Es war der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Robin Herbig ins Grübeln brachte. Er habe ihm einmal mehr gezeigt, "wie wichtig Verteidigung sein kann, wie gut es auch ist, dass wir die Bundeswehr und unsere Partner haben". Der heute 25-Jährige fühlte, dass er etwas beitragen wollte.
Aus dieser Motivation heraus wuchs bei ihm der Wunsch, Reservist der Bundeswehr zu werden. In der Freizeit also gelegentlich in die Uniform zu schlüpfen, Ausbildungen zu besuchen, Übungen. Ähnlich erging es dem gleich alten Alexander Eckstein: Vollzeit zur Bundeswehr, das habe nicht zu seiner Lebensplanung gepasst, schildert er. "Aber zur Reserve zu gehen, wo man seinen Beitrag leisten kann, ohne dass man sein ganzes Leben umplanen muss, da habe ich gedacht, das probiere ich, weil Verteidigung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und selbst ein kleiner Beitrag zählt."
Reservist werden, ohne gedient zu haben?
Alexander Eckstein und Robin Herbig studieren in München. Beide gehören mit ihren 25 Jahren zu einer Generation, die keine Wehrpflicht mehr kennt. Gedient haben sie deshalb nicht. Für Menschen wie sie hatte die Bundeswehr eigens eine Ausbildung ins Leben gerufen. Das Ziel: Motivierte Leute in die Reserve holen. In den sogenannten Heimatschutz, der im Ernstfall unter anderem wichtige Infrastruktur bewachen soll.
Natürlich könne jemand, der keine aktive Vordienstzeit bei der Bundeswehr hat und sich lediglich ein paar Wochen im Jahr freinehmen kann, kein "Elitesoldat" werden, schränkt Fabian Forster ein. Forster ist der Landesvorsitzende des Reservistenverbandes in Bayern, also der Interessensvertretung der Reservisten der Bundeswehr. Forster sagt aber auch: Für das, was im Heimatschutz gefordert sei, seien Freiwillige nach der entsprechenden Ausbildung mehr als geeignet. Forster lobt deren Motivation. Sie seien mitunter die "Leistungsträger im Heimatschutz".
Reservist werden: Verfahren dauert
Gut möglich, dass auch in den beiden Münchner Studenten Robin Herbig und Alexander Eckstein künftige Leistungsträger stecken. Doch sie stellen fest: Der Weg in die Reserve ist steinig, und noch dazu unübersichtlich. Die beiden sind nicht die einzigen, die das so beschreiben. Monatelange Wartezeiten waren zuletzt keine Seltenheit, bestätigt Fabian Forster vom Reservistenverband. Er spricht von sechs bis zwölf Monaten, die es dauert, bis ein Interessent mit der Ausbildung beginnen könne. Forster mahnt Tempo an.
Verband: Wir können es uns nicht leisten, Leute zu verprellen
Im Moment passiert das Gegenteil. Die Ausbildung für Ungediente liegt auf Eis. Fabian Forster spricht von einer Art Schwebezustand, der mit Umstrukturierungen zu erklären sei. Doch es ist klar: Die Heimatschutzverbände der Bundeswehr brauchen Personal.
Motivierte junge Menschen wie Robin Herbig und Alexander Eckstein zu verprellen, das sei nicht drin, sagt Fabian Forster: "Es ist wirklich zu wünschen, dass dieses Erfolgsmodell fortgesetzt werden kann. Wir können es uns vor dem sicherheitspolitischen Hintergrund nicht leisten, auf Leute zu verzichten, die sich einbringen wollen. Die Bundeswehr hat einen immensen Personalbedarf und wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, um Leute in unsere Strukturen bringen zu können."
Die beiden Münchner Alexander Eckstein und Robin Herbig jedenfalls haben sich bislang nicht von bürokratischen Hürden abschrecken lassen. Sie hoffen, dass die Ausbildung für Ungediente wieder anläuft und ihnen der Weg in die Reserve doch noch offensteht.
Mit der Wehrpflicht und ihrer einstigen Bedeutung für die Bundeswehr befasst sich eine aktuelle Staffel des BR-Podcasts "Die Entscheidung" in drei Folgen. Zu Wort kommt auch der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Er blickt im Exklusivinterview zurück. "Die Entscheidung" finden Sie zum Beispiel in der ARD Audiothek.
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