Protestkundgebung vor dem ZF-Werk in Nürnberg

Videobeitrag
>

Proteste gegen Stellenabbau bei Autozulieferer ZF

Proteste gegen Stellenabbau bei Autozulieferer ZF

Bundesweit sind am Dienstag Beschäftigte des Auto- und Industriezulieferers ZF auf die Straße gegangen. Denn die Unternehmensleitung will bis zum Jahr 2028 bundesweit bis zu 14.000 Stellen streichen. Auch in Bayern gab es mehrere Kundgebungen.

Der Auto- und Industriezulieferer ZF steckt in der Krise und will deswegen bundesweit zwischen 11.000 und 14.000 Arbeitsplätze streichen. Die IG Metall ist empört, spricht von Versagen der Unternehmensführung und hat heute bundesweit zu Protestkundgebungen aufgerufen. Auch in Bayern, wo mehrere große ZF-Standorte liegen, haben sich viele Beschäftigte daran beteiligt.

Bayerns IG-Metall-Chef Ott kritisiert Unternehmensführung

Horst Ott, Bezirksleiter der IG Metall in Bayern, ist zur Kundgebung nach Nürnberg gekommen. Im Werk der ZF-Gusstechnologie an der Nopitschstraße sind aktuell rund 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt – doch das wird nicht so bleiben. Für 150 von ihnen geht die Zeit bei ZF zu Ende, denn ihre befristeten Arbeitsverträge laufen Ende des Jahres aus und werden nicht verlängert.

Für Horst Ott sind die Stellenabbaupläne ein Unding: Ohne Konzept und ohne Plan werde nun bei ZF ein Personalabbau betrieben – dabei habe sich das Management in der Vergangenheit einfach "verzockt". Es seien bei niedrigen Zinsen Schulden für Zukäufe gemacht worden. Nun habe ZF das Problem mit gestiegenen Zinsen, erklärt Ott. Zudem sei die Unternehmensleitung von Entwicklungen überrascht worden, die eigentlich "jeder auf dem Schirm hätte haben" müssen: der E-Mobilität und den damit verbundenen Transformationsprozessen.

ZF ist hoch verschuldet

Dabei erwirtschaftete ZF im vergangenen Jahr einen Umsatz von 47 Milliarden Euro und gilt damit nach Bosch als zweitgrößter deutscher Autozulieferer. Dennoch ist das Unternehmen hoch verschuldet: Auf knapp zehn Milliarden Euro bezifferte Finanzvorstand Michael Frick die Verbindlichkeiten des Unternehmens. Wegen der gestiegenen Zinsen tue sich der Konzern schwer mit dem Abbezahlen der Schulden.

Den geplanten Stellenabbau verteidigt die Unternehmensführung. ZF-Vorstandschef Holger Klein hatte ihn Anfang August unter anderem mit einem rückläufigen Automarkt begründet: "In Deutschland liegt die Produktion des Pkw-Marktes um sechs Prozent unter der des Vorjahres und 16 Prozent unter dem Niveau von 2019." Dies habe auch bei ZF zu sinkender Nachfrage geführt. Hinzu komme der Wandel von der Verbrenner-Technologie hin zur Elektromobilität. Für die Herstellung von Elektromotoren brauche man deutlich weniger Personal als beispielsweise für den Bau eines klassischen Getriebes, so Klein.

Informationspolitik in der Kritik

Roland Wehrer, der bei der IG Metall Nürnberg für ZF zuständig ist, kritisiert aber auch die Informationspolitik des Vorstands. Bisher wisse man nicht einmal, an welchen Standorten, wie viel Personal abgebaut werden müsse.

So ist es für Wehrer auch nicht beruhigend, dass ZF den Stellenabbau weitgehend durch Frühverrentung und natürliche Fluktuation stemmen will. Denn es sei beunruhigend, dass 14.000 Industriearbeitsplätze abgebaut werden sollen. Ähnlich scheint Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) zu denken. Auch König nahm an der Kundgebung in der Nopitschstraße teil und sagte: "Nürnberg war immer eine Industriestadt und soll auch eine bleiben."

ZF wichtiger Faktor für Bayern

Doch noch viel wichtiger als in Nürnberg ist das Unternehmen ZF für Schweinfurt. Allein hier sind rund 9.000 Menschen bei ZF beschäftigt. Deshalb hat es in Schweinfurt gleich zwei Kundgebungen gegeben: am ZF-Entwicklungszentrum in der Röntgenstraße und am ZF-Werk-Nord in der Hans-Sachs-Straße. Thomas Höhn, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, fordert, den "planlosen und teuren Stellenabbau zu stoppen und ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland abzugeben".

Zudem will die Gewerkschaft eine Beschäftigungssicherung bis 2030 und die Vergabe von Produktionen an heimische Standorte. Denn nach Angaben der IG Metall plant ZF, viele neue Produkte für die E-Mobilität überwiegend im kostengünstigeren Ausland zu fertigen. Im europäischen Ausland und in Asien wolle der ZF-Vorstand die Beschäftigtenzahlen sogar erheblich erhöhen, heißt es.

Proteste auch in Niederbayern und der Oberpfalz

Aktionen gegen den geplanten Stellenabbau gab es auch in Niederbayern und der Oberpfalz. Genau genommen, wurde die Protestwelle sogar in der Oberpfalz gestartet. Denn bereits in der Nacht zum Dienstag hatte es in Auerbach, im oberpfälzischen Landkreis Amberg-Sulzbach, eine "0-Uhr-Aktion" gegeben. Rund 80 Mitarbeiter der Nachtschicht läuteten um Mitternacht zum AC/DC Song "Hells Bells" den Aktionstag ein.

Dazu gab es Lichtprojektionen auf dem Betriebsgebäude – unter anderem mit dem Schriftzug "Zukunft oder Widerstand", dem Motto, das die IG Metall zum Arbeitskampf bei ZF ausgegeben hat. Zudem wurden auch in Passau und im nur wenige Kilometer entfernten Thyrnau Betriebsversammlungen und Kundgebungen veranstaltet. Allein an den drei Passauer Standorten sind insgesamt etwa 5.500 Mitarbeitende beschäftigt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!