Geerntete Kartoffeln in einem Sack
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Geerntete Kartoffeln in einem Sack (Symbolbild)

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"Bunt und vielfältig": Warum die Kirche Kartoffeln verlost

Kirche und Kartoffeln: Im Bistum Augsburg können sich Interessierte seit Anfang Februar an der sogenannten Kartoffelaktion beteiligen. Die Kirche verlost Saatkartoffeln. Warum tut sie das und wer nimmt an der Aktion teil?

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Schon zum fünften Mal gibt es die Kartoffelaktion in mehreren Bistümern und Landeskirchen in Deutschland. In Bayern ist das Bistum Augsburg mit dabei. Es geht "ums Bewahren der Schöpfung in ihrer Artenvielfalt", sagt der Umweltbeauftragte des Bistums, Karl-Georg Michel.

"Die Schöpfung ist bunt – bis hin zur Kartoffel"

Papst Franziskus äußere sich immer wieder zum Klimawandel, so Michel. Aber eine andere Sache sei für ihn mindestens ebenso alarmierend, nämlich der Schwund der Artenvielfalt: "Und da wollen wir die Leute dafür sensibilisieren, wie bunt und wie vielfältig die Schöpfung ist – bis hin zu so einem kleinen Teil wie einer Kartoffel."

Verlost werden Kartoffelpflanzen und Sets mit Saatkartoffeln, alles alte Sorten, die man nicht im normalen Supermarkt findet: Bamberger Hörnchen, Cheyenne, King Edward, blauer Schwede, blaue Anneliese oder rosa Tannenzapfen. Mit ein bisschen Glück erhalten die Teilnehmenden demnächst ein Paket per Post mit ihren Pflanzkartoffeln.

Ein ganzes Jahr Kartoffeln im Kindergarten

Im Kindergarten St. Wolfgang in Mickhausen im Landkreis Augsburg haben sie im vergangenen Jahr begeistert mitgemacht und ein ganzes Jahr lang Kartoffeln gezogen – in zehn Pflanzsäcken, aufgereiht am Gartenzaun, erzählt Kindergärtnerin Jutta Schnell. "Interessant war auch, jeden Tag einen neuen Käfer zu suchen und zu finden: Wer die meisten Käfer gefunden hat, war Sieger. Aber das Highlight war natürlich die Ernte."

Insgesamt haben die Kinder rund zehn Kilogramm Kartoffeln übers Jahr hinweg aus den Säcken geklaubt – rote und blaue, länglich-knorrige oder runde. "Die Cheyenne war unser Sieger, die hatte fast anderthalb Kilo", erzählt Jutta Schnell. Mit der Ernte wurde dann zum Beispiel Kartoffelbrot gebacken. Das Highlight wären aber die Pommes gewesen, so die Kindergärtnerin: "Die waren ja teilweise in roter Farbe oder bläulich. Das kam sehr gut an."

"Sehen, wie es wächst, ist so sinnvoll und elementar"

Nicole Binger, Kreisbäuerin im Kreisverband Donau-Ries, glaubt, dass die Kartoffelaktion des Bistums die Leute wieder mehr auf Tuchfühlung bringt mit Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion. Vielleicht kann das auch das Verständnis für die Landwirte steigern, hofft die Kreisbäuerin. Auf ihrem Hof empfängt sie regelmäßig Schulklassen und andere Gruppen, um für ihren Beruf zu werben.

"Sehen, wie es wächst, das ist für mich so sinnvoll und elementar, damit unsere Arbeit verstanden wird und damit man unser Handeln auch versteht in der Landwirtschaft", sagt Nicole Binger. "Ich hab schon für mich den Anspruch, alle mitzunehmen bei unserer Arbeit. Und über einen Zeitraum von mehreren Monaten muss man sich eben um die Kartoffelpflanze kümmern. Und so erleben Kinder Ganzheitlichkeit mit allen Sinnen."

Mit alten Sorten, wie sie bei der Kartoffelaktion gepflanzt werden, könnte man als Landwirt heute keinen Gewinn mehr erzielen. Umso wichtiger findet es die Kreisbäuerin, dass man die Sorten erhält. "In diesen kleinen Sets mit fünf oder zehn Kartoffeln ist das auch gut zu machen und nachzuvollziehen, was es für verschiedene Kartoffeln gibt. Wenn man das im großen Stil anbaut, ist das nicht mehr möglich: Man will ja auch einen Ertrag haben."

"Reichtum und Schönheit der Schöpfung für Christen zentral"

Im Team von Jutta Schnell in Mickhausen sind sie schon gespannt, ob für den Kindergarten St. Wolfgang bei der Verlosung heuer wieder ein Set mit Pflanzkartoffeln abfällt. Für die Kinder war die Aktion ein tolles Erlebnis. "Teilweise kamen Kinder schon mit Erfahrungen, die zu Hause Kartoffeln haben oder wo die Oma Kartoffeln im Garten hat. Aber die es so nicht kannten, haben die Erfahrung jetzt halt im Kindergarten machen dürfen, was sehr schön war", sagt Schnell.

Aber die Kartoffelaktion will mehr sein als eine Lektion in Naturkunde, so hofft Karl-Georg Michel. Schöpfungsspiritualität gehört zentral zum christlichen Glauben. Das soll die Kartoffelaktion bewusst machen, sagt der Umweltbeauftragte des Bistums Augsburg. "Ich glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Das betet man einfach so vor sich hin, aber wenn das wirklich stimmt, dann hat er ja alles geschaffen."

Der Reichtum und die Schönheit der Schöpfung sei für Christen zentral, so Michel. "Und das war auch damals, als die Kartoffelaktion entstanden ist, so eine Initialzündung."

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