Am nördlichen Donauufer in Ingolstadt: Naturschützerin Reglind Seyberth geht auf dem alten Treidelpfad in Richtung Staustufe. Neben ihr fällt das Ufer steil ab. Große Steine stützen die Böschung. Das ändert sich erst kurz vor der Staustufe. Dort läuft das Ufer dann flach in die Donau. Schon vor Jahren wurde dort abgebaggert, das Ufer abgeflacht und Kies frisch aufgestreut. Das Ziel: eine dynamische Flusslandschaft schaffen.
Dem kleinen renaturierten Ufergebiet an der Staustufe Ingolstadt sollen viele weitere folgen. So sieht es das Renaturierungskonzept des Bund Naturschutz Ingolstadt vor. Reglind Seyberth hat es mitentwickelt und wird es am Wochenende auf dem internationalen Donaukongress in Ingolstadt vorstellen.
Nur ein kleiner Bruchteil der Donau fließt frei
Thema der Tagung ist die "Donau der Zukunft" und damit die Frage, wie sie künftig wieder zunehmend zum Lebensraum für Natur und Mensch werden kann. Aktuell fließt der zweitgrößte Fluss Europas nur selten frei: nur auf einem winzigen Bruchteil der über 2.800 Kilometer zwischen Schwarzwald und dem Schwarzen Meer. Laut Bund Naturschutz sind es weniger als hundert Kilometer. Dabei wäre das wichtig für die Tier- und Pflanzenvielfalt und letztendlich auch für den Menschen, betont Reglind Seyberth und verweist darauf, dass bis zu 68 Prozent der Arten einer Region an Gewässern, Flüssen und Seen leben: "Wir müssen den Arten diese Räume offenhalten, damit sie überleben, denn wir leben in einer Zeit des Artensterbens."
Auf dem 32. internationalen Donaukongresses in Ingolstadt präsentiert Seyberth deshalb das Donaukonzept für ihre Stadt. Zu hören sind außerdem Vorträge von Landschaftsarchitekten, Geografen und weiteren Experten des kommunalen Klima- und Naturschutzes. Anhören kann sich die Referate jeder, der am Samstag in die Ingolstädter Volkshochschule geht. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Herausforderung in Ingolstadt: Zwei Naturschutzgebiete verbinden
Die große Herausforderung bei der Renaturierung des Flusses besteht darin, den Lebensraum Donau über möglichst lange Strecken offenzuhalten und vorhandene Barrieren zu beseitigen. Dazu zählen neben den zahllosen Staustufen entlang der Donau vor allem die meist stark verbauten Ufer in den Städten. Hier setzt das Konzept des Bund Naturschutz an. Quer durch das gesamte Ingolstädter Stadtgebiet soll sich die Donau auf renaturierten Flächen ausbreiten können - mal am Nord-, mal am Südufer. Aber auch für die Menschen sind direkte Fluss-Zugänge vorgesehen.
Freistaat und Kommune unterstützen Bund Naturschutz
Weil die Stadt die gleichen Ziele verfolgt, unterstützt sie das Konzept, versichert Thomas Schneider vom Referat Klima und Donau. Lange, so Schneider, habe sich die Kommune darauf beschränkt, die noch naturnahen Bereiche im Umland zu schützen: die Auen östlich und westlich der Innenstadt. Also den Nationalpark Donau-Auwald zwischen Neuburg und Ingolstadt auf der einen Seite und das Naturschutzgebiet Alte Donau mit Brenne bei Großmehring. "Wenn man sich das auf der Karte ansieht, sieht man aber: Man muss irgendwann die Verbindung dazwischen herstellen. Und das ist natürlich eine Riesenherausforderung", sagt Ingolstadts Donauexperte Schneider. Ziel sei es, Naherholungsansprüche, also menschliche Ansprüche, und die Ansprüche von Tieren und Pflanzen zusammenzubringen.
Wie viel Zeit und Geld erforderlich sein werden, damit dieses Donau-Projekt Wirklichkeit wird, ist, noch offen. Schneider rechnet mit fünf bis zehn Jahren, ist aber zuversichtlich, denn die Zeichen stehen günstig: Der Freistaat als Eigentümer der Uferstreifen unterstützt das Vorhaben ebenfalls. Er trägt die Kosten und bringt Expertise durch das Wasserwirtschaftsamt ein.
Keine konkreten Vorbilder für Ingolstadt, aber Blicke nach München und Wien
Konkrete Vorbilder für ihr innerstädtisches Donauprojekt haben die Ingolstädter nicht. Zu unterschiedlich seien die Anforderungen in jeder Donaustadt, meint Schneider. Der Experte schaut aber gerne nach München, wo die Landeshauptstadt ihrem Fluss, der Isar, wieder viel Platz eingeräumt habe. Ein gutes Beispiel jenseits der Landesgrenzen sieht Schneider in Wien. Dort reicht der Nationalpark Donau bis in das Stadtgebiet hinein.
Wer sich in Ingolstadt ein Bild machen möchte, kann das am Sonntag tun. Eine Exkursion zeigt vor Ort die Möglichkeiten der Donaurenaturierung. Treffpunkt ist direkt am Fluss, 10 Uhr am Brückenkopf bei der Berufsschule am Südufer.
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